Hutthurm. Etwaige Zeugen haben sich seit dem Aufruf der Polizeiinspektion Passau in der vergangenen Woche zwar noch nicht gemeldet. Dennoch sind die Beamten inzwischen ein Stück weiter im Falle des Aufsehen erregenden Manövers, das sich am Nachmittag des 1. Dezembers auf dem dreispurig ausgebauten B12-Abschnitt zwischen Hutthurm und Großthannensteig zugetragen hatte. Die Polizei ist nach intensiver Begutachtung des Videomaterials, das über verschiedene Social-Media-Kanäle die Runde machte und mehrfach verbreitet wurde, zu einem ersten Ergebnis gekommen.
„Wir konnten herausfinden, wem die Dashcam gehört“, teilt PI-Pressesprecher Christian Scherer auf Hog’n-Nachfrage mit. Dasjenige Fahrzeug, das den haarsträubenden Vorfall auf der Bundesstraße 12 per Videokamera aufgezeichnet hat, ist einem tschechischen Staatsangehörigen zuzuordnen, der bei einer Salzweger Firma beschäftigt ist. „Wir haben das Video von ihm im Original bekommen“, berichtet Polizeioberkommissar Scherer weiter. Die Qualität sei besser als die Aufnahme, die in den sog. Sozialen Medien kursierte – „dadurch haben wir das Kennzeichen von dem Auto ablesen können, das gefährdet worden ist“.
Lediglich eine Verkehrsordnungswidrigkeit
Gemeint ist der dunkle Wagen, der vor dem Dashcam-Fahrzeug Richtung Freyung unterwegs war und gerade noch so auf den rechten Fahrstreifen vor dem entgegenkommenden hellen Auto, das die beiden durchgezogenen Linien verkehrswidrigerweise überquert hatte, ausweichen konnte. Dabei handelt es sich Scherer zufolge ebenfalls um einen Bürger aus Tschechien, dessen Identität zwar geklärt wurde, der jedoch bislang „nicht greifbar“ ist und sich noch nicht bei der Passauer Polizei gemeldet hat.
„Wir konnten den Halter des dunklen Fahrzeugs ermitteln, wissen aber nicht, ob er am Steuer saß“, konkretisiert Polizeihauptkommissar Christof Schmitt, der als zuständiger Sachbearbeiter die Auswertung des Videomaterials vorgenommen hat. Die Kontaktaufnahme entpuppte sich bis dato als schwierig, da vom Geschädigten keine Telefonnummer hinterlegt sei. „Er ist telefonisch nicht erreichbar – so haben uns das die tschechischen Kollegen übermittelt“, verdeutlicht Schmitt weiter.
„Beim Sachverhalt selbst gehen wir davon aus, dass kein Überholen vorliegt, sondern dass der Fahrer aus Unachtsamkeit, etwa weil er mit dem Handy beschäftigt war, auf die andere Fahrbahn geraten ist“, fährt Polizeisprecher Scherer fort. Diesen Schluss würde die Begutachtung des Videomaterials zulassen, bestätigt auch Kollege Schmitt: „Daraus geht kein Überholvorgang hervor, sondern es schaut tatsächlich so aus, als ob der helle Wagen sich bereits vor dem anderen Auto befindet und dann auf die linke, also die mittlere Spur, hinüberzieht – und im Anschluss wieder zurückkehrt auf seinen Fahrstreifen, nachdem der dunkle Wagen ausgewichen ist.“ Somit liege lediglich eine Verkehrsordnungswidrigkeit vor.
Bei entsprechender Schwere: Weiterleitung ans LKA
Das Autokennzeichen des hellen Fahrzeugs konnten die Beamten nicht mittels Videomaterial identifizieren. „Die Qualität für eine Auswertung war zu schlecht“, erklärt PI-Sprecher Scherer – und ergänzt: „Natürlich war es eine gefährliche Geschichte, die sich richtig blöd ausgehen hätte können, aber es war vom Gefährdungsgrad nicht vergleichbar etwa mit dem Lkw-Manöver damals auf der B12 bei Freyung.“

Der tschechische Lkw-Fahrer wurde vor dem Amtsgericht Passau im Dezember 2019 zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis sowie vier Jahre Fahrverbot in Deutschland verurteilt.
Erst wenn eine ähnliche Situation wie im Januar 2019, in der ein tschechischer Lkw-Fahrer aufgrund eines waghalsigen Überholmanövers mehrere Menschenleben gefährdete und aufgrund dessen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, augenscheinlich vorgelegen hätte, wäre der Fall ans Landeskriminalamt weitergeleitet worden, teilt Scherer mit. Die Kollegen vom LKA hätten dann wohl das Kennzeichen des Gefährders herausfinden können. Doch dazu müssten eben bestimmte Delikte vorliegen, die in diesem Fall aber nicht gegeben seien. „Es war kein Überholen, sondern eine Verkehrsordnungswidrigkeit“, betont Scherer erneut. „Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot mit Gefährdung des Gegenverkehrs gemäß Paragraph 2 der StVO„, ergänzt Sachbearbeiter Schmitt. Die Gefährdung würde den Fahrer des hellen Wagens demnach 80 Euro Bußgeld plus Auslagen plus Gebühren kosten – wenn er denn noch identifiziert werden könne.
„Das Kennzeichen vom Gefährder ist nicht erkennbar“
„Die Verkehrsordnungswidrigkeit ist also zu 50 Prozent geklärt“, fasst Polizeihauptkommissar Christof Schmitt die Sachlage nochmals zusammen. „Den Geschädigten haben wir, doch das Kennzeichen vom Gefährder ist nicht erkennbar. Die Kamera ist zu schwach, da kann man nicht mal einen Buchstaben erkennen, das ist Grau in Grau.“ PI-Sprecher: „Wir warten weiter ab, ob es noch Zeugenhinweise aus der Bevölkerung gibt. Wir gehen aber nicht mehr davon aus, da der Vorfall bereits eine Weile her ist.“ Sollte sich niemand mehr melden, wird die Akte demnach in Bälde geschlossen.
Stephan Hörhammer
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