Fürstenzell. Musik ist in erster Linie eine Wohltat für die Ohren. Oftmals sind wohlklingende Arragements aber mehr als nur Lieder. Manche – vor allem die guten – Künstler schaffen es mit ihren Tönen, Gefühle zu transportieren. Oder auch mit ihrer Bühnenshow die Blicke auf sich zu ziehen. All das ist Herbert Pixner, seiner Schwester Heidi, Manuel Randi und Werner Unterlercher („Herbert Pixner Projekt“) beim Konzert im Klostergarten in Fürstenzell auf eindrucksvolle Art und Weise gelungen.
„Musik ist mir heilig“, betont Herbert Pixner im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n, das im Vorfeld des Konzertes stattgefunden hat. Der 46-Jährige will damit ausdrücken, dass er auf der Bühne steht, um seine Instrumente sprechen zu lassen. Und nicht, um als Person im Mittelpunkt zu stehen. „Wir machen etwas Intimes“, versucht er andere Worte zu finden für das, wofür er und das Herbert Pixner Projekt stehen. Wer das in Stubenmusik-Besetzung auftretende Quartett hört, der weiß, wovon der Musiker spricht…
Herbert, wenn Du wählen könntest: Wo würdest Du gerade lieber sitzen: Hier im Backstage-Bereich vor dem Konzert in Fürstenzell oder irgendwo auf einer Alm in den Alpen?
Schwierige Frage. (überlegt) Nein, es ist schon so, dass ich mich auf die Konzerte freue. Es liegen ja zwei Jahre hinter uns, in denen wir nicht so oft auftreten konnten. Das war keine einfache Zeit. Umso schöner ist es nun, wieder vor Leuten spielen zu dürfen – zumal wir ein neues Programm mit vielen neuen Stücken haben.
Zeit auf der Alm „wird irgendwann wieder kommen“
Wenn es um Herbert Pixner geht, ist ja die Senner-Geschichte inzwischen bestens bekannt. In einem Hog’n-Interview aus dem Jahr 2013 hast Du gemeint, dass Du eine Alm-Pause einlegen willst, solange Deine Tochter Anna noch klein ist – „vielleicht aber schon 2014″…
2010 war bis dato mein letzter Alm-Sommer. 2020 – in der Corona-Hochphase – habe ich kurz überlegt, ob ich nicht als Senner arbeite. Das Problem damals: Die politischen Vertreter haben uns immer auf drei Wochen hingehalten. So konnte man einfach nicht planen. Die ganze Branche hätte sich gewünscht, dass es mal klare Aussagen gibt. Auch wenn man zu Beginn der Pandemie noch nicht verlässlich sagen konnte, ob das Virus nun gefährlich ist oder nicht. Aber die Politik hätte mal verlautbaren sollen: Vergesst dieses Jahr – und dann greifen wir wieder an! Aber so war es leider nicht. Und deshalb sind wir immer daheim gesessen und haben gewartet. Zermürbendes Warten. Der ein oder andere Kollege ist depressiv geworden…
Ohne Corona wäre aber der Senner-Gedanke gar nicht mehr aufgekommen?
Nicht wirklich. Das liegt vor allem daran, dass es 2009 bei uns erst so richtig losgegangen ist. Zuvor haben wir nur in Theatern und kleinen Wirthaussälen gespielt. 2010 haben wir dann unsere erste Tour gemacht. Eine folgte dann der anderen. Wir haben uns ein Publikum erspielt. Und dann ist es schwierig, einfach mal weg zu sein. Das soll aber nicht heißen, dass ich nie mehr auf einer Alm arbeiten werde. Irgendwann wird diese Zeit wieder kommen.
Sommernachtstraum im Klostergarten: Impressionen des Konzertes in Fürstenzell
Themawechsel: Wie viele Lieder hast Du in Deinem Repertoire?
Puh, keine Ahnung. Ich habe sie noch nie gezählt.
Erster Hintergrund der Frage: Wie entstehen Deine Stücke?
Ganz unterschiedlich. Es kann schon mal sein, dass man bei einem Soundcheck einfach mal so dahinspielt. Gefällt mir ein spontanes Riff besonders gut, nehme ich es auf dem Handy auf. Nach und nach entsteht so eine große Sammlung. Wenn’s dann zum Schreiben wird, ziehe ich mich zwei bis drei Wochen komplett zurück. Da brauche ich meine Ruhe.
Neue Lieder? „Irgendwie habe ich ja schon alles ausgereizt“
Was ist schwieriger: Die Idee für ein Lied zu finden – oder das Ganze auszuführen?
Es ist schon mal gut, eine Idee zu haben. Aber beim Schreiben kann es durchaus auch vorkommen, dass ein erster Gedanke komplett überarbeitet wird. Es kommt ganz selten vor, dass ein Riff auch am Ende noch so dasteht wie bei seiner Entstehung.
Zweiter Hintergrund der Frage: Besteht die Gefahr, dass Du Dich bei Eigenkompositionen wiederholst?
Nein – Gott sei Dank. Ich klopfe auf Holz. Das ist mir bisher noch nie passiert. Aber sag niemals nie. Ich schreibe ja die Leider am Instrument, an der diatonischen Harmonika. Und da hat man nur eine sehr überschaubare Anzahl an Tonarten zur Verfügung. Natürlich ertappt man sich immer wieder mal dabei, dass man in alte Muster verfällt. Irgendwie habe ich ja schon fast alles ausgereizt…
Der typische Pixner-Sound: Ein Lied des neuen Albums „Schian“
Auf der anderen Seite muss aber immer wieder was Neues her, oder?
Wenn du in der Musikindustrie versklavt bist: Ja. Fällt dir da dann nicht mehr selber was ein, schreibt dir jemand was – was du auch zu spielen hast. Bei uns ist das Gott sei Dank nicht so. Wir sind unabhängig. Auch ältere Lieder kommen immer noch an. Das „Morgenrot“ beispielsweise hatten wir von 2012 bis Anfang dieses Jahres im Programm – und es ist immer gut angekommen.
Ist das „Morgenrot“ von 2012 dasselbe Lied wie das Morgenrot von 2021?
Gewisse Lieder wie der „Vierteljahundert Dreiviertler“ sind immer gleich. Diese Stücke haben eine gewisse Struktur und sind ausarrangiert. 70 Prozent der Lieder sind hingegen immer wieder anders. Da gibt es gewisse Riffs und Themen – es ist aber auch viel Interpretation dabei.
„Sind keine freien Räume da, automatisiert man“
Merkt das Publikum das denn?
Auf alle Fälle. Ich werde auch regelmäßig darauf angesprochen. Es gibt – und das wundert mich immer wieder – Fans, die sieben, acht Konzerte von uns bei einer Tour besuchen. Und denen fällt dann jeder kleine Änderung auf. Diese sind aber sehr wichtig aus meiner Sicht.
Warum?
Sind diese freien Räume nicht da, läuft man Gefahr, dass ein Lied automatisiert wird. Geschieht das, geht die Leidenschaft verloren. Dann ist das Kribbeln weg. Interpretiert man aber immer wieder, ist es stets aufs Neue spannend, was dann wirklich dabei raus kommt.
Bleiben wir auf der Bühne, beschäftigen wir uns aber nicht mit der Musik, sondern mit der Kleidung. Eigentlich kennt man Herbert Pixner mit Tracht…
(unterbricht) Naaaa (lacht). Eine Lederhose hatte ich das letzte Mal auf der Bühne an, als ich noch mit der Südtiroler Tanzlmusig unterwegs war – also bis 2009. Danach habe ich für mich entschlossen, ich lasse alles Bisherige hinter mir. Dazu zählt auch die Kleidung. Ich wollte mich nur noch auf das Herbert Pixner Projekt konzentrieren. Und in diesem Rahmen wollte ich mir keine Grenzen setzen. Ich ziehe das an, wonach ich gerade Lust habe.
Aber Du spielst ja Volksmusik. Und zu Volksmusik gehört Tracht.
Irgendwie schon, ja. Deshalb war zu Tanzlmusi-Zeiten die Lederhose auch eine Art Uniform. Sie gehörte dazu. Beim Projekt ist das anders. Wir spielen ja auch Tango, Blues oder Rock’n’Roll. Es ist zudem nicht wichtig, was man an hat. Die Musik steht im Vordergrund, nicht die Kleidung.
„Wie man sieht, spielen wir noch…“
Kommen wir zurück auf das Hog’n-Interview von 2013. Damals hast Du gesagt, dass ihr „einfach nur Spaß am Musizieren“ habt. Ist das nach wie vor so?
Wir haben immer zu uns selber gesagt: Gehen wir einmal ohne Spaß auf die Bühne, hören wir sofort auf. Und wie man sieht, spielen wir noch…
Und das soll auch noch lange so sein. Vielen Dank für das Gespräch – und alles Gute für Deine bzw. Eure Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer
___________
Die nächsten Pixner-Termine in der Region: 4. August 2023 – Klosterpark Fürstenzell; 9. November 2023 – Lockschuppen Simbach/Inn; 10. November 2023 – Stadthallen Deggendorf; sowie am 9. Mai 2023 – Burghausen, mit „Alpen & Glühen“ („Gansch + Pixner“).