Wenn im Spätsommer die Ernte eingebracht auch das Grummet schon einige Zeit im Heustock lag, wurden die Kühe auf die Weide getrieben. Den Sommer über waren diese zähen und ruhigen Tiere auf den kleinen Bauernsacherln im Bayerischen Wald als Zugtiere eingesetzt und vor Wagen, Pflug und Egge gespannt. Die Milchausbeute war in dieser Zeit entsprechend gering. Jetzt aber, auf der Herbstweide, bei viel gutem Gras und ohne Arbeit, konnten einige Liter Milch mehr gemolken werden. Diesen Überschuss hat die Bäuerin eingelagert und konserviert, damit im Winter und im Frühjahr, wenn das Heu für die Kühe schon häufig knapp wurde, genug Suppe für die Familie im Haus war.
Rosinen zur Gär-Beschleunigung
Die Hirgstsuppe hat dann die „koide Suppn“, die in den Sommermonaten auf den Tisch kam (im Wolfsteiner Land hieß dieses Sauermilchgericht „Seijbean“), im Herbst abgelöst.
Die Herbstmilch (oder Hirgstsuppe) wurde in eigens dafür vom Kandlbinder (Böttcher) angefertigten Milchkübeln gesammelt. Im Bayerischen Wald nannte man diese konischen Holzeimer mit zwei Handhaben „Sechter“ oder „Zeeger“. Diese Behälter fassten zehn bis 15 Liter Milch und hatten einen Holzdeckel, damit keine „Schwoom oder Floing“ hineinfielen.
Die Bäuerin hat diese Hirgstmil angesetzt, d. h. sie schüttete sauere („zammg’schdandne“) Milch in den Bottich, welche nach einiger Zeit zu gären begann. Dann wurde täglich saure Milch hinzugefügt. Um die Gärung zu beschleunigen, wurden einige getrocknete Rosinen („Weibirl“) dazugegeben. Die wässerige Flüssigkeit, die sich oben absetzte, musste täglich sorgfältig abgeschöpft werden.
Hatte die saure Milch dann die richtige Konsistenz und Würze erreicht, kam sie – je nach Bedarf – in den Kochtopf. Sie wurde mit Wasser vermischt, aufgekocht, gewürzt und dann mit gekochten Erdäpfeln oder eingebrocktem Brot gegessen. Wo man es sich leisten konnte, wurde noch etwas Rahm dazugegeben. Diese kräftige „Hirgstsuppn“ kam dann morgens und abends auf den Tisch.
Entweder man liebt sie – oder nicht
Beim Geschmack dieses doch recht rustikalen Gerichts gehen die Meinungen weit auseinander. Der Tenor: Entweder man liebt diese Suppe – oder man denkt mit Grausen daran zurück.
von Heimatkundler Max Raab