Passau/Berlin/Kalifornien. Die „Bewerbungsphase“ für die Green Card Lottery, die offiziell DV Lottery (Diversity Visa Lottery) heißt, startet meist im Oktober und geht bis November. In diesem Zeitraum kann man seine Registrierung einreichen – übertragen auf das Beispiel einer klassischen Lotterie ist dies also die Periode, in der ein Los gekauft wird. Nach Teil eins unserer Auswanderer-Serie schildert Hog’n-Autorin Malin nun, wie sie ihre „Bewerbung“ letztlich einreichte und was sie während der Wartezeit auf das Ergebnis umgetrieben hat.

Malin an der Küste Kaliforniens, ihrem Sehnsuchtsort in den Vereinigten Staaten von Amerika, wohin sie gerne auswandern möchte. Fotos: Malin Schmidt-Ott
Nur leider ist es in diesem Falle nicht so einfach: Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen eine Menge Dokumente beantragen, ausfüllen und einreichen. Ein kleiner Fehler kann zum Ausschluss führen – also dazu, dass das Los gar nicht erst im Lostopf landet. Informiert wird man – wie während des gesamten Prozesses – natürlich nicht darüber. Die Lottery ist eine Art „Service“ der amerikanischen Regierung – sämtlicher Mehraufwand wird also umgangen.
Bewerbung mittels Dienstleister – oder auf eigene Faust?
Es kann also durchaus sein, dass „Loskäufer“ Jahre oder sogar jahrzehntelang versuchen, eine Green Card zu gewinnen und dabei immer wieder den gleichen Fehler machen. Oder dass sie irgendeine Voraussetzung nicht erfüllen und ihr Antrag aufgrund dessen nie im Lostopf landet. Diese Hürden haben sich Agenturen zu Nutze gemacht: Mittlerweile gibt es eine Reihe von Unternehmen, die Bewerberinnen und Bewerber beim Übersetzen und Ausfüllen der Formulare unterstützen. Sucht man nach der offiziellen Webseite der DV Lottery, erscheinen diese Agenturen – SEO sei dank – meist ganz oben. Sie zeigen Fotos glücklicher Gewinnerinnen und Gewinner, werben mit einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit durch das Ausschließen von Fehlern und bieten weitere Dienstleistungen an, wenn es um die Vorbereitung auf die Auswanderung geht.
Doch wie immer, wenn etwas so gut und positiv klingt, haben auch diese Agenturen (mindestens) einen großen Haken: Sie kosten eine Menge Geld. Des Weiteren bietet auch die Teilnahme über eine Agentur keine hundertprozentige Sicherheit – auch hier kann es zu Fehlern in der Antragstellung kommen. Oder dazu, dass eine Grundvoraussetzung nicht erfüllt ist und nicht von den Mitarbeitern erkannt wird. Sprich: Unter Umständen zahlt man – zusätzlich zu den bereits vorhandenen Gebühren der Registrierung – hohe Summen für die Arbeit einer Agentur, ohne davon zu profitieren. Denn selbst, wenn der Fehler bei den Dienstleistern liegt, wird man dies nie erfahren – schließlich gibt es keinerlei Informationen über einen vorzeitigen Ausschluss des Losverfahrens.
Aus diesen Gründen entschied ich mich bewusst gegen die Hilfe externer Dienstleister. Außerdem, so mein Gedanke, sollte ich mich schon mal mit dem amerikanischen Papierkram vertraut machen, wenn ich wirklich ins Ausland gehen wollte.
Dies war eigentlich nur der „Loskauf“!
Ab September begann ich, Urkunden und Dokumente, Auskünfte und Bescheinigungen, Kontoausdrucke und weitere Nachweise zu sammeln. Ich beantragte ein aktuelles Führungszeugnis, scannte meine Geburtsurkunde und füllte ellenlange Informationsseiten aus. Von persönlichen Daten wie die kirchliche Zugehörigkeit, die Geburtsnamen der Eltern sowie alle Ausbildungen und Abschlüsse muss jeder Teilnehmer detaillierte Angaben machen. Neben den Gebühren, die hier bereits zu entrichten sind, kostet dieser Vorgang vor allem eines: Zeit.
Und auch meine Nerven wurden immer wieder strapaziert: Entsprechen die Fotos meines Gesichts wirklich den amerikanischen Vorgaben? Habe ich tatsächlich alles genau gelesen? Kein Kreuz falsch gesetzt und keine Tippfehler bei Geburtsnamen oder -orten gemacht? Die Bestätigung, alle Angaben korrekt und vollständig angegeben zu haben, klang ebenfalls beängstigend: Jedes Mal (ja, man muss dies sehr oft bestätigen) enthält der Absatz auch die Information, man würde sofort aus der Ziehung und gegebenenfalls von weiteren Teilnahmen ausgeschlossen werden, wenn gewisse Auskünfte fehlerhaft seien.
Nachdem ich also alle Dokumente wieder und wieder durchgelesen und die Registrierung nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt hatte, vervollständigte ich im Oktober 2020 die „Bewerbung“. Wir erinnern uns: Dies war eigentlich nur der „Loskauf“!
Sieben Monate warten
Um nun nicht tatenlos herum zu sitzen, wie das Studentinnen und Studenten klischeehafterweise so tun, beschäftigte ich mich zwischen Seminaren und Abgaben mit den nächsten Schritten, die im Fall einer Ziehung nötig wären. Den 8. Mai musste ich mir nicht erst rot im Kalender markieren – auch so konnte ich mir merken, dass an diesem Tag die glücklichen Gewinnerinnen und Gewinner bekanntgegeben werden.

Auch das Universum sollte um Malins Pläne wissen und unterstützend seinen Teil zum Gelingen beitragen.
Ich wusste auch, dass die wahre Arbeit dann aber erst beginnen würde. Ämter, Behörden und ein Besuch beim Amtsarzt – sollte ich wirklich gezogen werden, müsste ich Termine bei diesen Institutionen wahrnehmen. Durch die immer noch vorherrschenden Covid-Beschränkungen fand mein Studium nach wie vor nicht in Präsenz statt, was mir meinen Umzug nach Berlin ermöglichte. Zwar befindet sich das US-Generalkonsulat in Frankfurt, doch auch in Berlin würden einige Behördengänge einfacher sein als von Passau aus, meinem letzten Wohn- und Studienort.
In der Zeit zwischen November und Mai hieß es also warten. Da ich meinen Plan, direkt nach dem Studium in die USA zu ziehen, stets im Hinterkopf behielt, war ich umso motivierter, dieses bald abzuschließen. Nebenbei erarbeitete ich mir weiterhin die erforderlichen Rücklagen. Außerdem manifestierte ich ordentlich: Wann immer ich daran dachte, versuchte ich dem Universum Signale zu senden, dass ich bereit für den nächsten Schritt war. So spirituell und abgedreht das auch klingen mag – mir half es jedenfalls, das Gefühl zu haben, auch in der Wartezeit an meinem Traum zu arbeiten. Der Umzug nach Berlin war in diesem Sinne auch symbolisch betrachtet ein wichtiger Schritt, denn so konnte das Universum „sehen“, dass
Meine Augen lasen den Satz wieder und immer wieder
Und dann kam er, der ersehnte Tag der Tage. Es war der 8. Mai, nicht nur historisch gesehen ein wichtiges Datum: Am Tag der Befreiung würden die Losnummern – offiziell Entry-Numbers genannt – abrufbar sein. Das heißt, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihre Anträge bis November 2020 eingereicht hatten, sich nun auf der offiziellen Website einloggen konnten, um zu sehen, ob die Green-Card-Reise für sie weitergehen würde.
Ich erinnere mich noch gut an diesen Freitag, an dem ich eigentlich Deutschunterricht bei meiner amerikanischen Schülerin gegeben hätte, die ich seit 2019 via Zoom unter meine Fittiche genommen habe. Doch wie es der Zufall wollte, sagte sie kurz vorher ab, wodurch ich den Log-In nicht mehr weiter hinauszögern konnte – oder doch. Denn natürlich war ich nicht die Einzige, die auf diesen Tag hingefiebert hatte – und so stürzte die Website beim Laden regelmäßig ab. Nach mehrmaligem Versuchen beschloss ich, wohl bis Samstagmorgen warten zu müssen…
… und diesmal lud die Seite. Um zu erfahren, ob es geklappt hat, müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich mit einer ihnen bei der Registrierung zugewiesenen Nummer einloggen. Da stand dann plötzlich: „You are eligible for further process. Please note: This is not a Green Card.“ Meine Augen lasen den Satz wieder und immer wieder. Ich kopierte ihn und gab ihn in einen Übersetzer ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein Missverständnis handelte, dass ich einfach etwas falsch verstanden, mein Englisch nicht gut genug war, erschien mir größer als die Tatsache, einfach Glück gehabt zu haben. Fortsetzung folgt…
Malin Schmidt-Ott