Regensburg. Niederlage für den AfD-Landtagsabgeordneten Ralf Stadler vor dem Regensburger Verwaltungsgericht: Es hat die Klage des Tittlingers, der seine aufgrund eines Strafbefehls aus dem Jahr 2020 entzogene Waffenbesitz-Erlaubnis wiedererlangen wollte, abgewiesen. Damals soll es jedoch eine Art „Deal“ gegeben haben, wie bei der Verhandlung am Dienstag von Stadlers Verteidiger ins Feld geführt wurde…
Da der 57-jährige AfD-Mann im September des vorvergangenen Jahres vom Amtsgericht München per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden war, hatte das Landratsamt Passau seine Waffenbesitzkarte eingezogen. Seine Waffe musste er in der Folge abgeben. Laut eigener Aussage befindet sie sich nun bei einem Bekannten.
Es gilt die sogenannte Regelvermutung
Hintergrund der Verurteilung war ein Facebook-Posting des AfD’lers vom Juli 2019. Der Inhalt: eine Fotomontage, die Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) dabei zeigt, wie sie mit Grundschulkindern Luftballons steigen lässt. Stadler versah mehrere der Ballons mit AfD-Logo und veröffentlichte es mit dem Satz „Die AfD wirkt auch in Bayern“. Aigner stellte daraufhin Strafantrag. Das Amtsgericht München sah darin die unerlaubte Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz in Tateinheit mit Verleumdung gegen eine Person des politischen Lebens – und erließ besagten Strafbefehl, den Stadler auch akzeptierte.
Die Angelegenheit ist nichts Außergewöhnliches – ein Standardfall. Denn: Bei einer Verurteilung ab 60 Tagessätzen geht der Gesetzgeber – unabhängig von der Art des Delikts – davon aus, dass die Zuverlässigkeit zum Besitz einer Waffe nicht mehr gegeben ist. Es gilt die sogenannte Regelvermutung.
Doch Stadlers Rechtsanwalt Thomas Tauer macht vor der Vierten Kammer des Verwaltungsgerichts einen „Deal“ geltend, den es damals gegeben haben soll – unter Beteiligung der Staatsanwaltschaften Passau und Deggendorf. Ein Deal, der – so mutet es bei der Verhandlung an – für alle Beteiligten seine Vorteile hatte: Sollte Stadler den Strafbefehl wegen seines Facebook-Postings akzeptieren, so würden gleichzeitig mehrere Verfahren, insbesondere auch wegen Volksverhetzung, gegen Stadler eingestellt.
Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten?
Unter anderem der Landtagsabgeordnete Toni Schuberl hatte den AfD-Politiker damals bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf wegen anderer Online-Postings angezeigt. Stadler habe Migranten als „Parasiten“ bezeichnet, eine Geburtenkontrolle für Muslime gefordert, einen Bürgerkrieg zwischen deutscher Bevölkerung und Migranten als kurz bevorstehend bezeichnet und die Bewaffnung der deutschen Bevölkerung befürwortet (da Hog’n berichtete).
Folgt man den Ausführungen von Rechtsanwalt Tauer, dann wurde per mündlicher Absprache vereinbart, diese Anzeigen fallen zu lassen, sollte Stadler den Strafbefehl wegen des Ilse Aigner-Postings akzeptieren. Und so sei es dann auch geschehen.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner konnte kurz nach der Verhängung des Strafbefehls in einer Pressemitteilung verkünden: „Der rechtskräftige Strafbefehl entspricht voll und ganz meiner Erwartung. Eine solch böswillige Fotomanipulation ist eben kein schlechter Scherz, sondern ein Angriff auf die Würde des Parlaments und die Integrität meiner Person. Wer den Bayerischen Landtag in Person der Landtagspräsidentin verhöhnt, muss auch mit juristischen Konsequenzen rechnen.“
Die Ermittlungen gegen Stadler wegen Volksverhetzung – Dinge also, die „problematisch“ sind, weil „etwas hängenbleiben“ könne, wie es Rechtsanwalt Tauer ausdrückt – wurden im Gegenzug eingestellt. „Im Rahmen einer Risikoabwägung“ sei dies damals für Stadler die beste Entscheidung gewesen, so Tauer weiter. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten – könnte man also meinen.
Stadler wollte wegen „Mobbing“ einfach mal „Dampf ablassen“
Denn ob die öffentlichkeitswirksame Verurteilung wegen des Facebook-Postings mit Ilse Aigner Bestand gehabt hätte, sofern Stadler durch die Instanzen gegangen wäre, bezweifelt nicht nur der AfD-Politiker. Schließlich seien die Gesichter der Kinder verpixelt gewesen, er habe das Posting nach nicht einmal zwei Stunden offline genommen und überhaupt sei das ganze ein Scherz gewesen. Satire im Rahmen der politischen Auseinandersetzung, für die er sich im Anschluss auch schriftlich entschuldigt habe, wie Stadler vor Gericht berichtet. Er habe einfach mal „Dampf ablassen“ wollen, weil er im Landtag immer wieder „gemobbt“ und „diskriminiert“ werde. Stadlers Rechtsanwalt spricht zudem davon, dass der zugrundeliegende Deal nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
Doch mit dieser Argumentation beißen er und sein Mandant beim Verwaltungsgericht Regensburg auf Granit. Zum einen liefere der vorliegende Schriftverkehr keinerlei Beleg, dass es so eine Absprache überhaupt gegeben habe, so die Kammer. Zum anderen habe Stadler den Strafbefehl nun einmal akzeptiert. „Und das Verwaltungsgericht ist kein Ersatz für ein Berufungs- oder Revisionsverfahren.“
Nur wenn es sich aufdränge, dass eine strafrechtliche Verurteilung falsch sei, also „in absoluten Ausnahmefällen“, könne das Verwaltungsgericht vom Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis absehen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Der Schluss des Amtsgerichts sei „zumindest denkbar und plausibel“, heißt es am Ende in der Klageabweisung.
Stefan Aigner