Mitterfirmiansreut/ FRG. Während sich das Skizentrum Mitterdorf darauf vorbereitet, noch in dieser Woche in die neue Saison zu starten, denken die Verantwortlichen an der Spitze des Zweckverbandes bereits in die Zukunft: Sie wollen das Skizentrum erweitern und erneuern. Es gibt Pläne, am Großen Almberg einen 6er-Sessellift zu bauen, die Piste zu vergrößern und das Gebiet auch im Sommer zu nutzen. Investitionssumme: Rund 20 Millionen Euro. Bisher war von 12,6 Millionen die Rede, kurz vor der am heutigen Montag stattfindenden Kreistagssitzung hat der Zweckverband seine Pläne noch einmal erweitert. Die Kreisräte sollen nun über die Pläne abstimmen. Doch es gibt auch kritische Stimmen: Die Grünen-Fraktion, speziell der im Herbst neu gegründete Ortsverband Wolfsteiner Wald pocht darauf, das Vorhaben noch einmal genau zu prüfen.

Nachhaltigen Tourismus fördern: Das hat sich der Grünen-Ortsverband Wolfsteiner Wald auf die Fahnen geschrieben. Es ist eines der Ziele, das die kleine Gruppe rund um Alex Rohde aus Bischofsreut verfolgen möchte.
Sinnvolle Investition oder Steuergeldverschwendung?
Die Pläne des Skizentrums Mitterdorf, einen 6er-Sessellift zu bauen, hat Rohde daher ganz genau unter die Lupe genommen. Und er ist nicht ganz einverstanden mit dem, was in den ersten Planungsentwürfen zu lesen ist. Er plädiert dafür, die Entscheidung zu vertagen, bis konkrete Gutachten zur Klimaerwärmung und der Auswirkung auf schneesichere Winter im Bayerischen Wald vorliegen. Erst dann könne man die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens konkret bewerten und eine Entscheidung treffen.

Auch Bayerns Grünen-Landesvorsitzender Thomas von Sarnowski hat sich inzwischen zu dem Thema geäußert. Auf Twitter hat er die Stellungnahme von Alex Rohde geteilt und schreibt dazu: „Schuldenberg statt Schneeberg? Das muss verhindert werden. Statt mit vollem Risiko Millionen Steuergelder einseitig auf mehr Skibetrieb zu verwetten, muss ein Konzept für eine ganzjährige, naturverträgliche Nutzung her. Die Zukunft des Tourismus ist der sanfte Tourismus.“
Was genau plant das Skizentrum? Der Sessellift am Großen Almberg ist in die Jahre gekommen, die Sessellift-Stützen sind zudem sehr windanfällig. Deshalb will man diesen Lift abbauen und stattdessen einen 6er-Sessellift installieren. Zudem soll laut Geschäftsführer Bernhard Hain die Beschneiungsanlage optimiert und ein Holzthemenweg geschaffen werden. Zunächst war die Rede von 12,6 Millionen Euro, die investiert werden sollen. Am Montag wird im Kreistag aber über eine weitaus höhere Summe von rund 20 Millionen entschieden: Denn der Zweckverband hat rechtzeitig vor der Sitzung seine Pläne konkretisiert und erweitert.
Sommernutzung: Flyline und Canopy-Tours
„Im Skizentrum Mitterdorf ist seit Jahrzehnten ein reiner Winterbetrieb von Dezember bis März üblich. Der Zweckverband steht jedoch – so wie zahlreiche touristische Betriebe – vor der Herausforderung, dass Saisonkräfte für drei bis vier Monate vor allem in der benötigten Anzahl nur schwer zu bekommen sind. Zudem wäre es für die Gemeinde und die gesamte Region wünschenswert und ein weiteres attraktives Angebot, wenn es – zumindest in Teilen des Areals – auch eine Sommernutzung sowohl für Einheimische als auch Touristen gibt“, erklärt dazu Hain auf Hog’n-Nachfrage.

Die Pläne des Skizentrums sehen daher zwei Attraktionen für den Sommer vor: Eine sogenannte Flyline und Canopy-Touren. Beides funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip: Man hängt in einem Gurtsystem und rutscht – wie beim aus verschiedenen Kletterwäldern bekannten „Flying Fox“ – an einem Rohr beziehungsweise einem Stahlseil entlang den Berg hinunter: Man „fliegt“ dabei quasi durch die Luft.
Wo genau „Flyline“ und „Canopy Tour“ gebaut werden sollen, steht laut Bernhard Hain noch nicht fest. Dass die Investitionssumme in den aktualisierten Planungen höher ausfällt, liegt ihm zufolge aber nicht nur an diesen Planungen, sondern auch daran, dass man neben dem Großen Almberg auch den Lift am Kleinen Almberg umwandeln möchte: „Hier könnte es eine Sesselbahn geben“, erläutert Hain. Dadurch erhalte man gewissermaßen eine kleine Skischaukel mit zwei Sesselliften.
Hohe Fördersumme nur noch bis Ende des Jahres
Noch bis Ende dieses Jahres läuft eine Richtlinie des Freistaates Bayern zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten. Fördergelder sollen es Skigebieten wie Mitterdorf ermöglichen, konkurrenzfähig zu bleiben. Genau aus diesem Grund will Geschäftsführer Hain noch in diesem Jahr die Zusage des Kreistages für eine Modernisierung des Skizentrums einholen: Damit er die Gelder noch rechtzeitig beantragen kann. Die Rede ist von bis zu dreißig Prozent Förderung durch den Freistaat. Das wäre bei geschätzten Kosten in Höhe von 20 Millionen Euro eine stattliche Summe.

Kann jedoch die Entscheidung aufgrund von Grobplanungen überhaupt getroffen werden? Das fragt sich Alex Rohde. In einem Positionspapier hat er seine Einwände aufgezählt, im Kreistag wollen die Grünen diese vorbringen, bevor die Abstimmung stattfindet.
Rohde betont darin, dass Tourismus auch in seinen Augen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region sei. „Aber er muss umweltverträglich gestaltet sein“, sagt der Grüne. Dass für den Neubau einer 6er-Sesselbahn über 11.000 Quadratmeter Wald gerodet und für mehr Fläche auch mehr Kunstschnee produziert werden müsse, kritisiert er.
Klimawandel: Wird er richtig eingerechnet?
Am meisten jedoch stört ihn die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Projektes. Ein Großteil der Investitionssumme wird für die Sesselbahnen am Großen und Kleinen Almberg eingeplant – und damit für die Winternutzung des Skigebietes. Der Klimawandel wurde dabei nach Rohdes Ansicht zu wenig berücksichtigt: „Es wurden weder Vergleichsdaten aus anderen deutschen Mittelgebirgen einbezogen, noch wurden aktuelle Modelle zum Klimawandel als Grundlage genutzt“, schreibt er in seinem Positionspapier.

In den Grobplanungen geht das Skizentrum Mitterdorf davon aus, dass aufgrund der Erneuerungen rund 10.000 zusätzliche Besucher zu erwarten seien. „Erst ab dem 13. Betriebsjahr gebe es ein moderates Abschmelzen der Besucherzahlen aufgrund von Klimaveränderungen“, schreibt Rohde. Und weiter heißt es: „Die angenommene Zeitlinie von 13 Jahren entbehrt jedweden wissenschaftlichen Betrachtungen.“ Rohde befürchtet, dass der Klimawandel viel schneller voranschreiten und in Mitterdorf nicht mehr drei Monate lang genug Schnee zum Skifahren da sein wird. „Wenn man jetzt Millionen investiert und am Ende ist das Ganze kaum mehr nutzbar, dann hat keiner etwas davon.“
Sommernutzung naturverträglich gestalten
Abhilfe schaffen könnte hier eine sinnvolle Sommernutzung der Lifte. Dazu haben die Grünen ebenfalls Anmerkungen: „Was mir fehlt, ist ein schlüssiges Gesamtkonzept.“ Statt neue Attraktionen wie Flyline und Canopytours zu bauen, plädiert er für eine Sommernutzung der bestehenden Lifte: „So wie beispielsweise am Geißkopf. Das wäre gewinnbringend für jeden“, ist Alex Rohde überzeugt. Sportlern zu ermöglichen, ihre Leidenschaft naturverträglich auszuüben – das würde er sich wünschen. Dazu wäre in seinen Augen beispielsweise auch eine klare Beschilderung geeigneter Wege und Strecken für Radfahrer dringend nötig.

Bernhard Hain sagt dazu gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n, dass eine Mountainbike-Downhill-Nutzung aufgrund bereits geführter Gespräche im Hinblick auf den Naturschutz nicht geplant sei. Bei den weiteren Planungen stimme man sich vor allem mit den Grundbesitzern, den Bayerischen Staatsforsten sowie den behördlich zuständigen Fachstellen ab. „Wichtig ist den Entscheidungsträgern, dass es ein stimmiges Konzept wird, das sowohl von den Grundbesitzern und der örtlichen Bevölkerung mitgetragen wird, aber auch den wirtschaftlichen Aspekten Rechnung trägt. Aufgrund der besonderen Lage ist selbstverständlich und im Besonderen auf die Naturverträglichkeit zu achten.“
Nachbesserungen später noch möglich?
Grünen-Ortsvorsitzender Rohde befürchtet, dass Nachbesserungen an den Planungen nicht mehr erfolgen würden, sobald der Kreistag grünes Licht gegeben hat. Bernhard Hain betont jedoch, dass es sich momentan lediglich um Grobplanungen handle: „Die notwendigen Behördenverfahren, Einholung von Gutachten etc. würden parallel zur Antragstellung eingeleitet“, teilt der Skigebiets-Geschäftsführer mit. In der Kreistagssitzung gehe es zunächst um einen Grundsatzbeschluss, um die Fördergelder beantragen zu können.
Sabine Simon