Schwarzenthal. Der Lagerplatz für das Rundholz ist leer. Drinnen im Sägewerk dagegen herrscht derzeit noch Hochbetrieb: Peter Kufner verarbeitet die letzte Lieferung Baumstämme zu Brettern, er sägt und hobelt gemeinsam mit seinen beiden Mitarbeitern. Wenn er damit fertig ist, macht er Feierabend. Endgültig. Der 68-Jährige verabschiedet sich in den Ruhestand. Wenn niemand sein Sägewerk kauft, wird es ruhig werden in Schwarzenthal in der Gemeinde Haidmühle.
Lange hat der Sägewerksmeister diesen Schritt hinausgezögert, doch nun ist es die vernünftigste Entscheidung, wie Peter Kufner sagt: „Es ist einfach eine körperlich sehr anstrengende Arbeit.“ Und mittlerweile steckt er einen 14-Stunden-Arbeitstag nicht mehr so leicht weg wie früher.
Sägewerk statt Großküche
Aber jedes mal, wenn ein Kunde nachfragt, ob er nicht vielleicht doch noch mal Holz für ihn bestellen und bearbeiten kann, ringt der Holzfachmann mit sich selbst. Er bleibt aber nun dabei: keine Holzlieferung mehr. Zum Jahresende verlassen auch die beiden Mitarbeiter den Betrieb. „Ich selbst werkle wahrscheinlich noch ein bisschen rum, bis ich die Maschinen oder das Sägewerk verkauft habe“, sagt Kufner mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Die Arbeit mit dem Werkstoff Holz hat ihm immer sehr viel Freude bereitet. Dabei sah es zuerst gar nicht danach aus, als würde Peter Kufner einmal das Sägewerk übernehmen. „Ich bin gelernter Koch“, erzählt er. Sein Bruder war es, der in die Fußstapfen des Vaters treten sollte. Als er jedoch bei einem Arbeitsunfall ums Leben kommt, steigt Peter Kufner in den elterlichen Betrieb ein. „Koch war sowieso nicht meins“, erinnert er sich. Und so beginnt er eine Lehre zum Sägewerksfacharbeiter – und macht später in Rosenheim seinen Meister.
160 Jahre Sägewerksgeschichte
Damit setzt er eine Familientradition fort: Bereits sein Urgroßvater hatte das Sägewerk in Schwarzenthal betrieben. Erstmals erwähnt wird es im Jahr 1859, sechs Jahre später erteilt die Staatsforstverwaltung die Genehmigung für einen Sägewerksbetrieb.
Eben diesen Betrieb kauft im Jahr 1881 Alexander Kufner, Peter Kufners Urgroßvater. Damals werden in Schwarzenthal auch Resonanz-Klaviaturhölzer, Siebreifen und Holzdraht hergestellt. In den 1950er Jahren übernimmt und modernisiert schließlich Kufners Vater Gabriel die Säge und stellt hauptsächlich Schnittholz und Kistenbretter her.
Seit 1989 ist es Peter Kufner, der Fichten- und Lärchenholz zu Terrassendielen und Gartenzäunen, Fußbodenbrettern, Holzdecken oder Paletten verarbeitet. „Aus den Resten unseres Holzes entstehen Kisten für die Apfelernte“, erzählt Peters Frau Reinhilde. Momentan arbeitet man noch eine letzte Bestellung aus Jork im Alten Land ab, einem bekannten Apfelanbaugebiet. Das Holz dafür kommt zu einem großen Teil aus den Wäldern in der unmittelbaren Umgebung des Sägewerks.
Noch heute arbeitet Peter Kufner an Maschinen, mit denen bereits sein Vater hantierte. „Ich habe meine Maschinen immer gehegt und gepflegt“, erzählt er.
Das etwa 160 Jahre alte Sägewerk liegt ihm genauso am Herzen, wie seine Mitarbeiter.
Nur weil er weiß, dass alle versorgt sind und anderweitig unterkommen werden, wenn er aufhört, kann er jetzt den Schlussstrich ziehen. Der jüngste unter den Mitarbeitern hatte bereits im Frühjahr eine neue Anstellung gefunden, die beiden verbliebenen hätten nicht mehr lange, bis sie selbst in Rente gehen – und bis dahin hätten sie auch Arbeit gefunden, sagt der Sägewerkschef.
Sägewerk steht zum Verkauf
Nur noch wenige Wochen also, in denen Tag für Tag gesägt und gehobelt wird in Schwarzenthal. Und danach? Peter und seine Frau Reinhilde haben einen Makler mit dem Verkauf des Sägewerks beauftragt. Einen Nachfolger innerhalb der Familie gibt es nicht: Die Tochter der Kufners wohnt und arbeitet in Regensburg.
Ob sich ein Käufer findet, kann der 68-Jährige schwer abschätzen. Das Geschäft ist ihm zufolge immer gut gelaufen – und es gebe auch viel Nachwuchs im Bereich der Sägewerksfacharbeiter. Die Lage des Betriebes in Schwarzenthal sei ebenfalls gut: Denn nur wenige Kilometer entfernt verläuft die B12, die tschechische Grenze ist nicht weit weg. Die Kundschaft kam aus dem benachbarten Tschechien gerne nach Schwarzenthal gefahren, erzählt Reinhilde Kufner: „Im Sumava gibt es strenge Bauvorschriften, da müssen zum Beispiel auch Garagentore aus Holz gebaut werden.“
Fotos von der Kufner-Säge aus dem Fundus von Katharina Schneider (Bischofsreut):
Der Andrang, der momentan im Sägewerk Kufner herrscht – alle kommen noch einmal vorbei und holen Holz – zeigt jedenfalls, dass in Schwarzenthal etwas fehlen wird, wenn Peter Kufner in Rente geht…
Sabine Simon