Schönberg/Grafenau. „Ich tanze, seitdem ich denken kann, habe mit drei Jahren damit angefangen“, erzählt Alina Uhrmann und strahlt. Hineingewachsen ist sie in ihre Leidenschaft durch ihre Mutter Cornelia. Sie betreibt die „CU Dance Company„, eine Tanzschule in Grafenau, die mittlerweile auch am Standort Schönberg existiert. Mit 14 hat Alina erstmals ihren Schülern Unterricht gegeben. „Das mache ich nun seit zehn Jahren – und gebe meine Leidenschaft gerne weiter an andere.“
„Wenn ich tanze, kann ich meine Gefühle ausdrücken. Ich muss nichts sagen, um eine Botschaft zu transportieren, das passiert von ganz alleine, ohne Worte – und genau das mag ich“, beschreibt die 24-Jährige ihre Hingabe. Als Tanzlehrerin kann sie junge Menschen ein Stück weit begleiten und deren Entwicklung miterleben. „Wenn man ihren Fortschritt sieht, ist das etwas Wunderbares“, sagt sie.
„Jeder soll das tun, was einem Spaß macht“
Hauptberuflich ist Alina Uhrmann im Qualitätsmanagement bei der Thomas-Krenn.AG in Freyung beschäftigt. Am Wochenende studiert sie nebenbei Betriebs- und Wirtschaftspsychologie in München. Ihre Tanzkurse gibt sie während der Woche in Grafenau. Sie bringt Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen vier und 19 Jahren bei, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen, etwa beim Ballett oder Jazz-Dance. Auch Choreografien zu unterschiedlichen Stilrichtungen wie Hip-Hop, Modern-Dance, Lyrical oder Contemporary werden dabei einstudiert. Öffentliche Aufführungen mit ihrer Tanzgruppe stehen ebenfalls regelmäßig auf dem Programm. „Das Tanzen ist mein kreativer Ausgleich zu meiner regulären Arbeit und zum Studium“, sagt sie.
„Natürlich ist es nicht verkehrt, wenn man möglichst früh mit dem Tanzen beginnt“, erklärt Alina Uhrmann. „Aber es gibt auch Quereinsteiger, die mit zehn, mit 16 oder auch erst im Erwachsenenalter damit anfangen.“ Dass die Teilnehmer überwiegend weiblicher Natur sind, kann sie mit einem wissenden Lächeln bestätigen. „Ich hab tatsächlich nur Mädels in der Gruppe – in dieser Altersstufe ist das Tanzen für Jungs offensichtlich nicht so cool…“
Das Klischee der Geschlechterrollen findet sich demnach klar bestätigt. „Das ist eigentlich total schade“, sagt die Balletpädagogin und Trainingsleiterin. „Wir hatten schon Männer, die das genauso gut wie die Frauen hinbekommen haben. Bei Schnuppertagen waren auch mal ein paar Buben da, aber die sind nur drei-, viermal gekommen – dann nicht mehr.“ Als Ursache dafür vermutet sie einen gewissen „Druck von außen“, der immer noch in der Gesellschaft vorhanden sei – und stellt sich die Frage: „Wenn man gerne tanzt, warum sollte man das dann vom Geschlecht abhängig machen?“ Für sie steht daher fest: „Jeder soll das tun, was einem Spaß macht. Es gibt ja auch viele Mädels, die Fußball spielen.“
Auch für „Hüftsteife“ besteht noch Hoffnung
Geübt wird meist vor der großen Spiegelwand im Tanzstudio. „Das ist ganz entscheidend, denn dabei kann man sich selbst beobachten und zum Beispiel seinen Ausdruck oder seine Technik weiter verbessern.“ Die Gruppen-Choreografien sind dabei durchaus anspruchsvoll zu erlernen. „Nach dem halbstündigen Aufwärmblock arbeiten wir gut 20 Minuten an den Choreos, die Woche für Woche erweitert werden“, berichtet Alina Uhrmann. Durch die ständige Wiederholung sitzt der Ablauf dann irgendwann, Präzision und Synchronität nehmen mehr und mehr zu. „Tanzen ist eine Kombination aus Technik und Gefühl. Und wenn die Technik sitzt, rückt der Ausdruck in den Vordergrund, um ein Feeling zu vermitteln, damit dieses dann auf denjenigen überschwappt, der nicht selbst tanzt, sondern zuschaut.“
Auch vermeintlich „hüftsteife“ Leute können Alina Uhrmann zufolge immer noch ein gewisses Level erreichen. „Es kommt nicht nur auf die Beweglichkeit und Technik an“, weiß sie. „Klar, vielleicht muss man etwas mehr an sich arbeiten, aber grundsätzlich ist beim Tanzen alles möglich, man kann immer damit beginnen.“ Der Wille sei einerseits entscheidend. Genauso Geduld und Zeit. „Man sollte es letztlich für sich selbst machen, weil es einem Spaß macht – da spielt anfängliche Hüftsteifigkeit keine Rolle“, ist sie überzeugt.
Bei den Heranwachsenden in ihren Kursen am beliebtesten sind Tänze zu Musik, die gerade angesagt ist. „Im Teenie-Alter ist vor allem Hip-Hop interessant, auch Street-Jazz. Bei den Kleinen ist der Tanz von Eiskönigin Elsa sehr gefragt. Dabei versuchen sie sich an den klassischen Schritten, die man aus dem Ballett kennt.“ Dies passiert generell in der Gruppe, seltener in Form von Solo-Auftritten. Standardtänze wie Walzer, Foxtrott oder Quickstepp sind nicht im Repertoire.
„Da soll man nicht drüber urteilen“
Wenn Alina mit ihren Freundinnen und Freunden mal abends in die Disco geht, hält sie sich eher zurück beim Tanzen, wie sie mit einem Schmunzeln erzählt. „Das ist was anderes und hat mit einer klassischen Choreografie nur wenig zu tun.“ Beim Ausgehen macht sie das, „was der Rest“ eben auch so macht: Bewegungen, die zur Musik passen. „Das ist nicht durchgetaktet, hat keine Reihenfolge.“ Sie bewertet – im Gegensatz zum Unterrichtsgeschehen – ihre Mitstreiter auf der Tanzfläche dabei nicht, teilt sie nicht in gute und weniger gute Performer ein – auch nicht unbewusst, wie sie versichert. „Jeder soll sich in der Disco so bewegen, wie er möchte. Da soll man nicht drüber urteilen.“
Zu ihren Vorbildern zählen unter anderem Maddie Ziegler, die für Sängerin „Sia“ bereits durchs Video gewirbelt ist. Oder auch Autumn Miller, die durch ihre Auftritte in verschiedenen US-Tanzserien Bekanntheit erlangte. Doch auch Alina Uhrmann selbst durfte ihre Künste bereits vor der Kamera zum Besten geben: nämlich im neuen Video der Freyunger Rock-Band „Searching For A Reply„. Der Tanzstil, den sie dabei verwendet, mutet nach Ballett an, ist aber tatsächlich Jazz-Dance, wie sie betont. „Sänger Patrick Patrone hatte mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Spezielle Vorgaben gab es keine.“ Somit war die 24-Jährige gleich mit von der Partie. Genauso wie schon beim 2020er-Video der Freyunger Combo, bei dem sie mit ihrer Freundin eine Feuershow darbot.
„Eine professionelle Tanzkarriere kommt für mich nicht mehr in Frage, dafür bin ich schon zu alt“, sagt Alina Uhrmann und lächelt. Was beruflich nach ihrem Studium noch alles auf sie zukommen wird, darüber macht sie sich noch keine Gedanken. Vorerst will sie auf jeden Fall bei Thomas Krenn in Freyung bleiben. Ihr Terminkalender ist mit Fulltime-Job, Studium und Tanz-Leidenschaft jedenfalls proppenvoll. Da bleibt nur wenig Zeit für andere Hobbys. „Für mich ist Tanzen nicht die Arbeit nach der Arbeit. Tanzen gibt mir alles, was ich zum Ausgleich brauche.“
Stephan Hörhammer