Grafenau/Landshut. Wer glaubt, die Zeit der Gründer, der vielen Start-Ups, sei – allen voran wegen Corona – vorbei, sieht sich getäuscht. Ein Beispiel dafür: „IFOX Systems„, ein 2020 neu gegründetes IT-Unternehmen, an deren Spitze mit Stefan Blöchl und Johannes Fürst auch zwei Waidler stehen. Angesiedelt in der niederbayerischen Bezirkshauptstadt konnte sich das preisgekrönte Start-Up insbesondere auf die Unterstützung der Hochschule Landshut verlassen.
„Wir sind stolz auf das Team von IFOX Systems und sein innovatives Projekt, das hier im Gründer-Ökosystem Landshut entstanden ist. Ein hervorragendes Zeichen dafür, dass wir alle gemeinsam die Gründerkultur voranbringen und exzellente Ausgründungen aus der Wissenschaft entstehen“, sagt Eva Rohrmüller von der HAW Landshut. Doch was genau macht IFOX Systems? Dies versucht mitunter Firmenchef Stefan Blöchl aus Schlag bei Grafenau im Hog’n-Interview zu erklären.
„Wieviel und an welchen Stellen Geld verschwendet wird“
Stefan, erklär uns doch zunächst einmal, was sich hinter „IFOX Systems“ verbirgt.
Die IFOX Systems GmbH als Software Start-up besteht aktuell hauptsächlich aus den drei Gründern Dr. Mathias Michalicki, Johannes Fürst und Stefan Blöchl. Daneben haben wir bereits mehrere Studierende der Hochschule Landshut im Team. Diese helfen uns unter anderem bei der Software-Entwicklung. IFOX steht für „Information For Operational eXcellence“. Wir liefern Industriebetrieben neuartige Informationen für Optimierungen sowie für betriebliche Entscheidungen – u. a. nach Lean Standards. Außerdem zeigen wir auf, wieviel und an welchen Stellen Geld verschwendet wird. Unser Büro haben wir im neuen Gründerzentrum von LINK e.V. in Landshut – unweit der Hochschule.
Sowohl Du als auch Dein Mitstreiter Johannes Fürst stammen aus dem Grafenauer Land. Wie war Euer Werdegang?
Johannes Fürst aus Bibereck bei Perlesreut hat in Regensburg Maschinenbau studiert. Er ist bei IFOX für die Software-Entwicklung zuständig. Der Grund dafür: Im Rahmen seines Berufseinstieges bei der ZF in Passau hat er vier Jahre als Systemadministrator gearbeitet. Anschließend hat er acht Jahre lang Erfahrungen bei Siemens in der Vorfeldentwicklung gesammelt, als Produktmanager und Projektleiter für Industriesoftware. Johannes ist mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Jungs in den vergangenen Jahren mehrmals umgezogen. Aktuell wohnen sie noch in Nürnberg, sind aber auf der Suche nach einem Haus oder einem Grundstück im Grafenauer Land.
„Wie ein Fitnesstracker mit eingebauter Körperfettwaage“
Nach meinem Abitur 2006 am Gymnasium in Grafenau war ich zunächst ein Jahr in Neuseeland und habe Work & Travel gemacht. Anschließend habe ich in Landshut Wirtschaftsingenieurwesen studiert – mit dem Schwerpunkt Produktions- und Prozessgestaltung. Meinen Berufseinstieg habe ich in einem internationalen Trainee-Programm bei der Continental AG in Frankfurt mit einer Station in Indien vollzogen. Von 2014 bis zur Gründung von IFOX in 2020 war ich bei einer Unternehmensberatung in Landshut angestellt. In der gleichen Zeit habe mit der Hochschule Landshut zusammen meine – nun fast fertige – Doktorarbeit verfasst. In dieser Phase habe ich auch Mathias kennengelernt. Fie Idee für IFOX hat sich dann entwickelt. Nach einem zwischenzeitlichen Abstecher nach München wohne ich mit meiner Frau aktuell wieder im Raum Landshut.
Johannes und ich kennen uns schon seit über 20 Jahren, da er mit meinem großen Bruder zusammen in der Schule war. Konkret das erste Mal über IFOX haben wir vor zwei Jahren beim gemeinsamen Skifahren gesprochen. Als wir dann Ende 2019 den Antrag für das EXIST-Gründerstipendium gestellt haben, war neben Mathias auch Johannes fix mit an Bord.
Das Alleinstellungsmerkmal Eures Start-Ups sind „innovative Softwarelösungen“. Ihr programmiert Analysesoftware in Industriebetrieben. Könnt Ihr uns das mal etwas näher erklären. Was macht ihr konkret?
Die IFOX Software ist ein Informationssystem und kann etwas, was keine Controlling Methode dieser Welt und auch die IT-Systeme in den Unternehmen nicht können: Nämlich die Betriebsausgaben sauber trennen zwischen Kosten, die die Wertschöpfung erhöhen, und Kosten für die übrige Verschwendung. Die weltweit einmalige IFOX-Logik arbeitet bildlich gesprochen wie ein Fitnesstracker mit eingebauter Körperfettwaage. Dadurch erfahren die Industriebetriebe auf Knopfdruck, wie viel Muskelmasse und wie viel Prozent Körperfett ein Unternehmen hat – und wie man dieses Verhältnis optimieren kann. Unsere Logik funktioniert für Produktions- und Logistikprozesse. Aber auch für Abläufe in administrativen Bereichen im Vertrieb, dem Einkauf oder der Entwicklung.
„Hochschule Landshut hat immer versucht, uns Türen zu öffnen“
Es gibt also im großen Pool an IT-Betrieben weiterhin Nischen, die Neugründungen erlauben?
Definitiv. Unser Alleinstellungsmerkmal basiert auf unserer mehrjährigen Berufserfahrung in den Bereichen Prozessoptimierung, Kostenrechnung für Lean-Produktion und Softwareentwicklung im Industrieumfeld. Mathias hat in seiner Doktorarbeit die Grundlogik für IFOX entwickelt. Das Grundproblem bei der aktuellen Kostenrechnung: Diese ist im Kern 50 Jahre alt und wurde für die Optimierung in modernen Industriebetrieben nicht gemacht. Hier setzen wir mit der IFOX-Software an und haben dieses Wissen in ein Datenmodell überführt, das Daten aus der Produktion mit Finanzdaten verbindet. Diese Verdrahtung der Datensätze, um Verschwendung und Wertschöpfung in Euros zu messen, stellt eine absolute Neuheit dar.
Welche Rolle spielte bei Eurer Gründung die Hochschule Landshut?
Zusammen mit der Hochschule Landshut haben wir den Antrag für das EXIST-Gründerstipendium gestellt und die Förderung abgewickelt. Eine große Unterstützung war unser Mentor: Prof. Dr. Abdelmajid Khelil. Er leitet das Innovationslabor für Internet-of-Things-Projekte und stand uns in den letzten Monaten mit Rat und Tat zur Verfügung. Darüber hinaus haben bereits mehrere Studierende unterschiedlicher Studiengänge bei IFOX ein Praxissemester gemacht, ihre Bachelor- oder Masterarbeit geschrieben. Über das Gründerzentrum bis hin zum Präsidenten Prof. Dr. Fritz Pörnbacher hat die Hochschule immer versucht, uns Türen zu öffnen und Unterstützung zukommen zu lassen.
„Wir hätten auch ohne Anschubfinanzierung gegründet“
Ihr habt das EXIST-Gründerstipendium sowie den Start?Zuschuss! bekommen. Wie wichtig ist diese finanzielle Anschubhilfe? Ginge es ohne nicht?
Es ginge auch ohne Anschubhilfe – und wir hätten in 2020 definitiv gegründet. Allerdings haben uns diese Programme enorm geholfen. Besonders durch Corona haben sich Pilotprojekte verschoben. Durch diese Programme hatten und haben wir eine gewisse finanzielle Freiheit, uns wesentlich besser auf die Produktentwicklung und die Markteinführung zu fokussieren. Außerdem helfen diese Antragstellungen, das eigene Konzept in einen verständlichen Businessplan zu gießen und dafür Feedback zu erhalten.
Kürzlich seid Ihr auch noch im Rahmen des Ideenreich-Businessplan-Wettbewerb ausgezeichnet worden. Was bedeuten Euch solche Preise? Und: Wie bringen Sie Euch im Berufsalltag weiter?
Eine Prämierung ist immer schön und bestärkt natürlich den eingeschlagenen Weg. Entscheidend für uns und für den Berufsalltag ist das Feedback der Jury. Hieraus ergeben sich immer wieder wichtige Anhaltspunkte für unser gesamtes Geschäftskonzept.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Wie wird sich IFOX Systems entwickeln?
Wir gehen natürlich von einer überaus positiven Entwicklung aus. In 2021 wollen wir eine erste Investorenrunde abschließen und weitere Mitarbeiter für die Softwareentwicklung und den Vertrieb einstellen. Über allem steht natürlich die Einführung der IFOX-Software bei weiteren Kunden.
Vielen Dank für die Antworten und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer