Waldkirchen. Der alltägliche Ratsch und Tratsch gehören irgendwie dazu zum ländlichen Raum. Werden wichtige Informationen transportiert, kann das „Leidg’schmatz“ durchaus positive Züge haben. Es gibt aber auch die negative Seite: Nämlich dann, wenn Gerüchte – ohne deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen – weitererzählt werden. Dann, wenn falsche Behauptungen für bare Münze genommen werden – zu Lasten eines Menschen, der auf diese Weise in Verruf gerät. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Rosa Schiller. „Ich habe am Wochenende nur noch geweint. Stundenlang. Ich verstehe nicht, wie die Leute so sein können.“

Dieses Bild vom medial bereits aufgegriffenen Aufreger in Waldkirchen, der sich am vergangenen Freitagabend unweit der sog. Monsterkreuzung zugetragen hatte, machte in den vergangenen Tagen in WhatsApp die Runde. 

Die „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, wie es im Polizei-Jargon so schön heißt, am Freitagabend nahe des Waldkirchener Monsterkreisels ist derzeit rund um die Bayerwald-Stadt in aller Munde – und wird von der regionalen Presse regelrecht ausgeschlachtet. Während die folgend dargestellte Mitteilung der Polizei Waldkirchen kurz und überaus sachlich daherkommt, ranken sich innerhalb der Bevölkerung inzwischen die wildesten Geschichten um jene mutmaßliche Obszönität.

Erregung öffentlichen Ärgernisses

WALDKIRCHEN; LKR FREYUNG-GRAFENAU

Am 23.07.21, gegen 18:00 Uhr gingen mehrere Mitteilungen bei der PSt Waldkirchen ein, dass sich 3 Personen im Stadtgebiet auf einer Sitzbank aufhalten und sexuelle Handlungen vornehmen sollen.

Als die Streifenbesatzung vor Ort eintraf, wurde eine Frau ohne Klamotten und 2 junge Männer vor Ort angetroffen. Nähere Ermittlungen folgen.

Der bewusste Schritt an die Öffentlichkeit

„Sie hat ein Tattoo am Arm, ich nicht“. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Frau auf dem WhatsApp-Bild hat Rosa Schiller durchaus. Mehr aber auch schon nicht. Foto: Schiller
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Auch Rosa Schiller hielt sich am Freitagabend in der Waldkirchener Bannholzstraße auf. Gemeinsam mit ihrer Tochter kaufte sie im dortigen Tierfachhandel Futter für den eigenen Hund. „Als wir gerade das Auto beladen haben, haben wir gesehen, wie die Polizei die Frau und die beiden Jugendlichen befragt hat“, erinnert sich die 45-Jährige. So weit, so gut. Am Samstag nahm der Alptraum aus Sicht von Rosa Schiller jedoch seinen Lauf.

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Bei Facebook bekam sie auf einmal zahlreiche Freundschaftsanfragen von Menschen, die sie nicht kennt. Kurze Zeit später erreichten ihre Tochter Nicole und sie selbst, wie sie berichtet, unzählige Nachrichten. Der Inhalt (an dieser Stelle ohne Beleidigungen sowie abwertende Ausdrücke wiedergegeben): Rosa Schiller sei als diejenige Frau mittleren Alters identifiziert worden, die für die Erregung des öffentlichen Ärgernisses verantwortlich zeichnet. „Ich habe dann die Polizei angerufen und wollte, dass richtig gestellt wird, das ich das nicht war.“ Die Beamten, die bestätigen können, dass es sich bei der in der Mitteilung genannten Person nicht um Rosa Schiller handelt, rieten ihr, mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit zu gehen – was Rosa Schiller letzten Endes auch tat, indem sie sich an das Onlinemagazin da Hog’n wandte.

„Ich kann nirgendwo mehr hingehen“

„Ja, ich bin jahrelang Single“, versucht die 45-Jährige ihre Situation zu erklären. Sie hatte zuletzt einen Autounfall, ist umgezogen, einer ihrer Hunde wurde überfahren. „Ich habe genug Probleme und will einfach nur meine Ruhe.“ Seit Freitagabend bzw. dem vergangenen Wochenende allerdings könne sie nicht mehr das Haus verlassen. Denn schier überall – nicht nur in den sozialen Medien – werde sie verunglimpft. „Ich kann nirgendwo mehr hingehen“, berichtet sie. „Und ich hoffe, dass sich mit meinem Schritt an die Öffentlichkeit das wieder ändert.“

Mit diesem Facebook-Post versuchte Rosa Schiller jüngst selbst für Aufklärung zu sorgen. Screenshot: facebook/da Hog’n

Helmut Weigerstorfer


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