Für den Ottonormalverbaucher ist Künstliche Intelligenz nach wie vor etwas unrealistisches. In der Wirtschaft hingegen ist „KI“ bereits Alltag. Und dennoch gibt es weiterhin Berührungsängste zu diesem Hightech-Bereich. Genau darüber spricht Dr. Patrick Glauner von der Fakultät Angewandte Informatik an der Technischen Hochschule Deggendorf im Interview mit der Arberland REGio GmbH.

Herr Professor Glauner, was versteht man gemeinhin unter „KI“?
Die Psychologie geht davon aus, dass wir Menschen pro Tag bis zu 35.000 Entscheidungen treffen, die zum Teil bewusst, größtenteils aber völlig unbewusst ablaufen. Ziel Künstlicher Intelligenz – oder KI – ist es, dieses menschliche Entscheidungsverhalten zu imitieren, es zu automatisieren.
Der Kontrapunkt zum demographischen Wandel
Welche Rolle kann Künstliche Intelligenz für einen Wirtschaftsstandort wie den Landkreis Regen spielen, der einerseits von Handwerksbetrieben sowie kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs) geprägt ist, gleichzeitig aber weltweite Technologieführer beheimatet?
Ich würde die Schere Stadt-Land / Hightech-Handwerk gar nicht aufmachen wollen. Aus meiner Sicht kann jedes Unternehmen, egal wo es sitzt, nur von KI profitieren, um schneller, kostengünstiger und schlichtweg besser zu arbeiten. Allein im Hinblick auf Planungs- und Kalkulationsprozesse ist so viel zu gewinnen – vor allem, wenn man im Vergleich zur internationalen Konkurrenz weiterhin bestehen möchte, wo weniger Berührungsängste herrschen.

Müssen Sie in Ihren Begegnungen mit Wirtschaft und Politik mit zahlreichen Vorurteilen aufräumen?
Ja, doch. Man wird zum Teil noch mit dystopischen Zukunftsvorstellungen à la Terminator und Matrix konfrontiert. Es ist jedoch auf absehbare Zeit völlig unrealistisch, dass intelligente Maschinen den Menschen unterwerfen, ersetzen – und uns am Ende gar alle arbeitslos machen. Ich versuche in solchen Situationen, Vorteile aufzuzeigen – oder den Spieß einmal umzudrehen: Wenn man den demografischen Wandel mit gesellschaftlicher Überalterung und Nachwuchsmangel pessimistisch betrachtet, sollte die Angst nicht sein, dass bestimmte Arbeitsabläufe künftig automatisiert ablaufen, sondern dass in zehn Jahren vermutlich überhaupt nicht mehr genug Mitarbeiter da sind, um sie auszuführen.
Welche Vorteile hat KI in Katastrophenfällen?
Wie lässt sich die KI-Strategie der Bundesrepublik auf eine Kommune wie den Landkreis Regen herunterbrechen? Kommen entsprechende Maßnahmen auf diesem kleinteiligen Level überhaupt an?
Es gibt deutschlandweit ja einige Vorstöße in diese Richtung. Ich persönlich bin ein großer Fan der Hightech Agenda Bayern. Hier investiert der Freistaat 3,5 Milliarden Euro in Themen wie KI und Quantencomputing, Mobilfunk, Hochschulreform und die digitale Transformation des Mittelstandes. Mit unseren beiden Technologie-Campi für Optik und Sensorik in Teisnach nehmen Hightech und Fördermittel direkt Fahrt in die Region auf, gemeinsame Projekte mit KMUs und Industrie sind möglich – und Studierende werden direkt vor Ort in praxisnahen Projekten ausgebildet bzw. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt.

Kann der Einsatz von KI auch in K-Fällen (Pandemie, Wirtschaftskrieg, Energiekrise, etc.) einen Mehrwert für Kommunen leisten?
Davon bin ich überzeugt. Zum Teil haben wir während der Pandemie ja bereits KI-Modelle zur Vorhersage des Infektionsgeschehens in Aktion erlebt. Wenn wir aber im Nicht-Corona-Alltag – beispielsweise beim Thema Energiekosten – bleiben wollen, so bieten uns Smart-Home-Lösungen bereits heute die Möglichkeit, die Waschmaschine zur günstigsten Uhrzeit laufen und das E-Auto laden zu lassen. Stanley Kubrick hat das digitale Heim 1968 in „2001: A Space Odyssey“ zum mörderischen Albtraum stilisiert. Ganz so schlecht hat es sich doch bislang gar nicht entwickelt, oder?
da Hog’n