Wegscheid/Salzweg/Gerstetten. Bis die Alliierten selbst die kleinsten Dörfer besetzt hatten, war den Erzählungen der Großeltern-Generation zufolge der Zweite Weltkrieg stets weit weg. Genauso war die verabscheuenswürdige NS-Ideologie etwas, das gefühltermaßen eine andere Welt regierte. Ein Irrglaube. Denn auch im Bayerischen Wald gab es ausgesprochene Anhänger des Nazi-Regimes. Historiker Dr. Wolfgang Proske hat im Kugelbergverlag mit dem Buch „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer – NS-Belastete aus Niederbayern“ eine Sammlung veröffentlicht, in der Kriegsverbrecher aus der Region näher beleuchtet werden.
Nach Georg Poxleitner aus Freyung im ersten Teil, geht es nun um Hans Krenn. Mit dem gebürtigen Salzweger, der vor allem in Wegscheid und Regen wirkte, hat sich Oberstudiendirektor a.D. Gerhard Hacker beschäftigt. Der gebürtige Landauer ist auf den Kreisleiter aufmerksam geworden, als er über den früheren Wegscheider Landrat Max Imhof, dessen Familienstammbaum Hackers Frau angehört, recherchiert hat.
+++ Der Kreisleiter im nationalsozialistischen Machtsystem +++
„Im zentralistisch organisierten Führerstaat Adolf Hitlers demonstrierten in Gemeinden und Landkreisen Ortsgruppenleiter und Kreisleiter als politische Überwachungsorgane den Machtanspruch der NSDAP. Kreisleiter hatten eigene Dienststellen mit entsprechendem Personal. Eines ihrer wichtigsten Ziele war die Vergabe von Funktionen und Arbeitsstellen in Kreisbehörden an Parteigenossen, die ideologische Einflussnahme auf Vereine und andere gemeindliche Organisationen. Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht für propagandistische Zwecke missbrauchen ließen, wurden bloßgestellt. Sie setzten zudem rücksichtslos Verbote kultureller und religiöser Veranstaltungen durch.
„Für Denunziationen immer ein offenes Ohr“
Aus dem Vorwurf eines parteischädigenden Verhaltens wurden Anklagen als „heimtückische Angriffe“ (Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei.v.10.12.1934) deklariert. Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) wurde eingeschaltet. Die Androhung und Durchsetzung von Schutzhaftbefehlen und Verhaftungen bis zur KZ-Haft in Dachau waren gefürchtete Machtmittel. Geistliche wurden anonym denunziert. Für Denunziationen hatten Kreisleiter immer ein offenes Ohr. Schulleiter mit parteiunabhängiger Amtsführung und Lehrer, die Abstand zu örtlichen Propaganda-Veranstaltungen hielten, standen unter besonderer Beobachtung.
Als Kreisleiter hatte man verlässliche Aussichten auf eine karrieresichere Laufbahn in der NSDAP-Hierarchie. Lehrer und Beamte waren wohl auch deshalb häufig unter den Kreisleitern vertreten. Wegen ihrer kaum von der Partei kontrollierten Machtfülle vor Ort bezeichnete der Propagandachef der NSDAP, Dr. Joseph Goebbels, die Kreisleiter als „selbstherrliche kleine Herrgötter“. Es waren fanatische Täter, die sich auf ihre Helfer und Trittbrettfahrer verlassen konnten.
+++ Herkunft, Beruf und Karriere des Kreisleiters in der NSDAP +++
Die kleinbäuerliche Familie Krenn stammt aus der Gemeinde Salzweg bei Passau. Dort wird Hans Krenn im Juni 1895 geboren. In Folge der Verarmung nach dem Ersten Weltkrieg wird das Anwesen verkauft. Hans Krenn nahm als Soldat bei der Artillerie am Ersten Weltkrieg teil. Er wird im Juni 1918 zum Leutnant der Reserve befördert. Nach der Ausbildung zum Hilfslehrer wird er 1924 an die Volksschule in Germannsdorf bei Hauzenberg (auch Wohnort) versetzt, wo er zudem als Gemeindeschreiber bis 1935 tätig ist.
Die Verbeamtung auf Lebenszeit erfolgt zum 1.9.1929. An diesem Tag wird er auch Mitglied bei der NSDAP. Ein Jahr darauf avanciert er zum Ortsgruppenleiter, bleibt aber im Hauptamt Lehrer. Ab Juli 1933 übernimmt er als Kreisleiter im Nebenamt die politische Führung im Bezirk Wegscheid mit Dienststelle in Germannsdorf. 1937 wird er Mitglied der SA, 1938 Obersturmführer – und im gleichen Jahr Hauptlehrer.
Grenzüberfall von Wegscheid am 27.7.1934
Als Kreisleiter des Landkreises Wegscheid mit unmittelbarer Nähe zu Oberösterreich und Linz, die Adolf Hitler als Führerstadt auszeichnete, wird er „vom Stellvertreter des Führers nach Österreich beordert“. In Oberösterreich wuchs während der 30er-Jahre eine fanatisierte SA-Bewegung. Junge österreichische SA-Leute (Legionäre) provozierten schwerbewaffnet am 27.7.1934 einen Grenzüberfall von Wegscheid aus ins Mühlviertel (Oberösterreich) mit Toten und Verletzten, um sich dort mit österreichischen SA-Gruppen (aus Linz und Rohrbach) zu verbinden. Die Kreisleitungen Wegscheid und Passau schweigen sich aus.
Hans Krenn gibt die Kreisleitung 1940 an den Passauer Kreisleiter Max Moosbauer weiter. Trotz einer Krankschreibung vertritt er zwischen April und August 1940 kommissarisch den Kreisleiter Josef Glück (Regen-Grafenau). Im gleichen Jahr tritt er aus der katholischen Kirche aus. 1945 wieder ein. Die Übergabe der politischen Führung an Max Moosbauer schließt Aktivitäten als Kreisleiter im Wegscheider Land nicht aus. Im Mai 1941 wird er als Kreisleiter mit Appell verabschiedet und tritt zum 1.9.1941 in die Wehrmacht ein. Rückwirkend wird er noch zum 1.1.1941 zum Bezirksschulrat Deggendorf bestimmt und als Rektor ohne Tätigkeit mit UK-Stellung (Unabkömmlichstellung -Rückstellung) verwaltet.
Belasteter der Gruppe II
Aufgrund seiner labilen Gesundheit ist er „dienstunfähig“ und wird bis 1943 beurlaubt. Nach einer Krebsdiagnose (Tumor? 1943) verbringt er einige Zeit in mehreren Lazaretten. In Pilsen und Prag hat er den Rang eines Hauptmanns und dient als „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“ vom 1 April bis Mai 1944 in einer Artillerie-Einheit. Zum August 1944 wird Hans Krenn für mögliche zukünftige Funktionen im Schuldienst pro forma zum „geschäftsführenden“ Schulrat für eine von Nonnen geleitete Mädchenschule in Kelheim ernannt. Zum Februar 1945 beantragt er eine UK-Stellung „bis auf weiteres“ und die Entlassung aus der Wehrmacht.
Der öffentliche Kläger bei der Spruchkammer des Internierungslagers Moosburg stuft ihn als Belasteter der Gruppe II ein. Er wird zu 3,5 Jahren Internierungslager mit folgenden zwei Jahren Sühnearbeit in der Max-Hütte Sulzbach-Rosenberg verurteilt. Hans Krenn unterrichtet ab 1952 wieder als Oberlehrer an seinem Wohnort in Germannsdorf und leitet auch die Schule.
Seine Frau wird von einem Panzer überrollt
Er muss zwei schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Die erst 20-jährige Tochter stirbt mit 20 Jahren 1942 an Leukämie. Seine Frau Käthe verunglückt mit dem Fahrrad unter den Ketten eines amerikanischen Panzers tödlich, als sie ihren Mann im Internierungslager Moosburg besucht.
Mit einem Vermögenseinzug von 30 Prozent wird er im April 1955 pensioniert und hat ab April 1959 einen Pensionsanspruch. Er kann die Amtsbezeichnung Rektor a.D. führen. Die letzten Jahre seines Lebens wohnt er bei seiner jüngeren Tochter in Passau. Sein Aufstieg als Lehrer verlief parallel zur Karriere in der Partei – unabhängig von seinen kontinuierlichen und „ruhegehaltfähigen“ Beurlaubungen seit 1938 zugunsten seiner Parteiarbeit – mit kurzen Unterbrechungen. Hans Krenn stirbt am 3.6.1975. Seine Grabstelle, die ihn als Rektor a.D. ausweist, befindet sich im Passauer Innstadt-Friedhof. (1)
+++ Machtkampf zwischen Kreisleiter Hans Krenn und Landrat Max Imhof +++
Max Imhof (1883-1962) stammt aus einer Landshuter Familie, tätig als Regierungsrat am Bezirksamt Haßfurt. Zum 1.12.1933 wurde er an das Bezirksamt (Landratsamt) Wegscheid versetzt und trat wegen Urlaub seinen Dienst erst am 1.1.1934 an. Die Machtproben zwischen dem Kreisleiter Hans Krenn und dem neu bestellten Landrat sorgten für erhebliche und über Jahre andauernde Spannungen.
Max Imhof wird 1942 an Ämter in Mähren und Oberösterreich abgeordnet, d.h. strafversetzt. Die hier angeführten Beispiele sind Eidesstattlichen Erklärungen, Protokollen, (Gedächtnis-)Niederschriften, Reisetagebüchern und dem amtlichen Schriftverkehr mit der Regierung von Niederbayern in Regensburg entnommen. Die Eidesstattlichen Erklärungen hat er auf Weisung des Öffentlichen Klägers der Spruchkammer in Obernzell zwischen dem 21. April 1947 und 31. August 1948 verfasst. Der Wohnort der Familie Imhof blieb bis 1950 Wegscheid.
Max Imhof und seine „position of importance“
Max Imhof wird 1945 von den Amerikanern als „position of importance“ abgesetzt. Als Amtsträger muss sich Max Imhof vor der Spruchkammer verantworten und wird als „Mitläufer“ eingestuft. In seinem Nachlass fand sich eine Kiste mit originalen Dokumenten. Diese wurden von den Enkelinnen dem Archiv der Marktgemeinde Wegscheid übereignet.
+++ Schutzhaftbefehle und die Gestapo +++
Als Max Imhof sein Amt vor Ort antrat, fand er einen Schutzhaftbefehl vor – ausgestellt am 29.12.1933. Dieser wurde vom Kreisleiter Hans Krenn ohne seine Zustimmung und Unterschrift ausgestellt, denn zum Datum der Ausstellung war Imhof in Wegscheid nicht anwesend tätig. Der Anlass für den Schutzhaftbefehl: Ein Bürger kritisierte öffentlich die Zuteilung von Lebensmitteln und Kohlen.
Dieser hätte als „Querulant und Krakeeler… Äußerungen gebraucht die geeignet sind Massnahmen der Regierung zu untergraben und verächtlich zu machen. Immer schon hätte dieser Mann irgendwelche Anstände in Bezug auf die Verteilung der dass die reibungslose und sc Winterhilfssachen gemacht…die Gemeinde solle das Elefantenfutter selbst behalten und in anderen Gemeinden ist es keine solche Sauerei wie bei uns.“ Darüber musste Krenn am 6.3.1947 sich bei seiner Vorladung vom Öffentlichen Kläger bei der Spruchkammer des Internierungslagers Moosburg schriftlich äußern.
Krenn und Imhof: Zwischenfall am 8.12.1936
Er behauptete, dass er mit dem Landrat über den Erlass des Schutzhaftbefehls telefonierte – und zwar nicht in seiner Eigenschaft als Kreisleiter, sondern als „Gemeindeschreiber weil es in den Landgemeinden ja bekanntlich so (war), dass der Gemeindeschreiber alles Nebensächliche veranlasst“. Max Imhof konnte das Telefongespräch nicht bestätigen. Zwei Jahre später verweigerte Imhof einen Schutzhaftbefehl auf Verlangen des Kreisleiters, weil die Begründung einer juristischen Prüfung nicht standhielt.
Während einer Arbeitstagung im Passauer Kreishaus am 8.12. 1936 kam es zu einem Zwischenfall: Im Beisein der Teilnehmer beschimpfte Hans Krenn den Landrat mit einem unflätigen Kraftausdruck weil er „diesen Mann laufen ließ“. Imhof forderte eine Entschuldigung, die Krenn mit sprachlichen Umdeutungen verweigerte. Es sei nicht seine Absicht gewesen, „den Herrn Oberamtmann zu treffen oder zu beleidigen“.
„Agentin einer auswärtigen Macht“?
Eine als Außenseiterin geltende Bürgerin, die mit offener Kritik am Führerstaat nicht sparte, wurde anonym angezeigt (Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei vom 20.12.1934). Die Anzeige sollte den Verdacht auf sie als „Agentin einer auswärtigen Macht“ lenken. Es folgte eine mehrtägige Untersuchung durch die Gestapo aus Regensburg. Der Landrat erinnerte mit seinem Schreiben vom 27.05. 1942 den Regierungspräsidenten, dass „…nach Entschließung der Geheimen Staatspolizei vom 2.10.1939 Anzeigen über politische Vergehen über dem Landrat der Staatspolitischen Stelle in Regensburg zuzuleiten sind“.
+++ Einflussnahme auf Personalentscheidungen des Landrates, zwei Beispiele +++
Die Dienstpflichten des Landrates im Dritten Reich umfassten Personalentscheidungen wie u.a. die Besetzung von Schulleiterstellen bzw. das Vorschlagsrecht für Beamte und Angestellte und Arbeiter in der Kreisbehörde. Der Landrat musste für seine Personalvorschläge ein „politisches Gutachten“ vom Kreisleiter anfordern, ohne die der Kreistag keine Entscheidung traf.
Krenn wollte eine der frei werdenden Stellen mit einem „Altparteigenossen“ besetzen. Er lehnte deshalb den Vorschlag des Landrates ab. Seine (handschriftlich verfasste) Begründung: die „politische Unzuverlässigkeit“ und „parteiverneinende Haltung“ des Bewerbers und die Weigerung, für die Partei Geld zu sammeln. Der Landrat schreibt an die Regierung in Regensburg, dass ein Angestellter „in erster Linie Angestellter des Kreises ist und das Einsammeln keinenfalls die Tätigkeit seiner Dienstaufgaben behindern dürfe“.
Den Bürgermeister von Schaibing beschuldigt
Mit einem weiteren handschriftlichen Schreiben an den Landrat beschuldigt der Kreisleiter den Bürgermeister Krenner von der Gemeinde Schaibing wegen dessen Passivität bei der Durchführung eines Entschuldungsverfahrens. Dieses Verhalten nehme er zum Anlass, die Abberufung des Bürgermeisters zu beantragen und gleichzeitig „seinen Einspruch gegen die schon beabsichtigte Übertragung der freiwerdenden Stelle der Gemeindeschreibstelle an den Hauptlehrer Antesberger“.
Dazu äußert sich Max Imhof gegenüber der Spruchkammer, dass die reibungslose und schnelle Durchführung dieses Entschuldungsverfahrens in erster Linie auf die unermüdliche Arbeit des Hauptlehrers Antesbergers und Bürgermeisters Krenner zurückzuführen war. Er erinnert sich, dass der Hauptlehrer von Hans Krenn schon früher bei öffentlichen Veranstaltungen „ausgeschaltet wurde“, weil der Kreisleiter „die politische Machtstellung seiner Ortsgruppe Kropfmühl durch Einbeziehung des wirtschaftlich stärkeren Teils der Gemeinde Germannsdorf wesentlich zu erhöhen“ dachte. Der Bürgermeister und seine „rechte Hand“, der Hauptlehrer, hätten diese Pläne „stets durchkreuzt“.
+++ Verbot des Schulgebets und Abnahme von Kreuzen in Schulgebäuden +++
Am 30.Mai 1941 wurde mit Verordnung die Entfernung der Schulkreuze bekannt gegeben. In vertrauter Runde hat sich die Frau des Landrates, Karoline Imhof, dazu am 22. Juni wie folgt geäußert: „Wir haben die gleichen Zustände wie in Russland, bei uns wurde auch das Kreuz aus den Schulen gerissen… jetzt rufen sie den Herrgott, jetzt können sie den auch wieder gebrauchen, so ein Hohn“. Diese Äußerung hätte die Kreisfrauenschaftsleiterin M. Schneider-Reichel (Passau) aus „zuverlässiger Quelle“ erfahren. Sie wertete diese als „staatsabträgliche Sabotage der Stimmung der Heimat“.
Sie verlangte in einem Brief von Frau Imhof eine Erklärung, weil sie „kaum glauben könne, dass eine Frau in Ihrem Stande solche Äußerungen gebrauchen könne“. Die Angegriffene wusste sich geschickt zu verteidigen. Sie verwies in ihrer handschriftlich verfassten Antwort vom 8. Juni an die Kreisfrauenschaftsleiterin auf den Führer, der „in fast allen Reden der letzten Zeit… seine Proklamation mit der Bitte an den Herrgott schloss, uns im Kampfe zu helfen… und sie glaube nicht, dass diese Weisung vom Führer selbst ausging“. Der Vorgang blieb für die Frau des Landrates ohne Folgen.
Massive Proteste gegen das Kruzifix-Verbot
Landrat Imhof berichtet am 10.12.1941 an die Regierung in Regensburg, dass die „Maßnahme der Beseitigung der Kruzifixe aus den Schulen… die Stimmung namentlich in Kreisen der Frauenwelt in weitgehendem Maße beeinflusst“ hat und fügt hinzu, dass Hans Krenn sich gegenüber ihm geäußert habe, „dass er froh sei z.Zt. nicht im Amte zu sein“. Auch in Passau kam es am 30.Mai 1941 zu massiven Protesten, vorwiegend von Müttern, so dass die Kruzifixe in den meisten Klassenzimmern verbleiben konnten.
Oberlehrer Max Reiter aus Haag, Gde. Windpassing, wollte die Anordnung des Verbots „nicht annehmen“. Nach einer öffentlichen Veranstaltung mit dem Kreisleiter forderte dieser den Landrat als Dienstvorgesetzter auf, den Lehrer zur Verantwortung zu ziehen. Imhof erteilte nach dieser Versammlung in einem Gespräch unter vier Augen dem Oberlehrer „eine scharfe Rüge“. Er wäre eigentlich „gehalten gewesen“, gegen ihn ein Disziplinarverfahren einzuleiten, aber „der Entscheid wäre im Personalakt des Oberlehrers vorgemerkt worden. Ich habe dieses Verfahren nicht durchgeführt und ihm, wie man sagt ‚eine Nase‘ erteilt. Ganz unterschlagen konnte ich mit bestem Willen die Sache nicht.“ (zitiert aus dem Schreiben des Landrats an die Spruchkammer in Obernzell vom 15.10.1947). Max Reiter hat das Verhalten des Landrates wegen dieser Rüge vor der Spruchkammer zur Anzeige gebracht.
+++ Seelsorger und Geistlichkeit, Beispiele aus der Pfarrei Hauzenberg +++
Der Kreisleiter verlangte von Kooperator Georg Eder, den Burschenverein Hauzenberg aufzulösen und verbot eine Theateraufführung mit Mitgliedern des Vereins. Die Begründung: Seine feindliche Einstellung gegenüber der Partei und seine Predigten gegen die „Verführung und Verhetzung der Jugend“. Um eine Anklage nach dem Heimtückegesetz zu verhindern, erließ der Landrat am 21.4.1934 einen Schutzhaftbefehl, gewährte ihm jedoch eine sechsstündige Frist mit der Aufforderung, die Pfarrei freiwillig zu verlassen.
Dem Kooperator Michael Steininger wurde Schulverbot wegen einer Äußerung bei einer Grabrede angedroht, die wegen starker Proteste aus der Bevölkerung nicht durchgesetzt wurde. Der wirkliche Grund, so gibt der Geistliche an, sei die Absicht des Kreisleiters und einiger Lehrer gewesen, „ihn weg zu haben, weil er ihnen die Jugend zu viel musikalisch betreute“. Eine Anzeige folgte wegen „staatsabträglicher Äußerungen und positiver Bemerkungen“ über Juden.
16 Monate KZ – Tod in Folge von Misshandlungen
Geistliche mussten Hausdurchsuchungen hinnehmen, bei denen nach anonymen Anzeigen Texte von Predigten beschlagnahmt wurden, die von Gottesdienstbesuchern abgehört und denunziert wurden. Ein Pater wurde verwarnt, der seinen Schülern aufgegeben hatte, auch außerhalb der Schule mit „Grüß Gott“ zu grüßen,
In ihrer Dissertation über Berichte der Seelsorger des Bistums Passau dokumentiert Claudia Schober das tragische Schicksal des Kooperators aus der Pfarrei Hauzenberg; „Kreisleiter Krenn dürfte auch viel Schuld haben am Tod des Hochw. Dr. theol. Otmar Maurer. Die ehemalige Haushälterin des Geistlichen erinnerte sich an die Drohung des Kreisleiters: ….wenn ich kann, werde ich Sie um Ihre Existenz bringen“. Der Priester erlitt 16 Monate KZ, wo er an den Folgen von Misshandlungen am 12.8.1942 starb. (2)“
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Quellennachweise:
(1): Gerhard Hacker: Eindringliches Beispiel einer Verkettung von Schuldienst und Parteikarriere: Kreisleiter Hans Krenn, in: Proske Wolfgang (Hg): Täter Helfer Trittbrettfahrer, Bd. 13: NS- Belastete aus Niederbayern, Gerstetten 2022, S. 36 – 246 Kugelbergverlag 2022 .
Hans Krenn (1895-1975) Kreisleiter in Wegscheid und in Regen, in: Kleine Herrgötter Kreisleiter der Nazis in Bayern, 4. erweitere Auflage, S. 22, Kugelbergverlag 2022.
(2): Schober, Claudia: Die Berichte der Seelsorger des Bistums Passau nach Ende des Zweiten Weltkriegs (1945), Dissertation, Universität Passau 2017, S. 1051 und 1056.