Passau/ Niederbayern. 700 Besucher bei „Dicht & Ergreifend“ in Dingolfing. 40 bei Sarah Lesch in Eggenfelden. „Grundsätzlich sind wir ganz zufrieden“, zieht Marlies Resch, Geschäftsführerin des Passauer Konzertveranstalters und gleichnamigen Live-Clubs Zauberberg, Bilanz in Sachen „Kultur-Express„. Die rollende, 60 Quadratmeter große Bühne tourte von Juli bis Oktober durch Niederbayern: Elf Stationen, insgesamt 40 Veranstaltungstage, im Schnitt kamen rund 150 Gäste zu den Konzerten. Ob es im nächsten Jahr eine Fortsetzung geben wird? Ja, aber anders.
„Man kann sich das Ganze als wandernden Kulturbiergarten mit Livemusik vorstellen“, wird Marlies Resch im Vorfeld der Kulturmobil-Tour auf der Zauberberg-Website zitiert. Vor der Bühne die Konzertbesucher in festen Sitzgruppen, meist auf Biergarnituren verteilt. Die Getränke werden an die Tische geliefert. Und auf der Bühne geht die Post – soweit möglich. Die Open-Air-Veranstaltungen sollten den lange ersehnten Neustart für die lange Zeit brachliegende Livekultur- und Eventbranche darstellen.
Fördermittel machten den Kultur-Express möglich
Als Reaktion auf die anhaltende Pandemie und deren negative Auswirkungen auf die Kunst- und Kulturszene hatte der Zauberberg Passau die corona-konforme Veranstaltungsreihe unter freiem Himmel geplant. Bekannte Live-Acts aus der Pop-, Rock- und Hiphopszene wie Django 3000, Bbou und Kadavar sollten für gewohnte, prä-coronatische Stimmung auf und vor der Bühne sorgen – und insbesondere auch (regionalen) Nachwuchskünstlern öffentlichen Raum für ihr Schaffen zur Verfügung stellen.
Möglich gemacht wurde das Ganze mittels Fördergeldern. Dadurch konnte sich der Zauberberg Passau eine mobile Bühne für die Freiluft-Veranstaltungen anschaffen. Aufgrund der Pandemie blieben Clubs und Discotheken bekanntermaßen über etliche Monate hinweg geschlossen. „Mit kreativen und zugleich verantwortungsvollen Ideen und Konzepten kann es gelingen, Musikerinnen und Musiker mit ihrem Publikum wieder unmittelbar und zugleich sicher zusammenzubringen“, zeigte sich auch Kunstminister Bernd Sibler im Voraus begeistert vom Konzept der Zauberberg-Macher.
Knapp 100.000 Euro gab es an Fördermitteln aus dem Bundes-Topf “Neustart Kultur” bzw. dem Förderprogramm „Pandemiebedingte Investitionen„. Hinzu kamen nochmals 10.000 Euro vom Bezirk Niederbayern sowie rund 20.000 Euro von den teilnehmenden Kommunen, in denen der Kultur-Express Halt machte. Das finanzielle Risiko fiel eher gering aus, wie Marlies Resch auf Hog’n-Nachfrage berichtet. „Die Förderung hat inkludiert, dass wir zu einem gewissen Prozentsatz einen gewissen Ertrag erwirtschaften müssen. Uns selbst wird aufgrund des hohen Personalaufwands für Aufbau und Corona-Management am Ende ein eher überschaubarer Betrag übrig bleiben.“
„Gott sei Dank macht’s wenigstens ihr was!“
Passau, Plattling, Neuhaus am Inn, Perlesreut, Dingolfing, Deggendorf, Vilshofen, Hauzenberg, Regen, Eggenfelden und Passau lauteten die Stationen der Wanderbühne, auf der sich unter anderem Nino aus Wien, Moop Mama, Karin Rabhansel, Voodoo Jürgens, Claudia Koreck und viele weitere Künstler ihr Stelldichein gegeben haben.
„Das Wetter hat immer eine große Rolle gespielt“, erklärt die 33-Jährige. „Der Sommer an sich war da nicht so gut; der Herbst eigentlich schon, aber die Temperaturen zuletzt eben auch schon relativ frisch.“ Auch die den Großteil des Sommers über herrschenden Corona-Auflagen taten ihr Übriges. „Wenn die Lockerungen eher gekommen wären, sprich: dass man sich draußen wieder ganz normal ohne Maske bewegen und zur Musik vor der Bühne hätte tanzen können, hätte die Sache anders ausgeschaut“, ist Marlies Resch in punkto potenzielle Publikumsfrequenz überzeugt.
Sie und ihre Crew hätten häufig Feedback folgender Couleur erhalten: „Wir würden gerne kommen, aber unter diesen Umständen, dass man sich draußen im Freien mit Maske bewegen oder während des Konzerts am Platz sitzen bleiben muss – das ist einfach nur bescheuert.“ Es habe das tatsächliche Konzert-Erlebnis gefehlt, sagt die Geschäftsführerin. „Es geht bei einer Live-Veranstaltung nicht nur darum, dass man zusieht und zuhört, sondern dass man das Dargebotene mit dem ganzen Körper spürt. Wir mussten den Gästen jedoch immerzu sagen: Ihr müsst leider sitzen bleiben!“
Von denjenigen, die am Ende doch vorbeischauten und ein Ticket kauften, hätten sich jedoch alle sehr über den Live-Act gefreut, wie Marlies Resch betont: „Die einhellige Meinung lautete: Gott sei Dank macht’s wenigstens ihr was.“ Auch die Rückmeldungen der Bürgermeister in den jeweiligen Veranstaltungsorten sei überaus positiv und mit großer Dankbarkeit verbunden gewesen. Und auch wenn es sich aus wirtschaftlicher Sicht nicht wirklich rentiert hatte, bleibt am Ende ein positives Resümee: „Wir sind überall mit offenen Armen empfangen worden – und es sind viele neue Zauberberg-Fans hinzugekommen. Vor allem die Musiker waren durchwegs begeistert, dass sie wieder einmal auf der Bühne stehen dürfen – insbesondere auch die Nachwuchsbands, die auf so einer großen Open-Air-Stage auftreten durften.“
„Wir werden wieder viel draußen machen“
Die mobile Kulturbühne wird nun eingewintert. Ab sofort geht’s „indoor“ im Passauer Live-Club „Zauberberg“ im Franz-Stockbauer-Weg weiter. Doch auch hier gibt es ein Problem, wie Marlies Resch erklärt: Viele bekanntere Bands aus dem Bundesgebiet, die eine größere Tour geplant haben, hätten ihre Auftritte für die Herbst- und Wintersaison bereits abgesagt. Der Grund: „Die Touren sind teils nicht durchführbar, weil jedes Bundesland andere Regelungen hat – und einige dabei sind, in denen nach wie vor kein Konzert mit Vollauslastung stattfinden kann.“
Bayern etwa könne aufgrund der 3G-plus-Regelung Veranstaltungen mit Vollauslastung durchführen, andere Länder jedoch noch nicht. Somit falle der Standort Passau für größere Live-Acts, die kostentechnisch auf Anschlussgigs angewiesen sind, von Vornherein flach. „Wir bekommen das Programm in den kommenden Wochen und Monaten zwar voll, aber bekanntere Bands sind verglichen zu den Vorjahren eher weniger dabei.“
Die Frage, ob der Kultur-Express im nächsten Sommer wieder durch Niederbayern rollen wird, beantwortet die 33-Jährige wie folgt: „Wir werden ihn nicht mehr in diesem krassen Umfang starten lassen, werden aber auf alle Fälle wieder viel draußen machen.“ Wie zum Beispiel das von langer Hand geplante und bereits mehrmals verschobene Zauberberg-Open-Air in Perlesreut. Das überregional bekannte Rosa-Laub-Festival wird’s auch wieder geben. Generell von Bedeutung ist den Veranstaltern dabei vor allem eines: „Wir wollen die heimische Szene fördern.“ Das heißt, dass die mobile Bühne, die seit diesem Sommer zum Zauberberg-Inventar zählt, auch von anderen Kulturschaffenden angeheuert werden kann. „Denn dafür ist sie ja da. Wir wollen, dass in unserer Region vieles möglich gemacht wird.“
Stephan Hörhammer