Waldkirchen. Angelo Casaccio hat in der zurückliegenden Nacht kein Auge zugemacht, so sehr haben ihm diese Ereignisse zu schaffen gemacht. Am Abend zuvor hatte eine ihm bekannte Kundschaft seine Pizzeria Unico im Stadtkern von Waldkirchen betreten. Ohne Maske. „Und auf Nachfrage auch ohne einen 2G-Nachweis“, berichtet der 59-jährige Gastronom im Hog’n-Gespräch. Den aktuellen Corona-Beschränkungen folgend wies der Deutsch-Italiener die Dame darauf hin, dass sie das Lokal verlassen müsse. Es folgte die totale Eskalation, die sogar einen kleinen Polizeieinsatz zur Folge hatte.
„Die Frau hat sich aufgeführt wie die Königin von Waldkirchen“, blickt Angelo Casaccio mit einer ordentlichen Portion Ironie zurück. Seine Art, um die Geschehnisse zu verdauen. Mit vor Wut funkelnden Augen polterte die Frau, dass sie grundsätzlich gegen Impfungen und allgemein das Coronavirus gar nicht so schlimm sei, wie überall berichtet wird. „Sie hat dann regelrecht randaliert, eine Kerze zerbrochen, eine Deko-Ananas vom Tisch gefegt“, erinnert sich der Vollblut-Wirt. „Ich bin ganz ruhig geblieben und konnte die Lage somit etwas entspannen.“
Worte, die zum Nachdenken anregen sollen
Doch Casaccio wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Handelte intuitiv. Erst mit etwas Abstand wurde ihm die tatsächliche Tragweite dieses Vorfalls bewusst. „Menschen, die sich eigentlich gut verstehen, werden derzeit durch die Corona-Regeln auseinandergebracht. Und das so sogar soweit, dass nur ein Streit übrigbleibt“, stellt er ernüchtert fest. Leidtragende seien nicht nur langjährige Freundschaften, sondern auch viele Berufssparten – wie eben die Wirte.
Deshalb hat sich Angelo Casaccio dazu entschlossen, folgende Gedanken öffentlich bei Facebook zu posten. Sie sollen, so der 59-Jährige, zum Nachdenken anregen:
„Glaubt mir, für uns Gastronomen ist es nicht leicht, unseren Gästen sagen zu müssen: Wenn du keine Impfung oder Test hast, kannst du nicht da bleiben. Das bricht uns das Herz. Viele Kundschaften sind gleichzeitig Freunde. Wir reden über Gott und die Welt, wir lachen und wir weinen auch zusammen in bestimmten Situationen. Und allen meinen Gastronomie-Kollegen geht es bestimmt nicht anders. In diesen Zeiten ist es sehr schwierig, ein Hotel, Restaurant oder Pilspub zu betreiben. Auf der einen Seite muss man sich oft anhören, in Waldkirchen sei nichts los. Auf der anderen Seite werden wir Gastronomen und der wichtigste Mann in Waldkirchen, der Bürgermeister, beschimpft wegen Gesetzen, die wir nicht gemacht haben. Es darf sich deshalb keiner wundern, wenn der ein oder andere Wirt keine Kraft mehr hat und aufgibt. Ich aber werde bestimmt nicht aufgeben.
Zumachen? „Das kann ich meinen Gästen nicht antun“
Mein Freund aus Jandelsbrunn, Reinhold Schaeffl, der ebenfalls Gastronom ist, hat die Entwicklung vorausgesehen und macht deswegen jetzt eine Pause. Auch ich hatte ähnliche Gedankengänge. Einfach zumachen, bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Aber das kann ich meinen Gästen einfach nicht antun. Ich werde versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Noch einmal: Wir Gastronomen, Einzelhändler, Metzgerei usw. können nix dafür, dass es gewisse Beschränkungen gibt. Und dennoch müssen wir uns beschimpfen lassen. Und das ist sehr, sehr traurig. Man darf nicht vergessen, dass zum zweiten Mal das wichtigste Geschäft des Jahres vor Weihnachten wegbricht. 2021 komplett, heuer in großen Teilen. Nichtsdestotrotz wünsche ich Euch allen allzeit ein gesundes Leben und eine schöne Vorweihnachts-Zeit.“
Helmut Weigerstorfer