Eva Karl Faltermeier hat sich für den Weg als Kabarettistin entschieden. Die 38-jährige Regensburgerin hat damit Mut bewiesen und..

Regensburg. Wenn ein Motor zu lange im roten Bereich läuft, besteht die Gefahr der Überhitzung. Es kann zum Motorplatzer kommen – und dann ist Schicht im Schacht. Ein Zustand, der im übertragenen Sinne für viele Menschen im Burnout endet. Nicht so bei Eva Karl Faltermeier. Sie mag es, wenn sie „übertourig“ läuft, wie sie es selbst bezeichnet. Sie braucht die Hummeln im Hintern, die täglichen Herausforderungen, das Umtriebige. „Ich mache vieles gleichzeitig, bin ruhelos – schon immer. Ich neige vermutlich eher zum Boreout. Nix zu machen fällt mir schwer. Und Langeweile kenn ich sowieso nicht“, sagt die 38-jährige Kabarettistin aus der Nähe von Regensburg.

Eva Karl Faltermeier: „Ich habe mir jeden Traum verwirklicht, den ich als Kind oder Heranwachsende hatte. Und wenn ich das Kabarett wieder nebenbei machen würde, dann fällt mir kein Zacken aus der Krone.“ Florian Hammerich

„Sie ist eine ehrliche Wursthaut, lässt sich nix gefallen, hat für mich Vorbildcharakter – da weiß man genau, wo man steht und woran man ist“, beschreibt Kabarett-Sternchen Teresa Reichl ihre Kollegin. Sie sei eine Verbündete – „sie ist da, wenn man sie braucht“, schwärmt die 25-jährige Niederbayerin weiter in den höchsten Tönen von ihrer älteren Freundin aus der Oberpfalz, die ihr, Teresa, auf dem Weg in die Selbständigkeit als Künstlerin unter anderem dabei geholfen habe, eine Agentur zu finden. „Wir hatten Situationen auf der Bühne, in denen wir festgestellt haben, dass wir gut miteinander funktionieren.“

„Wir gönnen uns den gegenseitigen Erfolg“

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Dass beide ähnlich ticken, kann auch Eva Karl Faltermeier bestätigen. „Wir sind sehr direkt, unterstützen gerne Leute, die wir mögen. Wir sind nicht neidisch aufeinander und gönnen uns den gegenseitigen Erfolg. Bei der Teresa weiß ich, dass die Freundschaft weiterhin Bestand hätte, wenn ich morgen mit dem Kabarett aufhören und als Blumenverkäuferin arbeiten würde“, gibt die im Landkreis Regensburg lebende „emanzipatorische Grantlerin“ die Blumen gerne zurück an ihre jüngere Kollegin – und ergänzt: „Wenn sie morgen den Zirkus Krone füllt, bin ich ihr größter Fan in Reihe drei. Wir haben ein schwesterliches Verhältnis. Sie ist schon sehr viel weiter in ihrem Alter als ich es damals war. Und ich sehe sie einmal als Moderatorin einer Talkshow im Spannungsfeld zwischen Wissensvermittlung und Unterhaltung.“

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„Jeden Scheiß hab ich gemacht“

Aufgewachsen ist Eva Karl Faltermeier in Eichhofen bei Regensburg. Dabei sollte man wissen: „Faltermeier“ ist der Name ihres Ex-Mannes. Das „Karl“ hat sie sich in Anlehnung an ihren Mädchennamen beibehalten, wie sie jüngst auch in der Radio-Sendung „Blaue Couch“ offenbarte. „Den Bindestrich lass ich weg, um einen Künstlernamen ähnlich wie Karl Maria Brandauer zu haben“, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

„Ich war auf einer einzigen Studentenparty.“

Nach dem Abitur hatte sie sich für ein Doppel-Studium an der Uni eingeschrieben: zum einen Grundschul-Lehramt, zum anderen Politikwissenschaft, Spanische Philologie und Germanistik auf Magister. Letzteres hat sie abgeschlossen, ersteres ohne Examen scheinfrei beendet. „Ich habe ziemlich viel und ziemlich schnell studiert“, blickt sie heute zurück auf ihre akademische Laufbahn. Auch ein Auslandssemester im mexikanischen Guanajuato durfte nicht fehlen. 

Doch so richtig gefallen hat ihr das Studium, das sie sich selbst finanzieren musste, nicht, wie sie ohne Umschweife zugibt. Während andere beim Feiern waren, verfasste sie beim Straubinger Tagblatt „für wenig Geld“ erste journalistische Texte, schob Wochenend-Dienste, jobbte nebenbei in einem Modegeschäft, wusch Teller in Restaurant-Küchen, putzte Toiletten oder verdingte sich als Zimmermädchen. „Jeden Scheiß“ habe sie gemacht, um sich über Wasser zu halten, sagt sie. „Ich war auf einer einzigen Studentenparty“, erinnert sie sich. „Denn ich wusste immer, dass ich am nächsten Tag aufstehen muss, um entweder zu lernen oder zu arbeiten.“ Nach fünf Jahren sei dann der Zeitpunkt gekommen, an dem sie möglichst schnell ins Berufsleben einsteigen wollte. Das Studieren freiwillig in die Länge zu ziehen, war so gar nicht ihr Ding.

„Da bin ich zu sehr Freigeist“

Im Anschluss absolvierte Eva Karl Faltermeier ein Volontariat bei der Donau-Post und beim Straubinger Tagblatt, wo sie später zwei weitere Jahre als Politik- und Wirtschaftsredakteurin beschäftigt war. Als Mitarbeiterin der Pressestelle der Stadt Regensburg sowie als PR- und Marketing-Schreiberin für verschiedene Unternehmen war sie ebenfalls tätig – was sie trotz finanzieller Sicherheit und gutem Auskommen aber langfristig nicht glücklich machte. „Meine Seele einem Unternehmen zu verkaufen, das hab ich auf Dauer nicht hingekriegt. Da bin ich zu sehr Freigeist, da können sie mir noch so viel zahlen“, berichtet sie und lacht.

„Und dann musst du die ganze Zeit schauen, wo du dein Geld herbekommst.“

Vor gut zwei Jahren wagte sie schließlich den Schritt in die Selbständigkeit – als Künstlerin, Kabarettistin, Geschichten-Erzählerin. Zu einem Zeitpunkt also, an dem die Pandemie gerade Fahrt aufzunehmen begann. „Greislig“ war das, meint sie rückblickend. Die ersten Jahre als eigene Herrin und Brötchengeberin sind kein Zuckerschlecken, wie sie heute weiß – auch ganz ohne Corona. Hinzu kam eine weitere, einschneidende Veränderung in ihrem Leben: die ihren Worten nach „gelungene Scheidung“ von ihrem Mann nach sieben Jahren Ehe. „Und dann musst du die ganze Zeit schauen, wo du dein Geld herbekommst, wenn keine Auftritte möglich sind.“ Rücklagen gab es kaum. Und die Kinder – ein heute sechsjähriger Sohn und eine achtjährige Tochter – mussten schließlich auch versorgt werden.

„Zur Hochphase der Pandemie konnte ich nie sagen, wann und wo ich spiele“, erzählt sie. Die Ungewissheit darüber, ob ihre Auftritte stattfinden oder nicht, war ihr ständiger Begleiter. Ebenso Fragen wie: „Kommen heute 30 Leute oder 150 Leute?“ Staatliche Hilfen habe sie nicht bekommen – „weil ich ja blöderweise im Jahr zuvor noch nicht selbständig war“. Weshalb sie – einmal mehr – die unterschiedlichsten Jobs annahm, um über die Runden zu kommen. „Ich bin als Redakteurin für den BR von zuhause aus tätig, nehme Kolumnen an, sage zu allem Ja.“ Nebenbei hat sie ein Buch geschrieben. Ihr zweites steht schon in den Startlöchern. 

„Das verstehe ich nicht. Da werde ich wahnsinnig“

Und da ist sie wieder, die Ruhelosigkeit der Eva Karl Faltermeier. Dieses Übertourige, Rastlose. Eine Eigenschaft, die ihr in schwierigen Lebenslagen seit jeher zugute kommt – „anders hätte ich es nie hinbekommen“. Und ja, man kauft es ihr ab. Man hat als Außenstehender den Eindruck, dass sie voll in ihrer Mitte ist. „Eigentlich irgendwie lustig“, sagt sie in Anspielung auf ihre Radiosendung, mit der sie ihren medialen Durchbruch feierte, „weil ich ja über Grant und so schreibe – dabei bin ich privat gar nicht mehr so grantig. Ich bin da, wo ich bin. Fühle mich entspannt. Und ich nehm’s, wie’s kommt.“

A bissl grantig ist sie dann doch hin und wieder, wie sie bei näherer Betrachtung zugibt. Zuletzt auf die – inzwischen wieder fallen gelassene – 25-Prozent-Regleung bei Kultur-Veranstaltungen. Und auf „Menschen, die meinen, ihre eigene Meinung zu wissenschaftlichen Themen ist richtiger als die gesamtgesellschaftliche Entwicklung“. Und auf Ministerpräsident Söder, der sich in den vergangenen zwei Jahren ihrer Ansicht nach einen feuchten Kehricht um die Kultur-Szene geschert habe. „In einem Land, das sich die letzten Jahrzehnte stets mit Laptop und Lederhose gerühmt hatte“, redet sich die 38-Jährige in Rage. „Dabei ist die Lederhose doch ein Kulturgut. Und wer hat sie an? Die Blaskapelle. Kann sie spielen? Nein. Das verstehe ich nicht. Da werde ich wahnsinnig. Und wenn die Pandemie vorbei ist, dann werden sich die Herren Politiker wieder mit der bayerischen Kultur schmücken. Doch die bayerische Kultur ist total zu Boden getreten worden.“

„Ich bohre mich gerne in Sachen rein“

Im folgenden haben wir Eva Karl Faltermeier drei Fragen gestellt, die sich anhand ihrer im Internet zu findenden Biografie ergeben haben. Um eine Antwort war sie freilich nicht verlegen.

Eva: Du bist gelernte Journalistin. Mit dem Zusatz: „Sie lernte mit ihrer Fehlentscheidung zu leben.“ Warum Fehlentscheidung?

Das hab ich geschrieben (lacht). Mein Volontariat hab ich bei der Donau-Post, die zum Straubinger Tagblatt gehört, in Regensburg gemacht. Das war sehr cool dort, denn es war eine ganz kleine regionale Redaktion, in der wir relativ freie Hand hatten und mit der wir uns gegen die übergroße Mittelbayerische Zeitung behaupten mussten. Schöne Zeit.

„Die Arbeitszeiten sind ebenfalls nicht sehr prickelnd.“

Das mit der Fehlentscheidung war freilich ironisch gemeint – ich schreibe immer noch sehr gerne Artikel und mache weiterhin meinen Podcast. Ich bin einfach sehr neugierig, vielseitig interessiert und bohre mich gerne in Sachen rein, um sie zu verstehen und sie dann anderen zu erklären. Ich bin nach wie vor Journalistin – auch mein Kabarett ist davon geprägt, das merkt man. Aber natürlich zählt der Journalismus inzwischen zu den Berufen, in dem man teils hart angefeindet wird. Die Arbeitszeiten sind ebenfalls nicht sehr prickelnd. Es wird einem ständig suggeriert, dass man austauschbar sei, weil 80 junge Studentinnen bereits in den Startlöchern stehen, die den Job zum halben Lohn machen. Mittlerweile spielt der Beruf Journalist, der vor einiger Zeit noch ranggleich mit dem des Politikers in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, eine ganz andere Rolle. Viele werden heute angegriffen, beleidigt, diffamiert.

„Ein Nine-to-Five-Job ist nichts für mich“

Viel Feind, wenig Ehr, wenig Geld für viel Arbeit – da gibt’s durchaus Parallelen zum Kabarettisten-Dasein, oder?

Richtig – und anscheinend mag ich das auch noch (lacht). Neulich hat da Binser zu mir gemeint: Vor ein paar Jahren sei er noch der Big Player gewesen, hat noch jedes Bierzelt gefüllt, das Geld hat gestimmt und es fehlte an nichts. Heute spielt er vor elf Leuten in Salzburg und weiß nicht, wie’s weitergeht. Künstler wie er haben teils viel verloren. Dadurch, dass ich erst in der Pandemie damit angefangen habe, ist das ein Beruf, bei dem ich wochentags mehr Freiheiten habe im Vergleich zum Journalisten-Alltag. Ansonsten ist vieles ähnlich zu meinen vorherigen Jobs. Heute weiß ich jedenfalls: ein Nine-to-Five-Job ist nichts für mich!

Wann stand für dich dann fest, dass du zum Kabarett willst? Gab’s da einen Aha-Moment?

„Wenn das kein Krebs ist und ich wieder gesund werde, dann können mich alle mal kreuzweise.“

Ich bekam eine bescheidene Kritik in der Mittelbayerischen geschrieben – für eine meiner Kurzgeschichten. Bis dato waren die Kritiken durchwegs positiv. Diesmal kam sie aber von einem Hobby-Schreiberling, der eigentlich Dozent an der Uni war – und her hat’s einfach nicht kapiert, dass die Protagonistin in dem Stück nicht ich selbst bin, sondern ein frei erfundener Charakter. Darüber hab ich mich sehr aufgeregt. Und ein Kumpel meinte daraufhin: „Eva, wenn du das so vorliest, kauft man’s dir einfach eins zu eins ab, dass du das genauso hättest sein können. Dreh den Spieß doch um – für dich wäre Kabarett bestimmt die richtige Wahl, weil du unfassbar unterhaltsam bist. Das ist deine Stärke.“ 

Ich war zunächst skeptisch. Dann hat er mich zum Gruppenkabarett am STATT-Theater Regensburg gebracht – und ich hab sehr schnell gemerkt, wie sehr ich es liebe. Freilich war das noch a bissal dilettantisch und auch nicht so leicht vereinbar mit dem Job – ich habe da noch Vollzeit gearbeitet, die Kinder waren noch klein. Doch ich wollte weitermachen – und dachte: Allein ist’s wohl besser, denn dann muss ich keine Proben-Termine mit anderen koordinieren. Dann kann ich auftreten, wann ich Zeit habe. 

Doch so richtig getraut hab ich mich anfangs doch wieder nicht. Dann stand eine Operation bei mir an. Eine Krankheit, von der keiner so recht wusste, worum’s geht. Ich hatte keine Ahnung damals, wie mein Leben weitergeht – zwei kleine Kinder daheim, gerade das Haus umgebaut. Und ich hab mir geschworen: Wenn das kein Krebs ist und ich wieder gesund werde, dann können mich alle mal kreuzweise – und ich mach das, worauf ich Lust habe: Kabarett. Nachdem ich’s überstanden hatte, hab ich’s einfach gemacht – aus Dankbarkeit fürs Leben. Ein neues Leben. Es war die goldrichtigste Entscheidung, die ich im Vorfeld jenes 1. Aprils 2020 getroffen habe. Und was sich seitdem – trotz Pandemie – alles Positive ergeben hat bei mir, das ist aus meiner Sicht purer Luxus. Ich schätze das sehr.

Ihr Bekanntheitsgrad wächst stetig

„Es geht dahi“, lautet der Titel ihres ersten Programms. Auftritte von Essenbach und Traunstein über Bonn, Ulm, Zürich bis nach Pforzheim und Berlin stehen im Terminkalender. Ihr Bekanntheitsgrad wächst stetig, wie sie berichtet. „Das ist freilich nett, wenn mich Leute erkennen. Aber es gibt auch welche, die mir – wie bei vielen Kabarettisten und Kabarettistinnen der Fall – nicht so wohlgesonnen sind. Die auch in Richtung Stalking gehen. Das möchte ich möglichst vermeiden.“ Deshalb will Eva Karl Faltermeier ihren genauen Wohnort auch nicht an die große Glocke hängen.

Langweilig wird es der „Übertourigen“ freilich nicht. „Mein Umfeld ist immer gut unterhalten, weil immer irgendwas los ist bei mir. Letztes Jahr hatte ich vier freie Tag, da war ich in Österreich in einem Hotel auf Kurzurlaub – drei davon hab ich gearbeitet, einen hab ich nichts getan. Und dann ging’s auch schon wieder weiter…“ 

Text und Interview: Stephan Hörhammer


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0 thoughts on “Eva Karl Faltermeier: „Ich hab mir jeden Traum verwirklicht“

  1. Per Zufall bei „3sat“ auf Eva Karl-Faltermeier gestoßen, war ich neugierig geworden + hab‘ im Internet recherchiert: Interessanter Lebenslauf + Werdegang mit gewissen Parallelen zu meiner Vergangenheit – DANKE + weiter so!

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