Passau. Es ist Dezember. Weihnachten und der Jahreswechsel rücken näher. Die Coronavirus-Pandemie beschäftigt die Menschen auch in diesem Winter nach wie vor. Da ist es wohl logisch, dass andere Fragen etwas in den (gedanklichen wie medialen) Hintergrund rücken. Dazu gehört auch das Thema Klimawandel.
Während die Fridays-For-Future-Demonstrationen in den wärmeren Monaten in nahezu jeder deutschen Stadt regelmäßig stattgefunden haben, laden aktuelle Inzidenzen sowie Außentemperaturen im Minusbereich weniger dazu ein, den Freitag demonstrierend auf der Straße zu verbringen.
Aktivismus trotz Pandemie
Doch nur, weil die Demonstranten derzeit „leiser“ sind als noch im Sommer, hat sich die Problematik freilich nicht erledigt. „Die Klimaerwärmung macht nicht Halt. In Deutschland und weltweit muss noch viel mehr getan werden“, sagt Aylin-Claire Tosun. Die 23-jährige ist seit zwei Monaten bei Fridays For Future Passau aktiv. „Ich bin Mitglied des Arbeitskreises Pressearbeit und Social Media, wir kommunizieren mit Journalistinnen und Journalisten, setzen Pressemitteilungen auf und kreieren den Content für unsere Online-Kanäle. Prinzipiell ist bei FFF Passau aber jeder dazu eingeladen das zu machen, worauf er oder sie Lust hat – wir grenzen die Bereiche da nicht streng ab.“
Den Mitgliedern ist es ein Anliegen, immer wieder auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, Informationen zu teilen, neue Anhänger zu gewinnen und – wenn möglich – Demonstrationen zu organisieren. „Die Wahlen reichen nicht aus, um die Klimaerwärmung zu stoppen“, betont Aylin. Aus diesem Grund ist sie der Passauer Gruppe beigetreten. Freunde machten sie darauf aufmerksam. „Ich bin schon seit drei Jahren hier – heute frage ich mich, warum ich nicht schon viel früher zu FFF gekommen bin“, berichtet die European-Studies-Studentin.
„Derzeit gibt es um die dreißig Aktive. Bei Demos und anderen Veranstaltungen sind es natürlich weitaus mehr, sofern die Umstände es zulassen.“ Denn so sehr Aylin und ihre Mitstreiter auch hinter der Bewegung stehen, dürfe man die eigene Verantwortung und die Gefahr der Pandemie nicht vergessen: „Es wäre nicht richtig, aktuell Großdemonstrationen zu veranstalten – allein aus Solidarität“ Deshalb fände vieles gerade online statt. „Für das nächste Jahr haben wir schon eine Menge toller Aktionen geplant, da darf man gespannt bleiben“, blickt die junge Frau voraus.
Weltweites Problem mit regionaler Verantwortung
Das Pariser Klimaabkommen, die Einhaltung gesetzter Ziele sowie eine langfristige Energiewende betreffen Staaten und Länder weltweit. Dennoch gibt es Bereiche, die auch auf regionaler Ebene thematisiert werden müssen. In Passau entstand im Herbst das Klimacamp, bei dem Aktivisten unter anderem Bäume besetzten, um Lokalpolitiker auf sich und ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Im Rahmen der bevorstehenden Beschlüsse der Stadt wurden öffentliche Reden gehalten. Hintergrund waren die Abstimmungen zum Passauer Klimaschutzkonzept, welches von Fridays-For-Future-Anhängern mittlerweile zum „Klimaschmutzkonzept“ deklariert wurde, wie Aylin erklärt: „Die Stadt ist weniger ambitioniert als Deutschland, wenn man die Klimaziele betrachtet.“ Bis 2050 möchte Passau 88 Prozent der Treibhausgasemissionen reduzieren, heißt es.
„Das Problem muss global betrachtet und angegangen werden, doch das Passauer Konzept verdeutlicht, wie einzelne Kommunen, Bundesländer, Staaten und Kontinente mit Einzelentscheidungen ihren Beitrag leisten“, kritisiert die 23-Jährige. Zwar sei auch das Handeln jedes Einzelnen wichtig, Fridays For Future gehe es jedoch verstärkt darum, die Politik zu adressieren. „Auf Instagram teilen wir schon auch Posts mit Tipps zum individuellen Handeln. Generell fokussieren wir uns aber nicht auf individuelle Konsumkritik, sondern auf politische Handlungsfelder.“
Für Aylin ist es beeindruckend, wie stark sich Menschen weltweit einsetzen – und wie viel dadurch erreicht werden könne. Mit dieser Motivation setzt sich die FFF-Bewegung immer wieder ein – im Kleinen und im Großen. „Das Klimaschmutzkonzept fällt unter den regionalen Aktivismus, aber wir solidarisieren uns natürlich auch mit Fridays For Future Deutschland.“ Ein großes Thema sei derzeit die Lage in Lützerath, einem Ort in Nordrhein-Westfalen, der dem Braunkohle-Abbau weichen soll. Dabei hat die Bundesrepublik eigentlich den Ausstieg aus der Kohle bis spätestens 2038 beschlossen.
Online-Präsenz statt größerer Demonstrationen
Da die Pandemie größere Demonstrationen derzeit verhindert, müsse man verstärkt auf Online-Aktionen zurückgreifen. Die Arbeit des Social-Media-Teams beschreibt die Studentin dabei als sehr vielseitig: „Mal geht es um Inhalte auf Instagram, dann wieder um das Teilen von Informationen, um Einladungen zu Veranstaltungen oder um Kommunikation mit Interessenten und Interessentinnen.“ Besondere Vorerfahrungen benötigten die Mitglieder übrigens nicht – immer wieder gebe es „Skill Shares“, also Online-Seminare zum Erlernen des Verfassens von Pressemitteilungen, der Arbeit mit bestimmter Software für die Social-Media-Kanäle und vieles mehr.
„Es muss niemand ein Profi sein, um bei uns mitzumachen“, betont Aylin-Claire Tosun. Viel wichtiger sei es, für das Thema Klimaschutz „zu brennen“ und Spaß am gemeinsamen Arbeiten zu haben. Damit so schnell wie möglich wieder Präsenzveranstaltungen stattfinden können, bei denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das gemeinsame Ziel einstehen.
Malin Schmidt-Ott