Neuschönau/Passau. Christopher Fenzl weiß, dass sein neuer Beruf mit allerhand negativen Vorurteilen behaftet ist. Dem 28-Jährigen ist auch bewusst, dass er ausschließlich Überbringer von schlechten Nachrichten ist, deren Empfang oft mit negativen Gefühlen quittiert wird. Dennoch hat sich der gebürtige Neuschönauer mit voller Überzeugung dafür entschieden, als Rechtsanwalt auf den Zwangsvollstrecker-Zug aufzuspringen. Seit Anfang des Jahres betreibt der Jung-Jurist im Stadtzentrum von Passau mit „Ultimo-Inkasso“ ein eigenes Inkasso-Büro – als Ein-Mann-Betrieb.
Bevor er auf sich, seine Ideen und Tätigkeiten eingeht, ist es Christopher Fenzl ein großes Anliegen mit eingangs erwähnten Klischees aufzuräumen. Mit Nachdruck versichert er dabei, dass sein Job längst nicht mehr dem antiquierten Bild eines Geldeintreibers entspricht. „Zwar bin auch ich nicht unbedingt von kleiner Statur. Aber die Zeiten, in denen ein Inkasso-Vorgang von Zwei-Meter-Kasten, die Angst und Schrecken verbreiten, durchgeführt wird, sind längst vorbei.“
Schon auf dem Fußballplatz als Mediator
Statt Angst und Schrecken zu verbreiten, sei es für einen Zwangsvollstrecker inzwischen maßgeblich empathische Fähigkeiten zu besitzen. Freilich, betont der 28-Jährige, ist letztlich der Gläubiger sein Kunde. Doch mittlerweile sei es immer wichtiger auch die Sicht des Schuldners zu verstehen, um letztlich einen erfolgreichen Abschluss eines Auftrages zu erreichen.
Der Neuschönauer versteht sich als Mediator – und das schon von Kindheit an. „Ich war immer schon der, der vermittelt hat. Haben wir früher beim Fußballspielen gestritten, war immer ich derjenige, der geschlichtet hat.“ Genau deshalb stand für Fenzl früh fest, dass er Rechtsanwalt werden möchte. Als es darum ging seine Fachrichtung festzulegen, erinnerte er sich abermals an seine Jugend-Zeit im Bayerischen Wald. „Es ging darum meine Fähigkeiten auszumachen. Dazu gehörte nach abgeschlossenen Studium der juristische Bereich, klar – aber auch der Umgang mit Menschen.“ Basierend auf dieser Selbsteinschätzung und mehreren Praktika bei Insolvenzverwaltern stand für ihn schließlich fest, dass er im Inkasso-Bereich tätig sein möchte.
„Es ist schon schwer, Fuß zu fassen“
Natürlich hätte er es sich relativ einfach machen können, indem er in irgendeinem größeren Unternehmen seine Karriere startet. Fenzl wollte jedoch seine Tätigkeit von der Pike auf lernen, weshalb er sich dazu entschlossen hatte, als Einzelkämpfer zu beginnen. „Ich möchte mir mein eigenes Fundament aufbauen, gesund wachsen – als Mensch und Betrieb.“ So war er zuletzt überwiegend damit beschäftigt, überhaupt einmal sich selbst und „Ultimo-Inkasso“ bekannt zu machen – über das Internet, mit Postwerbung, Flyern und Visitenkarten. „Es ist schon schwer Fuß zu fassen. Aber es wird langsam. Ich bin jetzt noch nicht überfordert, aber ein paar Aufträge habe ich schon“, berichtet er und lächelt.
Vor allem kleinere Handwerksbetriebe, Dienstleister, Vereine, Ärzte, Wirte, Therapeuten und auch Privatpersonen gehören zu seinen Mandanten. Dabei wird deutlich: Es gibt fast keinen Bereich innerhalb der Gesellschaft, in dem es keine zahlungsunfähigen Schuldner – freiwillige oder unfreiwillige – gibt. „Es ist traurig, aber: Offene Forderungen – gerade in Corona-Zeiten – werden immer mehr. Die Zahlungsmoral wird immer schlechter, da viele einfach nicht zahlen können, einige aber auch nicht wollen.“ Die Aufgabe von Christopher Fenzl ist es, genau diese Problemfälle anzupacken. Erst außergerichtlich, dann – bei keiner Einigung – vor Gericht, mit entsprechenden Vollstreckungsmitteln oder über das sog. „Langzeit-Inkasso“. Darunter versteht man die Begleitung der finanziellen Entwicklung von Zahlungsunfähigen bis sie wieder solvent sind – und ihre Rechnungen begleichen können.
„Psychologie und Menschlichkeit sind gefragt“
Es ist, das gibt Christopher Fenzl unumwunden zu, keine einfache Aufgabe, der er sich täglich stellt. Aber genau diese Herausforderungen sind es, die ihn reizen an seinem Beruf. Wichtig ist ihm dabei noch einmal zu betonen: „Wir Inkasso-Rechtsanwälte sind keine Kiez-Schläger-Typen. Unser Beruf wird längst positiver wahrgenommen. Psychologie und Menschlichkeit sind gefragt, nicht Drohgebärden oder Aggressivität.“
Helmut Weigerstorfer