Südtirol/Österreich/Bayern. Volksmusik ist (wieder) cool – nicht nur bei der Ü50-Gruppe, sondern vor allem bei der jüngeren Generation. Und das nicht nur passiv (als Zuhörer), sondern auch aktiv (als Musizierender). Bernhard Holl (36) aus dem Salzburger Land kann das nur unterstreichen. Er selbst zählt sich noch nicht zum alten Eisen, ist überzeugter Volksmusikant – und bekommt bei seinen Auftritten mit, „dass auch die 18-Jährigen mit Skater-Kappi auf den Tisch springen und mitklatschen, wenn ein Boarischer gespielt wird“. Der Posaunist und selbsternannte „Band-Sekretär“ der „Wüdara Musi„, die 2008 gegründet wurde und seit 2013 so richtig durchstartet, im Hog’n-Interview.
Bernhard: Erklär uns zunächst einmal das Konzept, das hinter der „Wüdara Musi“ steht.
So ehrlich muss man sein: Ein großartiges Konzept gibt es eigentlich nicht. Wolfgang Gastager und ich haben zusammen in Wien studiert – klassische Musik. Weil wir jedoch beide aus der Volksmusik kommen, wollten wir wieder mal in dieser Sparte aktiv werden. Deshalb haben wir die Wüdara Musi ins Leben gerufen – was gar nicht so einfach war, wie es klingt. Denn wir wollten eine neue, eine andere Besetzung als sie bei der typisch-alpenländischen Musik üblich ist. Was dabei herausgekommen ist, kann man nun ja hören (schmunzelt).
„Die Volksmusik gehört unter die Leute“
Klassische Musik studiert, aber Volksmusik ist Deine Leidenschaft?
Genau. Mit der Volksmusik bin ich aufgewachsen. Dass ich bei der Posaune gelandet bin, passt irgendwie gut dazu. In der Blaskapelle in meinem Heimatort wurde eigentlich ein Hornist gesucht. Der Dirigent hat deshalb meinen Vater angesprochen, ob nicht ich dieses Instrument erlernen möchte. Er war dagegen, weil ein Horn in der typischen Blasmusik nur eine Begleitstimme einnimmt. Letztlich haben sich die beiden darauf geeinigt, dass ich Posaunist werde – und das bin ich bis heute geblieben.
Einerseits macht ihr den Anschein, konzertante Volksmusik machen zu wollen. Andererseits seid ihr doch rechte Stimmungskanonen. Wie kann man hier den Mittelweg finden?
Gute, weil sehr schwierige Frage (überlegt). Wichtig als Musikant bzw. Gruppe ist es, sich auf jeden Auftritt individuell einzustellen und das Repertoire nach den Erwartungen auszuwählen. Insgesamt bin ich der Überzeugung, dass Volksmusik eher nicht auf die Konzertbühne gehört. Die Volksmusik gehört unter die Leute – also dorthin, wo Stimmung ist. Es gehört Dampf dazu, Leidenschaft, Emotion, Bewegung und ein Juchiza. Nichtsdestotrotz würden wir auch konzertante Auftritte spielen, da die Volksmusik so flexibel ist, dass sie das hergibt.
Ihr seid aber keine Volle-Pulle-Bierzelt-Musi, oder?
Nein (mit Nachdruck). Das ist dann doch ein bisschen zu gach viel Stimmung. Wobei wir auch schon solche Veranstaltungen über die Bühne gebracht haben (schmunzelt). Oft ist es ja so, dass man vorher gar nicht so richtig weiß, was einen erwartet. Aber das ist auch das Schöne. Es sind auch schon die 18-Jährigen mit Skater-Kappi auf den Tisch gesprungen und haben mitgeklatscht, wenn wir einen Boarisch’n gespielt haben.
„Doch nun profitieren wir alle davon“
Auffällig ist, dass ihr für jedes Instrument mehrere Musikanten habt, stets in unterschiedlichen Besetzungen auftretet. Wie kommt’s dazu?
Gleich zu Beginn unserer Bandgeschichte haben wir gemerkt, dass wir alle so vielbeschäftigt sind, dass wir nicht alle zu jederzeit zur Verfügung stehen können. Deshalb haben wir uns relativ schnell in unserem Freundes- und Bekanntenkreis umgeschaut, wer denn zu uns passt. Mit der Zeit hat sich dann eine Art Job-Sharing ergeben. Den Pool aufzubauen war sehr mühsam, doch nun profitieren wir alle davon. Anfangs haben wir auch mal weniger gut gespielt, weil wir uns noch nicht so richtig gekannt haben. Inzwischen ist es aber das Salz in der Suppe, immer mal wieder mit anderen Leuten aufzutreten. Zudem sind wir flexibel, was in der Musikszene ein unschätzbarer Vorteil ist.
Trotz unterschiedlicher Gruppenmitglieder ist also die Qualität gleichmäßig hoch – und ein gewisser Wiedererkennungswert gegeben?
Ich hoffe es doch – und glaube es auch. Anhand unserer YouTube-Videos kann sich jeder gerne ein Bild davon machen.
Wie kommt Ihr zu Euren Liedern?
Wir spielen alte, überlieferte Lieder genauso wie selbstgeschriebene Stücke. Die Mischung macht’s, wie wir finden. Und selbst alte Schinken kann man ja modern interpretieren und auf unsere Bedürfnisse zuschneiden. Zwei Basstrompeten und ein Flügelhorn innerhalb einer Volksmusik-Gruppe ist ja eher ungewöhnlich…
Zur Zeit verkommt alles irgendwie zur Nebensache, Corona bestimmt das gesellschaftliche Leben – auch und vor allem die Musikszene. Wie geht’s Euch in Zeiten des Lockdowns?
Nicht gut. Seit März 2020 sind praktisch alle Spielereien weggefallen – bis auf eine Handvoll Auftritte im Sommer, als es kurzzeitig vor begrenztem Publikum möglich war. Die paar Mal, die wir beinander waren, haben wir es sehr genossen – und es ist etwas eskaliert… (schmunzelt). Wir Musiker sind es gewohnt, jedes Wochenende unterwegs zu sein. Und es tut auf der einen Seite schon weh, jetzt daheim sitzen zu müssen. Auf der anderen Seiten haben wir alle mehr Zeit für unsere Familien, was ja auch schön ist. Alles in allem weiß ich gar nicht, ob ich künftig überhaupt wieder von Freitag bis Sonntag unterwegs sein will…
„Uns trifft die Corona-Pandemie eher emotional“
Stichwort: Finanzen. Ist die „Wüdara Musi“ hier gefährdet?
Dadurch, dass wir alle relativ breit aufgestellt sind, eher nicht. Wir sind ja durchwegs Musiklehrer. Und Unterricht ist auch online möglich. Uns trifft die Corona-Pandemie eher emotional als finanziell.
Abschließend ein Blick in die Zukunft: Erzähl mal…
Wir wollen zurück auf die Bühne. Das ist der einzige und größte Wunsch, den wir derzeit haben.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer