München/FRG/REG/DEG. Die Nachricht, dass Bayern die Ende vergangenen Jahres im beschlossene einrichtungsbezogene Impfpflicht vorerst nicht umsetzen will, sorgt für große Diskussionen. Insbesondere die Kritik an Ministerpräsident Söder, der unlängst verkündete, dass man den Vollzug der Impfpflicht zum 15. März „de facto“ nicht realisieren werde, da sie seiner Meinung nach kein wirksames Mittel mehr sei, um die aktuelle Omikron-Welle zu dämpfen, nimmt zu. „Die CSU hat diese Impfpflicht im Bundestag und Bundesrat mitbeschlossen. Und jetzt will sie von den eigenen Beschlüssen nichts mehr wissen“, äußerte sich etwa jüngst Ruth Waldmann, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, gegenüber dem BR.

Hat sich nun doch gegen die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitssektor ausgesprochen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Foto: pixabay.com/preiselbauer

Die verpflichtende Impfung im Gesundheitssektor könne die Pflegesituation deutlich verschlechtern, begründete Söder, der eine allgemeine Impfpflicht weiter für sinnvoll erachtet, seinen Sinneswandel. Er spricht von „großzügigsten Übergangsregelungen“ für die Beschäftigten, die bis zum Stichtag – wie laut Gesetzesvorlage angedacht – keinen vollständigen Corona-Impfschutz vorweisen können. 

„Ist das noch Politik oder schon Satire?“

Scharfe Kritik an dem bayerischen Alleingang äußerte auch SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Wir müssen die pflegebedürftigen Menschen in den Heimen schützen. Laxe Vollzugsregeln der einrichtungsbezogenen Impfpflicht können nicht nur das Leben der älteren Menschen mit schwachem Immunsystem gefährden. Dazu gefährden sie auch die Glaubwürdigkeit von Politik.“ Die Grünen bezeichneten Söder Verhalten gegenüber vulnerablen Gruppen als unverantwortlich. FDP-Landeschef Martin Hagen fragt sich aufgrund des Söder’schen Zickzack-Kurses gar: „Ist das noch Politik oder schon Satire?“

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„Unruhe wohl auch in den nächsten Monaten“

Wir haben angesichts der jüngsten Entwicklungen in Sachen partieller Impfpflicht Statements von regionalen Vertretern des Gesundheitswesens eingeholt . „Supertoll“, lautet da etwa die erste Reaktion von Daniela H., Initiatorin der Protestaktion „Ohne mich“, der rund 500 Pflegekräfte aus dem ostbayerischen Raum angehören, die sich klar gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht aussprechen (da Hog’n berichtete). „Ist unser Söderlein aa mal wieder für was gut“, freut sie sich und ergänzt: „Wir schicken zur Stärkung seiner Meinung unsere 470 Berufszertifikate zu. Wir müssen jetzt an ihn ran!“

Christian Schmitz, Vorstand der Arberlandkliniken. Foto: Hog’n-Archiv

„Grundsätzlich sind wir erleichtert über die Äußerungen des Ministerpräsidenten und die damit verbundene Verschnaufpause, da wir und unsere Patienten auf jeden, also auch die ungeimpften Mitarbeiter, angewiesen sind“, kommentiert Christian Schmitz, Vorstand der Arberlandkliniken, Bayerns Initiative. Eine abschließende Bewertung sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich, da Ministerpräsident Söder lediglich von einer „de-facto-Aussetzung“ spreche. „Welche Aspekte ausgesetzt werden und zu welchem Zeitpunkt der Freistaat Bayern diese bundesgesetzliche Regelung dann doch umsetzt, ist noch nicht klar“, verdeutlicht Schmitz. „Damit wird es wohl auch in den nächsten Monaten Unruhe in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu diesem Thema geben. Eine klare Positionierung der Bundesregierung zur einrichtungsbezogenen und allgemeinen Impfpflicht würden wir daher begrüßen.“

Für eine gemeinsamen Stellungnahme haben sich neuerlich die Geschäftsleitung sowie der Betriebsrat der „Kliniken am Goldenen Steig“ in Person von Marcus Plaschke und Florian Habenberger entschieden. Beide betrachten die Entwicklung mit „einem lachendenden und einem weinenden Auge“. Das weinende Auge deshalb, weil ihnen der Schutz der Patienten und Mitarbeiter sehr am Herzen liege. „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht, in Kombination mit der im Anschluss folgenden allgemeinen Impfpflicht, hätte aus der Sicht der Wissenschaft und Medizin die größtmögliche Sicherheit geboten.“

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„Wünschen uns Brücken über den emotionalen Graben“

Das lachende Auge stehe für all diejenigen Kollegen, die im „Worst-Case-Szenario“ – sprich: bei einem Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte – die zusätzliche Arbeit der Freigestellten hätten mit übernehmen müssen. Insgesamt, so sind sich die beiden FRG-Kliniken-Vertreter einig, werden von dieser Entscheidung die vielen Pflegebedürftigen in allen betroffenen Sektoren profitieren, in denen die Personaldecke bereits jetzt sehr dünn ist. „Wir würden uns wünschen, dass über den in den vergangenen Monaten entstandenen emotionalen Graben wieder Brücken gebaut werden können, um wieder mehr Ruhe einkehren zu lassen.“

Dr. Inge Wolff, Vorstand des Donau-Isar Klinikums Deggendorf/Dingolfing-Landau, teilt gegenüber dem Hog’n mit: „Epidemiologisch ist es sinnvoll, wenn möglichst viele Menschen geimpft sind. Es ist aber nicht zielführend nur einen Berufszweig mit einer Impfplicht zu versehen. Daher halten wir die Aussetzung der Impflicht für vertretbar, bis die Problematik insgesamt geklärt ist.“

Stephan Hörhammer


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0 Kommentare “Söders Impfpflicht-Schwenk: „Ein lachendes und ein weinendes Auge“

  1. wie sagte doch der altehrwürdige Alte Fritz? Viel Feind, viel Ehr.
    Dass Söder der Lieblingsfeind der SPD ist, ist allgemein bekannt. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn es nicht so wäre. Aber die SPD hat ein kurzes Gedächtnis, wenn man bedenkt, wie – allen voran Frau Schlesig – immer wieder aus der Gemeinschaft ausgeschert war. Aber die SPD kennt nur 3 Worte: Ich, mein und SPD!

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