AHA+L ist mittlerweile keine seltsame Buchstabenkombination mehr, sondern Alltag. Die Hygieneregeln verringern das Risiko, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. Aber was, wenn es doch passiert? Dann ist unser Immunsystem gefragt. Wie wir es stärken können und unseren Körper zu einer wirksamen Waffe gegen die Krankheit machen können, dazu kursieren im Netz viele Tipps und Tricks. Hilft beispielsweise Vitamin D, um einen schweren Verlauf von Covid 19 zu verhindern? Die Allgemeinmediziner MuDr. Rudolf Baloun und Dr. Richard Baustädter haben die Fragen des Onlinemagazins da Hog’n dazu beantwortet.
Wie man die eigene Immunabwehr stärken kann, hängt von Faktoren wie Alter, Begleiterkrankungen oder Kondition ab – und muss immer individuell entschieden werden, sagt Allgemeinmediziner Rudolf Baloun. Trotzdem gebe es einige Punkte, die helfen können, eine Infektion zu bekämpfen und die der Arzt jedem mit an die Hand geben möchte.
Antientzündliche Kost wirkt gegen Infekte
Ein wichtiger Punkt, um gesund zu bleiben, ist die Ernährung – genauer gesagt: sogenannte antientzündliche Kost. „Sie findet auch Anwendung bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, Diabetes oder Multipler Sklerose“, erklärt der in Neureichenau praktizierende Mediziner.
Im Kern gehe es darum, viel Gemüse und Obst zu essen sowie gute Vollkornprodukte, wenig Fleisch und wenig Milch mit hohem Fettanteil. Und auch wenn sie den meisten sehr schmecken und uns immer wieder verführen: Zu einer gesunden Ernährung zählen möglichst wenig Fertigprodukte, keine Nahrungsmittel mit zu viel Zucker, Kochsalz oder Fett. „Auf unsere tägliche Speisekarte gehören Leinsamen, Avocado, frische Haferflocken, Walnüsse, Lachs und möglichst frisches, kalt gepresstes Leinöl“, informiert Baloun.
Das Gute in und an diesen Lebensmitteln sind vor allem die ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, die antientzündlich wirken. Bei ersten Infektanzeichen könne man bis zu zwei Gramm auch in Kapselform einnehmen, so der Arzt. Die Qualität dieser Kapseln könne jedoch stark variieren.
Hausärzte bestätigen positiven Effekt von Vitamin D
Neben Omega-3-Fettsäuren gibt es auch Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel in Pillenform. Sollte man sie präventiv zu sich nehmen? Immer wieder war in den vergangenen Wochen und Monaten in den sog. Sozialen Netzwerken und den Medien von Vitamin D die Rede: Angeblich könne es das Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-Erkrankung verringern.
Vitamin D sei eine hochkomplexe Substanz, die an vielen wichtigen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt ist, erklärt Rudolf Baloun dazu. „Laut vielen wissenschaftlichen Arbeiten sieht es tatsächlich so aus, dass richtig dosierte Präparate mit Vitamin D den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können“, sagt er. Zum Beispiel habe sich in einer amerikanischen Studie gezeigt, dass ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel zu milderen COVID 19-Verläufen beitragen könne. „Da ist jedoch auf eine sehr hohe Zufuhr von Vitamin D in den ersten Tagen der Infektion zu achten, damit der Akutspiegel des Vitamin D schlagartig zunimmt“, schränkt Baloun ein. „Dies kann man nur unter ärztlicher Aufsicht empfehlen.“
Generell ist es Baloun zufolge ratsam, den eigenen Vitamin D-Spiegel im Blut zu kennen – nicht nur im Hinblick auf Covid 19. Sein Kollege, Allgemeinarzt Dr. Baustädter, bestätigt dies: Vitamin D stärke nicht nur die Knochenfestigkeit, sondern könne etwa auch die Gefährdung durch Diabetes abfedern. Vitamin D senke zudem das Risiko für akute Atemwegsinfektionen. „Es unterstützt die Bildung von bestimmten Proteinen, die gegen Viren und Bakterien gerichtet sind“, erklärt Baustädter weiter.
Bei vielen: Deutliche Unterversorgung mit Vitamin D
„Die Vitamin-D-Bildung ist in den hiesigen Breiten nur von März bis Oktober möglich“, unterrichtet Allgemeinarzt Baloun. „Leider zeigt sich in den Studien immer mehr, dass in Deutschland eine deutliche Unterversorgung mit Vitamin D vorherrscht.“
Das liege daran, dass Vitamin D nur zu einem Bruchteil über die Nahrung aufgenommen und zum Großteil über Sonnenlicht aufgebaut wird. Doch dies fehle zunehmend aufgrund des modernen Lebensstils: „Wir verbringen immer mehr von unserer Zeit in Büros, Autos etc.“ Ferner könnten chronische Magen-Darm-, Leber- und Nierenerkrankungen zu einem Vitamin-D-Mangel führen, wie der Allgemeinarzt weiß. „Ebenso können verschiedene Medikamente wie Antiepileptika oder Zytostatika den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinträchtigen.“
Aus seiner persönlichen Erfahrung heraus und aufgrund der aktuellen Datenlage befürwortet der Neureichenauer Mediziner es auch, wenn man Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt. Er schränkt dabei allerdings ein: „Die Frage, ob eine vorbeugende Vitamin-D-Einnahme Sinn macht, kann aufgrund der heutigen wissenschaftlichen Daten nicht vollständig beantwortet werden.“ Beide Allgemeinärzte betonen, dass man über Dosis und Form stets mit dem Hausarzt sprechen sollte. Dieser kann vorab auch den Vitamin D-Spiegel im Blut checken.
Positive Wirkung von Vitamin C, Zink und Helmkraut
Unser Immunsystem ist komplex – und Vitamin D daher nicht der alleinige „Heilsbringer“. Auch bei Vitamin C und Zink macht es laut Rudolf Baloun Sinn, vorbeugend fünf bis zehn Milligramm Zink und etwa 500 Milligamm Vitamin C (am Besten zusammen mit Kräutertee) pro Tag einzunehmen. „Diese Empfehlung gilt für gesunde Personen“, sagt er. Andernfalls sollte man immer erst Rücksprache mit einem Arzt halten.
Kollege Richard Baustädter stimmt überein: Auch er rät zu Vitamin C und Zink. „Zink hat einen nachweislich positiven Einfluss auf das Immunsystem“, erklärt er. In der traditionellen chinesischen Medizin sei auch die positive Wirkung von Zink speziell für die Lunge bekannt. Zusätzlich nennt er die Vitamine E und Q 10, die Infektionen vorbeugen können.
„Sehr interessant ist der Auszug aus Helmkraut (Scutellaria Baicalensis): Es gibt mehr und mehr Studien, die die Wirksamkeit gegen SARS CoV-2 nachweisen“, sagt Rudolf Baloun. Diese hochkomplexe Substanz wirke stark immun fördernd: „Es handelt sich um kein Medikament gegen COVID 19, aber laut mehreren rezenten Studien könnte Helmkraut ergänzend bei einer COVID-19-Erkrankung hilfreich sein.“ Er selbst arbeite bereits mit diesem Heilkraut. „Dabei sind nur hohe Plasmaspiegel wirksam. Die Qualität und Menge des eingenommenen Auszugs sind also am wichtigsten“, ergänzt er abschließend.
Sabine Simon