Passau. Das Thema ist seit Wochen in aller Munde, mittlerweile hat es die Passauer Petition „Pro Choice“ gegen das Abtreibungsverbot am städtischen Klinikum (da Hog’n berichtete) sogar in überregionale Medien geschafft: Die taz spricht von der Petition der Woche. Nachdem auf mehrmaliges Nachfragen des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung zunächst nicht, dann nur ausweichend reagiert wurde, stellte auch das Onlinemagazin da Hog‘n eine Medienanfrage an Oberbürgermeister Jürgen Dupper.

„Die Verantwortung liegt derzeit bei den politischen Entscheidungsträgern. Der Oberbürgermeister kann diese Angelegenheit nicht zur Gewissensentscheidung des Klinikpersonals erklären, solange der Stadtrat die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen am Klinikum blockiert. Wir brauchen ein klares Signal von der Stadt als Trägerin des Klinikums, dass ein entsprechendes Angebot dort gewollt ist.“ Foto: BfsS
Die Bitte: unter anderem eine nachvollziehbare Stellungnahme zur Frage, wieso trotz der hohen Anzahl an Unterstützern – bis dato haben mehr als 3.700 Bürger die Petition unterzeichnet, davon allein 1.500 aus Passau (Stand: 05.10.21) – immer noch keine Anstalten gemacht werden, etwas an der Situation zu ändern. Die Einlassung, die sowohl das Magazin als auch die Verantwortlichen des Bündnisses in (wortgleicher) Textform erhielten, lässt eher Fragen offen, statt sie zu beantworten (zur Stellungnahme).
Trotz Konfrontation vor Ort: Die Kommunikation bleibt schwierig
Aus diesem Grund nahmen die Mitglieder des Bündnisses, darunter auch Pressesprecherinnen Susanna Lindlein, Henriette Gremm und Sara Köhl, am vergangenen Montag an der Stadtratssitzung teil – in der Hoffnung, endlich in einen (beidseitigen) Dialog treten zu können. Die zuvor ausgesandte Rückmeldung seitens des Oberbürgermeisters wertete Lindlein wie folgt: „Das zeigt uns, dass anscheinend keine Anstrengungen unternommen wurden, individuell auf Fragen einzugehen.“ Des Weiteren handele es sich nicht einmal um eine wirkliche Stellungnahme, wie Sara Köhl beipflichtet: „Die Statements sind schwammig und beantworten keine der gestellten Fragen wirklich.“
Fragen, die sich mittlerweile immer mehr Bürgerinnen und Bürger stellen: Wieso werden die veralteten Abstimmungen nach wie vor nicht überarbeitet? Wieso wird es Menschen mit Uterus im Jahr 2021 immer noch so schwer gemacht, selbst über ihren Körper zu bestimmen und einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen? Dies wollte man nun in Stadtratssitzung in Erfahrung bringen.
Außerdem stellten die Pressesprecherinnen des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung dem Oberbürgermeister die Frage, wann man mit einem persönlichen Gespräch denn endlich rechnen könne. „Wir möchten eine gemeinsame Lösung finden“, betont Susanna Lindlein zum wiederholten Male. „Das geht aber nur, wenn man auch mit uns spricht“, ergänzt Henriette Gremm.
Doch das schien selbst bei persönlichem Erscheinen schwer zu sein: „Zunächst antwortete Herr Dupper nur sehr ausweichend und wies auf die E-Mail hin, die man uns hat zukommen lassen.“ Erst nach mehrmaligem Nachhaken stimmte er am Montag einem persönlichen Gespräch zu. Ein Sieg, wenn auch nur ein kleiner: „Wir freuen uns sehr auf das Gespräch, welches hoffentlich bald stattfinden wird“, kommentiert Sara Köhl. Schließlich warten die Initiatorinnen der Petition seit rund sieben Wochen darauf, dass der Passauer OB auf die Forderungen reagiert – seit einem knappen Jahr hofft man bereits auf einen Dialog. Daher fühle sich das Bündnis nicht ernst genommen.
Übernahme der Verantwortung? Fehlanzeige!
Doch das Vorgehen Duppers passe auch so gar nicht zu der Linie seiner Partei, der SPD. Die Zahlen der Unterschriften sprechen für sich, da ist sich Susanna Lindlein sicher: „Es handelt sich um ein demokratisches Anliegen, spätestens am Montag hätte man hier bestens darauf eingehen können.“ Bereits mehr als 1.500 Passauerinnen und Passauer unterstützen mit ihrer Unterschrift den Wunsch nach einer Änderung der aktuellen Versorgungslage. Und es werden immer mehr, wie Henriette Gremm hervorhebt: „Derzeit stehen wir zwei Mal die Woche in der Fußgängerzone und sammeln weiter Unterschriften. Im Schnitt sind es 200 neue pro Aktionstag.“

„Wir freuen uns über das Gesprächsangebot des Oberbürgermeisters.“ Im Bild: Jürgen Dupper. Foto: Stadt Passau
Es scheint fast, als wolle man sich in der Dreiflüssestadt nicht groß mit dem Thema auseinander setzen. Die Verantwortung wird hin und her geschoben. Bei der Stadtratssitzung habe der Bürgermeister explizit behauptet, das Gremium wolle sich nicht in die Angelegenheiten des Krankenhauses einmischen. Dabei war es ein Teil genau dieses Gremiums, der die Abstimmungen in den Jahren 1998 und 2007 beschlossen hatte. „Als wir im städtischen Klinikum nachgefragt haben, teilte man uns mit, ihnen seien die Hände gebunden“, berichtet Sara Köhl. „Ist ja auch klar, es gab die beiden Abstimmungen im Werksausschuss, deshalb unternimmt das Klinikum auch keine Anstrengungen, die Situation zu ändern, da die politische Rückendeckung fehlt.“
Aus Sicht des Bündnisses ist das Verhalten von Stadtrat und Bürgermeister ein klares Zeichen: „Herr Dupper geht weder auf uns noch auf die Bürger seiner Stadt ein. Auch an den wöchentlichen Info-Ständen reagieren die Leute schockiert und überrascht über die Lage – genau deshalb sollte sich der Oberbürgermeister damit auseinandersetzen.“ Trotz aller Anstrengungen und dem sich wiederholenden Vertrösten seitens der Politik: Das Bündnis will standhaft und optimistisch bleiben. „Wir sind offen für einen Dialog mit allen Beteiligten, schließlich möchten wir möglichst bald eine gemeinsame Lösung finden.“
Malin Schmidt-Ott
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