Landkreis Regen. „Wir erleben heute ein einmaliges Experiment, ein Treffen mit fast allen Kandidaten und zugeschalteten Jugendlichen in den Jugendtreffs“, sagte der Kreisjugendringvorsitzende Thomas Löffler bei der Begrüßung der Gäste und Diskussionsteilnehmer des erstmals durchgeführte Onlinetreffens. Wie die Politiker war auch er online zugeschaltet. In den Jugendtreffs in Regen, Bodenmais, Viechtach und Zwiesel hatten die Jugendlichen die Gelegenheit ihre Fragen direkt an die Kandidaten zu stellen, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist.
Die Mitarbeiter des Regener Kreisjugendrings (KJR) hatten im Rahmen der U18-Wahl alle Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 231 (Straubing-Regen) zu der Veranstaltung eingeladen. Neun von 13 nutzten die Gelegenheit zum Gespräch mit der Jugend. Löffler bedankte sich insbesondere beim Landkreis Regen und der Kommunalen Jugendarbeit für die Unterstützung. In den Jugendtreff „Underground“ nach Bodenmais war zudem Landrätin Rita Röhrl gekommen. Sie lobte den KJR-Vorsitzenden und sein Team für den Einsatz und stellte fest, dass sich bei der U18-Wahl Jugendliche, die noch nicht wählen gehen dürfen, erproben können. Sie hoffte, dass sich alle „wirklich auf Gespräche einlassen“.
Sie waren mit dabei
Die Moderation übernahm KJR-Geschäftsführerin Kathrin Zitzelsberger-Fernandes. Zu Beginn konnten sich die Kandidaten vorstellen und sich zum Format äußern. So fand Alois Rainer (CSU) die Runde „spannend.“ Erhard Grundl (Grüne/Bündnis 90) hoffte auf einen „guten Austausch“ und Hans Janik (Team Todenhöfer) erklärte, dass er „mit der Politik nicht einverstanden ist“ – und deswegen kandidieren muss. Helmut Muhr (Freie Wähler) bedauerte, dass es keine „persönliche“ Diskussion gibt. Marco Schimpfhauser (Die Partei) meinte, dass er für „die sehr gute Partei“ antritt. Eine Kurzvorstellung gab es auch von Maximilian Spielbauer (Die LINKE): Er berichtete davon, dass er Student ist. Thomas Knott (Stimme gegen Fraktionszwang) nutzte die Chance gleich zum politischen Angriff: Er stellte fest, dass es keine Überhangmandate geben würde, wenn alle Direktkandidaten parteilos wären. Vorgestellt haben sich auch Thomas Schmid (Bayernpartei) und Dennis Schötz (SPD). Letzterer wünschte sich mehr junge Personen in der Politik.
Bahnstrecke Gotteszell-Viechtach soll bleiben
In der ersten Runde gab es von Seiten der Jugendlichen gezielte Fragen an die Kandidaten. So sollte sich Schmid beispielsweise zum Rauchverbot äußern. Dieser betonte, dass seine Partei „keine Verbotspartei“ sei, weswegen er es gerne den Betreibern freistellen würde, ob in ihrem Lokal geraucht werde. Auf die Frage, was er für die Jugendarbeit tun würde, sprach sich Muhr dafür aus, dass die Kommunen mehr Unterstützung, vor allem für die offene Jugendarbeit, bekommen sollten.
Eine klare Aussage zum Thema „Waldbahn“ und Betrieb auf der Strecke Gotteszell-Viechtach kam vom Bundestagsabgeordneten Rainer. „Die Bahnstrecke bleibt“, sagte er – und verwies auf das Engagement des Landkreises. Auch auf die Frage, ob es mehr junge Bundestagsmitglieder geben sollte, hatte der Vertreter der CSU eine klare Antwort parat und plädierte für „eine gute Mischung.“ Es brauche sowohl junge als auch ältere Kandidaten. Der Bundestag solle einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen, so sein Wunsch. Beim Thema Lobbyismus und Bestechlichkeit meinte er, dass dieses Thema nicht nur ältere Mandatsträger betreffe, sondern, dass auch jüngere hier gefährdet sein können. Grundl stellte beim Thema Alter die Lebenserfahrung in den Fokus, verdeutlichte, „dass es Menschen gibt, die bereits mit 25 Jahren viel Lebenserfahrung haben.“
Wahlalter 16 wird begrüßt
Auch das Thema Wahlalter wurde diskutiert. Hier sprach Schötz davon, dass 16 Jahre im Wahlprogramm der SPD steht. Auch Grundl riet zum Wahlalter 16. Rainer betonte, dass es bei den Christsozialen kein Wahlalter im Programm gebe. Die Meinung sei aber vielfältig und reiche von Null Jahren bis zur Beibehaltung. Er persönlich könne sich – ebenso wie Mitbewerber Muhr – das Wahlalter 16 sehr gut vorstellen. Spielbauer betonte, dass bei den Linken das Wahlalter 14 im Programm stehe. Schmid würde das Wahlalter gerne mit dem Zahlen von Steuern koppeln und meinte: „Wer Steuern zahlt, soll wählen können.“
Mehr Rechte für Diverse, Schwule und Lesben
Angesprochen wurden auch Themen wie die Frauenquote. Zum Thema „Ehe für alle“ und mehr Rechte für Homosexuelle wurde Alois Rainer befragt. Er stellte fest, dass die „Ehe für alle“ heute in seiner Partei anders gesehen werde, als noch vor vier oder fünf Jahren. Heute gebe es dafür seiner Meinung nach auch in der CSU eine klare Mehrheit. Mit der Aussage „Wir können auch jeden Tag ein Stück klüger werden“ wehrte er sich gegen die Kritik, dass die CSU zu spät reagiert habe. Hierbei bekam er Unterstützung von Erhard Grundl, der ihm beipflichtete, dass seiner Meinung nach die Mehrheit heute im Bundestag viel größer wäre als die knappe Mehrheit vor fünf Jahren. Die Jugendlichen aus dem Jugendcafé Zwiesel reichten ihr Ansinnen nach mehr Rechten für Schwule, Lesben und Diverse an die Politiker weiter.
Die Teilnehmerinnen aus dem Regener Jugendtreff wiederum gaben den Politikern den Wunsch nach einem freien Abtreibungsrecht auf den Weg. „Frauen sollten über ihren Körper selbst entscheiden können“, so die Aussage einer Jugendlichen. Hier gab es vor allem viel Kritik gegen den Kandidaten der Bayernpartei, der sich „strikt gegen Abtreibung“ aussprach. Weiter thematisiert wurde auch der Klimaschutz und die Corona-Situation. Sie nahmen jedoch eher weniger Raum ein.
Insgesamt dauerten die Diskussionen recht lange, der eigentlich vorgesehene Zeitrahmen von maximal zwei Stunden wurde überschritten. „Doch das war gut so“, stellte die Kommunale Jugendpflegerin Dr. Edith Aschenbrenner am Ende fest, denn Jugendliche und Politiker haben sich Zeit für wichtige Fragen und Antworten genommen. Bei allen Teilnehmern gab es am Ende die Absichtserklärung, dass man das Format beim nächsten Mal gemeinsam an einem Ort wiederholen könne. „Die nächsten Wahlen sind die bayerischen Landtagswahlen – wir hoffen alle, dass dann Corona keine Rolle mehr spielt“, betonte abschließend Moderatorin Zitzelsberger-Fernandes.
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