Jeder hat’s wohl schon mal erlebt im Straßenverkehr. Man fährt mit dem Auto so dahin, schließt dann aufgrund unterschiedlicher Tempi irgendwann zum Vordermann auf. Und der macht, als er an eine Kreuzung oder Abzweigung kommt – genau: Nichts. Null. Nada. Also was das Blinken betrifft. Das simple Anzeigen gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern, in welche Richtung die Fahrt weitergehen soll. Er steht einfach da (Kreuzung) oder biegt einfach (Abzweigung) ab. Ohne dass das orange-gelbe Lichtlein am Heck des Wagens in regelmäßig pulsierenden Abständen an- und ausgeht.
Bei einem selbst beginnt dabei sehr wohl etwas zu pulsieren: die Halsschlagader nämlich. Aufgrund der buchstäblichen Rücksichtslosigkeit, des egozentrischen Verhaltens des vor sich befindlichen Fahrzeugführers steigt in einem der Grant hoch. Ein Fluch bahnt sich an, gelangt von der Großhirnrinde in Sekundenschnelle zur Mundhöhle, wo er sich peitschenartig und mit voller Wucht verbal entlädt, gegen das Heck des Verursachers knallt und sich in weiteren Verwünschungen fortpflanzt – ja nahezu veredelt.
Nach vorne, nie zurück!
Doch die expressive Erleichterung ist nur von kurzer Dauer. Der Ärger gewinnt erneut die Oberhand. Man möchte am liebsten hupen, gestikulieren, den Fahrer zur Räson bringen, indem man ihn – wie auch immer – zum Anhalten bringt, ja ihn geradewegs dazu zwingt, um ihm dann, während man ihn am Hemdkragen packend ordentlich durchschüttelt, zu erklären, welch großartige Erfindung namens Fahrtrichtungsanzeiger sich die Ingenieure haben einst einfallen lassen. Eine einfache wie geniale Erfindung, die per Lenkstockschalter neben dem Lenkrad zu aktivieren ist, um der eigenen Umwelt zu signalisieren: Hey, Leute, ich möchte mich mit meinem Automobil alsbald gerne nach rechts fortbewegen! Oder nach links! Und keineswegs geradeaus!
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Aber man setzt seine Fahrt am Ende doch nur zähneknirschend weiter fort. Ein diskussionsträchtiges Thema, das auch die Hog’n-Redakteure Hörhammer und Weigerstorfer beschäftigt (und nicht ganz so ernst zu nehmend im Folgenden debattiert wird):
Hörhammer: Meine Herrn, es is zum Blean! Ich frag mich immer wieder, wie es nur soweit kommen konnte. Zu diesem unlauteren Phänomen, zu diesem Abbild der Gesellschaft, in der sich offenbar nur noch egoistische und auf sich selbst bezogene Individuen tummeln. Zu diesen Menschen, die immer nur nach vorne schauen – und nie zurück! Was ja generell keine so schlechte Eigenschaft ist, nur eben nicht im Straßenverkehr! Da heißt’s mal in den Rückspiegel zu blicken, den rückwärtigen Verkehr zu beobachten und rücksichtsvoll zu handeln. Und kein Ratespiel daraus zu machen, wohin die Reise gehen soll. Oida!
Mangel an Einfühlungsvermögen – und Faulheit
Weigerstorfer: Ruhig, Brauner! Ganz ruhig. Hast du schon mal daran gedacht, dass es Menschen gibt, die derart in Gedanken versunken sind, dass sie das mit dem Blinken schlichtweg übersehen, einfach mal vergessen können? Das ist dir doch gewiss auch schon passiert, Mr. Perfect! Du bist unterwegs, denkst an die Arbeit, die Beziehung, die Familie. Irgendwelche Sorgen und Nöte treiben dich um. Und bist deswegen nicht hundertprozentig konzentriert auf das, was gerade abgeht. Du musst in der Beziehung ein bisschen gelassener werden, denke ich. Denn ich glaube, dass das Unterlassen des Blinkvorgangs in den wenigsten Fällen Absicht ist.
Hörhammer: Doch, das glaube ich sehr wohl! Jene Verkehrsteilnehmer sind meines Erachtens nach davon überzeugt, dass für sie die laut StVO vorgeschriebene Blinkpflicht in diesem Lande nicht gilt. Genauso wie es über mehrere Jahrzehnte hinweg Leute gab, die glaubten sich nicht angurten zu müssen, weil’s ohne ja soooooo viel bequemer zu fahren ist. Wie gesagt: Das Ganze hat etwas mit Mangel an Einfühlungsvermögen gegenüber seinem Nächsten zu tun. Oder mit schierer Faulheit. Stichwort: Blinkmuffel! Ich kann’s nur nicht nachvollziehen, dass der Akt des Blinkens bei einigen Subjekten seit der Führerscheinprüfung nicht in Fleisch und Blut übergangen ist. Das muss sich doch eigentlich zum Automatismus entwickelt haben – wie das Bremsen, das Gas geben, das Schalten, was weiß ich…
Weigerstorfer: Du gehst immerzu von dir aus, Hörhammer. Doch Menschen sind unterschiedlich, vielleicht denkst du da mal drüber nach, anstatt hier ständig zu lamentieren. Man kann Dinge auch überbewerten. Mir wär’s freilich auch lieber, jeder würde sich an die Verkehrsregeln halten. Ich hätte auch gerne, dass jeder seine Pfandflaschen wieder ins Geschäft zurückbringt und nicht draußen in der freien Natur entsorgt. Doch ich weiß, dass das nicht möglich ist. Weil’s menschlich ist. Schau mal: Vielleicht nimmst du’s einfach mit Humor – frei nach dem Motto: Seit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung blinkt nunmal nicht mehr jeder – schließlich geht es keinen etwas an, wohin man will…
„Du bist ja ein echter Blink-Blockwart!“
Hörhammer: Haha! Total witzig! Hier geht’s im Ernstfall um Menschenleben, Weigerstorfer – von mittleren bis größeren Sachschadensfällen ganz zu schweigen. Vielleicht denkst du ja mal drüber nach. Mir kommt’s so vor, als ob das Blinken im Straßenverkehr mittlerweile zur puren „Luxus“- bzw. „Willkür“-Geste gehört. Mal wird geblinkt, mal nicht. Dabei steigt die Unfallhäufigkeit wegen der Nicht-Blinker stetig an. Es ist zum Verzweifeln. Ich bin dafür, dass das Bußgeld für alle Blinkmuffel deutlich angehoben wird. Zehn bis 35 Euro sind meiner Meinung nach viel zu wenig. 150 bis 200 Euro – das würde was bewirken…
Weigerstorfer: Du bist ja ein richtiger Verkehrsnazi, ein echter Blink-Blockwart! Ja, wir haben’s kapiert: Blinken kann Leben retten und Blechschäden verhindern. Das ist Allgemeinwissen, das brauchst du mir und dem Rest der Welt nicht ständig unter die Nase zu reiben, nur weil dir die Sache offenbar persönlich gewaltig gegen den Strich geht. Ich will da nun auch nicht mehr länger drüber diskutieren. Ich dreh jetzt ne Dorfrunde mit dem Auto, um nach diesem Gespräch hier etwas Dampf abzulassen. Und wer weiß: Vielleicht „vergess“ ich ja an der nächsten Abzweigung einfach mal zu blinken…
Frage an die Leserschaft: Was denkt ihr? Ist das Nicht-Blinken ein verzeihbarer Kavaliersdelikt, über das man auch mal hinwegsehen kann? Oder stellt es eine klare Gefährdung des Straßenverkehrs dar, die verstärkt geahndet werden sollte? Wir sind gespannt auf Eure Kommentare direkt unter diesem Artikel bzw. auf unserer Hog’n-Facebook-Seite.
da Hog’n
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