Passau. Es ist ein ungewöhnlicher Ort für ein Festival: Während Veranstaltungen dieser Art meist auf alten Flugplätzen, leerstehenden Grundstücken oder in ehemaligen Fabrikhallen stattfinden, gehören (ehemalige) Kirchen wohl eher nicht zu den Standard-Locations für (nicht-sakrale) Konzerte. Das ehemalige Kloster Bergfried, dessen Gebäude seit langem leer steht, soll nun genau dafür genutzt werden – und wird zum Schauplatz eines mehrtägigen Festivals im Oktober dieses Jahres.
„Meine Großeltern wohnen ganz in der Nähe der früheren Kirche“, erzählt Julia Willeitner. Die 27-Jährige verbindet eine Menge Erinnerungen mit der Örtlichkeit. Bereits als Kind faszinierte sie das altehrwürdige Gemäuer. „Dadurch, dass das Kloster Bergfried schon so lange nicht mehr existiert, verfällt das Gebäude automatisch“, sagt sie. Dem möchte sie nun entgegen wirken.
„Wir freuen uns riesig“
Unternehmer Heinz-Hermann Thiele, dem das Grundstück bis zu seinem Tod gehört hatte, nutzte das Areal mit der zugehörigen Kirche nicht, weshalb Julia Willeitner den Kontakt zu ihm suchte: „Ich habe ihm bereits im April vorgeschlagen, etwas daraus zu machen.“ Die Idee, den Platz für Kulturveranstaltungen zu nutzen, überzeugte ihn – und so setzte sich der Vertreter des Inhabers, der für die Immobilien der Familie zuständig ist, bereits nach zwei Wochen mit Cellistin Julia in Verbindung.
„In meiner Kindheit habe ich hier musiziert, damals war das Kloster noch bewohnt“, erinnert sich die gebürtige Passauerin. Die Familienmitglieder des im Februar 2021 verstorbenen Unternehmers, in deren Besitz das Anwesen mit seinem Tod überging, waren ebenfalls sofort überzeugt von den Plänen der Musikerin. „Wir freuen uns riesig, dass wir das Projekt noch dieses Jahr umsetzen können“, blickt die 27-Jährige nach vorne.
Von Ausstellungen zur Musik, von Barock zu Latinoklängen
„Wir“, das ist ein Team aus mehreren Künstlern und Künstlerinnen, das für die Planung des Festivals zuständig ist. Gemeinsam mit ihrem Freund und Musikpartner Danilo Cabaluz kümmert sie sich um das Konzept. „Es wird verschiedene Ausstellungen geben, neben mehreren Live-Konzerten werden auch Vorträge gehalten – und es wird auch ein Film zu sehen sein.“ Abena Bauer, eine Bekannte von Julia Willeitners Bruder, gestaltet Flyer und Plakate, während sich der Passauer Jonas Beck um die Technik vor Ort kümmert. „Ich hoffe sehr, dass der Bergfried in Zukunft ganzjährig genutzt werden kann – zum Beispiel für Workshops, Veranstaltungen und mehr“, berichtet die junge Frau, die am Salzburger Mozarteum studiert hat.
Damit die Veranstalter genügend Vorlauf haben, entschieden sie sich dafür, das „Kick-Off-Event“, wie die Auftaktveranstaltung auf Neu-Deutsch heute bezeichnet wird, im Oktober stattfinden zu lassen. Dabei wird zunächst ein dreitägiges Kultur-Programm geboten. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler beschreibt die Initiatorin mit dem Begriff „Domino-Effekt“: „Anfangs fragten wir bekannte Kulturschaffende aus Passau an, die wiederum weitere Bekannte vorgeschlagen haben.“
Und so entstand eine bunte Mischung Mitwirkender jeden Alters und aus unterschiedlichen Bereichen. „Die kulturelle Vielfalt ist ein wichtiger Aspekt“, betont Julia Willeitner. „Im Bereich Musik haben wir beispielsweise verschiedenste Richtungen – von Barock über bayerische oder auch lateinamerikanische Volksmusik – auf dem Plan.“
3G und Gastronomie – an alles ist gedacht
Außerdem können Besucherinnen und Besucher sich mit Getränken und einem Imbiss stärken. Sandra Habermann, Inhaberin der Schafschänke in Neuhaus am Inn, versorgt die Gäste mit allerlei Köstlichkeiten. Um die Sicherheit aller zu gewährleisten, gelten besondere Schutzmaßnahmen: „Auch, wenn es zwischenzeitlich Lockerungen gab, halten wir uns an die 3G-Regel.“ Alle Gäste müssen also geimpft, genesen oder getestet sein. Außerdem sind die Tickets nur in begrenzter Zahl vorhanden, damit Mindestabstände eingehalten werden können. Für Julia Willeitner geht mit der Reaktivierung des Bergfrieds ein kleiner Traum in Erfüllung: „Ich bin glücklich, dem Ganzen wieder Leben einhauchen zu können und hoffe, dass dies erst der Anfang ist.“ Denn Kunst, Musik und Kultur könne es nicht genug geben – egal, ob in leerstehenden Kirchen oder anderswo.
Malin Schmidt-Ott