Niederbayern. Als Journalistin trifft sie viele Menschen: Politiker, Künstler und Personen mit besonderen Ideen oder Schicksalen. Doch während viele in ihrem Beruf im Laufe der Zeit eine gewisse Routine entwickeln, begeistert sich Monika Bormeth für ihre Interviewpartner stets aufs Neue. Eine Begeisterung, die die Osterhofenerin gerne weiter ausleben und an der sie auch andere teilhaben lassen möchte. Die Idee zu einem Buch entsteht.
„Lebensläufe – Menschen aus Niederbayern“ erzählt die Geschichte von acht Persönlichkeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie alle haben im Leben der Autorin „eine Spur hinterlassen“, wie sie im Vorwort beschreibt. „Manchmal genügt es für mich, den Bruchteil einer Lebensgeschichte zu erfahren und mit einem Mal glüht die Faszination in mir auf.“
Ob Tänzerin und schillernde Bühnengestalt, langjährige Festleiterin des Münchener Oktoberfestes oder DDR-Flüchtling – die Auswahl an porträtierten Personen scheint willkürlich. Doch etwas eint sie: ihr fester Bezug zu Niederbayern.
Fredls Weltsicht
Da wäre zum Beispiel Musikkabarettist und Sänger Fredl Fesl. Seine Kindheit verbrachte dieser in Grafenau. „Von einem, der immer genau wusste, was er nicht will“, so ist der ihm gewidmete Abschnitt in Monika Bormeths Werk überschrieben. Mit diesem Satz trifft sie den Kern seines Wesens. Sie erzählt von der Kindheit eines Freidenkers, vom Wesen des Kreativlings, der sich nicht dreinreden lassen möchte.
In seiner Laufbahn hat Fredl Fesl so viele Berufe ausprobiert wie sonst kaum jemand. Seine Freiheit scheint ihm sein wertvollstes Gut zu sein. Daher lässt er sich nicht in eine Form pressen.
Was aber an seinem Porträt besonders zu faszinieren vermag, ist die Wertschätzung, mit der Monika Bormeth über ihn schreibt. Die Autorin empfindet große Sympathie für die Menschen, das kann man auf jeder Seite des Buchs spüren. Und sie bleibt dabei nicht kühl und distanziert. Es steckt immer ein bisschen Bormeth in jeder Biographie, die sie anpackt. Damit bleibt sie echt und authentisch. Etwas, das in vielen Büchern fehlt.
Mit viel Fingerspitzengefühl
Doch sie scheint auch emotional involviert. Den Lebenslauf von Yvonne Holthaus, deren Mutter ermordet wurde und deren Vater als Täter ins Gefängnis ging, beschreibt Monika Bormeth als tragisch und zugleich Hoffnung machend. Was diese Frau in ihrem Leben erfahren musste und wie sie im Nachgang damit umging, hat die Autorin sehr behutsam erzählt. Die notwendige Distanz dabei teils etwas aufzubrechen, hat sicherlich Mut erfordert. Doch die 32-Jährige hat das rechte Maß gefunden. Und so durchläuft man als Leser die verschiedensten Emotionslagen, während man immerzu darauf hofft, dass Yvonne Holthaus ausgleichendes Lebensglück erfährt.
Doch auch die Biografien und Erzählungen aus den Leben der sechs weiteren Protagonisten sind mit viel Liebe zum geschriebenen Wort zu Papier gebracht worden. Monika Bormeths „Lebensläufe“ ist ein kleines Denkmal für große Menschen. Und durch und durch lesenswert.
Andreas Reichelt
Monika Bormeth: „Lebensläufe – Menschen aus Niederbayern“ (1. Auflage), edition Lichtland, 2020, 300 Seiten, Preis 19,80 Euro , ISBN 978-3-947171-11-8.
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„Solche Menschen inspirieren mich ungemein“
Monika: Wie kamst du auf die Idee, das Buch zu schreiben?
Es war schon immer ein Traum von mir, ein Buch zu schreiben: Etwas in Händen zu halten, das von vorne bis hinten von mir ist. Ich wollte das Durchhaltevermögen aufbringen, ein solch großes Projekt zu vollenden. Dazu kam der Wunsch, mich dem Porträt – eine meiner liebsten Textgattungen – ausführlicher als in einem Zeitungsartikel zu widmen.
Warum hast du gerade diese Personen ausgewählt?
Generell faszinieren mich Menschen, die nicht nur von Erfolgen, sondern auch ehrlich von Tiefschlägen erzählen. Solche Menschen inspirieren mich ungemein:
Wenn es jemand anderem gelungen ist, nach einer Niederlage wieder aufzustehen, sich aus einer scheinbar ausweglosen Situation freizukämpfen oder seine unmöglich erscheinenden Träume in die Tat umzusetzen, dann kann ich das auch. Das ist eine Botschaft, die mich begeistert – und die habe ich bei den gewählten Personen gefunden. Wobei die acht Persönlichkeiten nicht die Einzigen sind, deren Leben sich für solch eine Betrachtung eignen würde. Die Welt ist voller interessanter Menschen. Man braucht nur den Blick für sie.
Woran arbeitest du gerade?
Neben all den Aufgaben, die mein Hauptberuf als Redaktionsleiterin beinhaltet, arbeite ich in meiner Freizeit bereits länger an einem Roman. Corona hat mir überdies so viel Freizeit ermöglicht, dass ich einen Fernlehrgang zur Drehbuchautorin begonnen habe. Zudem habe ich meine frühere Begeisterung für das Malen wieder entdeckt habe.
die Fragen stellte: Andreas Reichelt