Waldkirchen. Zu einem Bauernhof gehört ein Traktor, klar. Aber natürlich auch Kühe. Und irgendwie auch Katzen. Viele Katzen. Manchmal sogar zu viele. Das führt oft dazu, dass die Zahl der kleinen Raubtiere exponentiell zunimmt, regelrecht explodiert. Einhergehend damit sind oft Krankheiten, die sich rasant ausbreiten können. Verschiedenste Krebsarten, Ohrwürmer- und milben, Katzenschnupfen. Und genau hier will die „Aktion Merlin“ ansetzen. „Wir möchten die Entscheider dahingehend bewegen, dass eine generelle Kastrationsverordnung eingeführt wird“, macht Bündnischefin Susanne Berlinger deutlich. „Denn nur so kann das Leiden der Katzen eingegrenzt werden.“
Bereits mehrmals wurden die 42-jährige Waldkirchenerin und ihre Mitstreiter von überforderten Katzenbesitzern um Hilfe gebeten. „Wobei an dieser Stelle betont werden muss, dass Landwirte oft Opfer sind. Auf den weitläufigen Anwesen und den großen Stallungen können sich Katzen super einnisten und fortpflanzen, ohne dass es jemand mitbekommt. Und irgendwann hat man das dann nicht mehr unter Kontrolle.“ Doch nicht nur Bauernhöfe „leiden“ unter zu vielen und oft kranken Vierbeinern. Auch zu anderen Anwesen wurde die Aktion Merlin schon gerufen. „Wir versuchen dann mithilfe von Spendengeldern und Tierärzten die Krankheiten zu bekämpfen und die Tiere zu kastrieren.“
„Die Politik darf nicht wegschauen“
Die Bilder, die die Tierschützer dabei sehen, sind oft nichts für schwache Nerven. Generell sind den Helfern nicht nur nervliche, sondern vor allem auch finanzielle Grenzen gesetzt. Es gibt einfach zu viele Streuner-Katzen. „Das sind locker mehr als die zwei Millionen, die oft genannt werden.“ Deshalb versucht die Gruppe um Susanne Berlinger nun, den Paragraphen 13B im Tierschutzgesetz zu ändern. Darin wird beschrieben, dass Landesregierungen an regionalen Katzen-Brennpunkten Kastrationen sowie eine dazugehörige Registrierung verordnen können. „Wir möchten nun, dass diese Vorgabe generell gelten soll“, betont Susanne Berlinger.
Und so hat sich die Tätigkeit der Waldkirchenerin in den vergangenen Wochen vom Praktischen weg hin zum Theoretischen gewandelt. Sie hat bereits mehrere Tierschutzorganisationen wie PETA und Tasso mit ins Boot holen können. Die Aktion Merlin – deren Namen übrigens auf eine Streunerkatze, die bei Susanne Berlinger heimisch geworden ist, zurückgeht, gewinnt mehr und mehr an Bekanntheit. Unter anderem haben die beiden regionalen Bundestagsabgeordneten Rita Hagl-Kehl (SPD) und Muhanad Al-Halak (FDP) sich mit diesem Thema bereits beschäftigt. Doch das ist auch Sicht von Berlinger noch längst nicht genug. „Wir möchten unsere Landtagsabgeordneten an den Tisch holen“, macht sie deutlich und schiebt energisch hinterher: „Die Politik darf nicht wegschauen.“
Kastration besser als Sterilisation
Freilich gebe es größere Probleme als eine Vielzahl kranker Katzen. Das wissen auch die Vertreter der Aktion Merlin. Dieses „unbequeme Thema, das allen bewusst ist, aber keiner so richtig sehen will“, dürfe jedoch aufgrund dessen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Denn die Zeit drängt. Bis zu dreimal jährlich kann eine Katze durchschnittlich vier Junge bekommen. Diese wiederum sind nach einem halben Jahr geschlechtsreif. „Und im Handumdrehen hat man auf einem Anwesen über 50 Tiere“, rechnet Susanne Berlinger vor. Einziger Ausweg ist deshalb ihrer Ansicht nach eine Kastration, die allerdings pro Katze zirka 100 Euro kostet.
Fotos, die das Leid sichtbar machen sollen:
Viel Geld, bei dem der Staat mit an Bord sein muss, wie sich die 42-Jährige und ihre Mitstreiter wünschen. Natürlich wäre eine Sterilisation auch möglich – und vielleicht sogar günstiger. Aber: „Eine Sterilisation unterbindet die Hormonproduktion nicht. Eine Kastration hingegen schon, wodurch die Katze auch häuslicher und insgesamt ruhiger wird.“ Und dann könnten die Katzen auf den Höfen auch ein tiergerechtes Leben führen.
Helmut Weigerstorfer
–> Mehr Infos zur „Aktion Merlin“ gibt es hier (einfach klicken).
Herzlichen Dank dafür, dass Sie diesem wichtigen Thema Raum geben. Seit Jahrzehnten führen Tierschutzvereine und Privatpersonen einen aussichtslosen Kampf gegen das Katzenelend. Solange es keine Rechtsgrundlage bzw. flächendeckende Kastrationspflicht gibt, wird sich an dem Elend nichts ändern. Es reicht leider nicht aus, an Vernunft und Verantwortungsgefühl der Katzenhalter zu appellieren, diese Erfahrung machen die Tierschutzvereine seit Jahrzehnten. Viele Katzenhalter sind der Meinung, die Pflege ihrer Katzen würde dem Goodwill unterliegen, das ist aber nicht der Fall, es gibt ein Tierschutzgesetz und dieses ist selbstverständlich auch auf Katzen anwendbar. Wenn Katzenhalter keine Verantwortung übernehmen, ist die Politik am Zug. Denkt man zurück an die Corona-Maßnahmen, dann kann man sehen, wie schnell Entscheidungen getroffen werden können, es ist daher unverständlich, weshalb die politischen Entscheidungsträger vor dem zigtausendfachen Katzenelend vielfach die Augen verschließen. Daran muss sich jetzt endlich etwas ändern – zum Wohle von Mensch und Tier.