Bad Füssing. Es haben im Vorfeld viele Gespräche stattgefunden. Diese haben jedoch aus Sicht der Johannesbad Reha-Kliniken GmbH & Co. KG zu keiner befriedigenden Lösung geführt. Deshalb hat sich die in Bad Füssing ansässige Firmengruppe dazu entschlossen, gegen den Bezirk Niederbayern zu klagen. Ein Schritt, der nach „reiflicher Überlegung“, wie Pressesprecher Rolf Herzog auf Hog’n-Nachfrage mitteilt, vollzogen worden ist. Der Gesundheitsmagnat aus dem Rottaler Kurort stört sich seit Langem an einer „diskriminierenden Subventionspraxis und verfassungswidrigen Förderung der niederbayerischen Heilbäder durch den Bezirk Niederbayern und den Freistaat Bayern“.
Eine entsprechende Feststellungsklage wurde einer Mitteilung der Johannesbad-Gruppe zufolge am Montag (17. Mai) beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht. Die einseitige Subventionierung der vom Bezirk betriebenen fünf Thermalquellen-Betriebe in Niederbayern führe zu einem „rechtswidrigen Verdrängungswettbewerb gegenüber privaten Thermenbetreibern“, wird Johannesbad-Vorstandsvorsitzender Markus Zwick darin zitiert.
„Verstoß gegen zentrale verfassungsrechtliche Garantien“
Hintergrund der Klage sei die seit Jahrzehnten praktizierte Ungleichbehandlung bei der jährlich wiederkehrenden staatlichen Finanz-Unterstützung der niederbayerischen Thermen. Im Einzelnen sind das die Europa Therme Bad Füssing, die Wohlfühl-Therme Bad Griesbach, und die Rottal Terme Bad Birnbach in unmittelbarer Nachbarschaft. Aber auch die Limes-Therme Bad Gögging und die Kaiser-Therme Bad Abbach. „Das Johannesbad hingegen blieb und bleibt von sämtlichen öffentlichen Förderungen über alle Jahre hinweg ausgeschlossen. Dies führe zu einem rechtswidrigen Verdrängungswettbewerb“, kritisiert Vorstandsvorsitzender Markus Zwick. Auswirkungen dieser gleichheitswidrigen Förderpraxis von Freistaat und Bezirk auf den freien Wettbewerb seien durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt worden, heißt es in der Klageschrift.
„Diese Subventionierungspraxis verstößt gegen zentrale verfassungsrechtliche Garantien des Grundgesetzes. Insbesondere gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz und die Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz – sowie das Beihilferecht der Europäischen Union„, urteilt die Münchner Anwaltskanzlei Gauweiler in einer juristischen Bewertung. Die Juristen um den ehemaligen CSU-Politiker Dr. Peter Gauweiler informieren über diese Angelegenheit ebenfalls per Presseinfo. Sie vertreten die Holding rund um das Johannesbad. In die weitum bekannte Therme hat Familie Zwick eigenen Angaben zufolge seit der Grundsteinlegung 1964 bereits mehr als 120 Millionen Euro investiert.
Apropos Zahlen: In der genannten Mitteilung wird ein konkreter Einblick in die Subventionssummen bereitgestellt. So gehe aus den Akten des Bezirks Niederbayern hervor, dass die öffentlich-rechtlichen Thermen im Zeitraum von 2010 bis 2021 alleine über die allgemeine Verbandsumlage einen Betrag in Höhe von 112.916.666 Euro aus dem kommunalen Haushalt erhalten haben. Hinzu kommen die vom Bayerischen Obersten Rechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht bereits beanstandeten Freistaat-Mittel für öffentlich-touristische Infrastruktureinrichtungen. Diese haben sich in den Jahren von 2012 bis 2019 auf 96 Millionen Euro belaufen. Darüber hinaus stehen die kommunalen Sonderumlagen für konkrete Investitionsvorhaben der öffentlich-rechtlichen Thermen zu Buche, die für den Zeitraum 2010 bis 2021 ebenfalls einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag erreichen dürften.
„Wir bereiten uns auf eine juristische Auseinandersetzung vor“
„Wir klagen nicht gegen Subventionen öffentlicher Thermen. Sondern kämpfen mit der Klage für Gleichbehandlung und Gerechtigkeit im Sinne eines fairen Wettbewerbs“, stellt Johannesbad- Vorstandsvorsitzender Markus Zwick klar. Gleiches gelte auch im Hinblick auf die finanziellen Zuschüsse. Aber auch für die November- und Dezember-Beihilfen während der Corona-Pandemie, „die das bestehende Ungleichgewicht aus Wettbewerbssicht weiter verstärken“. Der Johannesbad-Chef meint dazu: „Dadurch bieten sich den öffentlichen Thermen jetzt alle Möglichkeiten sogar gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Private Familienunternehmen werden hingegen in zusätzlichem Maße massiv geschädigt.“
Die Klage sei inzwischen in Landshut aufgeschlagen. „Wir nehmen sie ernst und bereiten uns auf die juristische Auseinandersetzung vor“, teilt die Pressstelle des Bezirks Niederbayern auf Hog’n-Nachfrage mit – und geht sogleich in die verbale Verteidigungshaltung: „Die Heil- und Thermalbäder der Zweckverbände des Bezirks Niederbayern sind kommunale Infrastruktureinrichtungen. Deren Kernaufgaben sind die Gesundheitsförderung und -prävention. Diese Dienstleistungen sind von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Aus diesem Grund ist eine EU-rechtswidrige Beihilfe nicht gegeben.“ Weiter heißt es in der angeforderten Stellungnahme: „Die Sachlage ist der EU-Kommission bekannt und ihr liegt seit Jahren ein Bericht der Bundesregierung über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse vor. Darin sind auch die kommunalen Heil- und Thermalbäder in Niederbayern aufgeführt.“
Helmut Weigerstorfer
Nachtrag vom 23. Juni 2021: Pressemitteilung „Verwaltungsgericht Regensburg untersagt Bezirk Niederbayern Pressemitteilung wegen Verletzung des verfassungsrechtlichen Sachlichkeits- und Neutralitätsgebots„