– Achtung: Text kann Spuren von Satire enthalten –
Freyung. „Mei do schau her. Is ja fast scho wieder putzig, wia’s dostehn mit ehrane selbstgebastelten Schildchen“, mag sich der ein oder andere gedacht haben, als er vergangene Woche die Zeitung aufgeschlagen und sich möglicherweise mehr als einmal verwundert die Augen gerieben hat. Die Freyunger CSU macht jetzt – in Person der am unteren Seitendrand des Lokalteils abgebildeten Stadträte Endl, Christoph, Schlutz und Petzi – einen auf Radlfahrer. Und die beiden Jung-JWU-Stadträte Weishäupl und Weber strampeln gleich noch hinterher. Zwecks der Umweltfreundlichkeit, wie es heißt, wollen die – nennen wir sie mal – Neo-Grünen nun „etliche bis dato gesperrte Straßen“ für den Radverkehr freigeben. Da ist der geneigte (wie ungeneigte) PNP-Leser erst einmal baff…
Gut: Dass sich die Schwarzen bereits seit Längerem mit grünen Federn schmücken, dürfte spätestens seit der jüngsten Landtagswahl bekannt sein. Schließlich befindet sich die Ökopartei, die einst aus der Anti-Atombewegung hervorgegangen ist, nicht erst seit gestern auf dem politischen Vormarsch. Dem will man als gestandener CSU’ler logischerweise entsprechend gegenwirken – und, wenn’s sein muss, auch mal ein paar originär grüne Themen – nennen wir’s mal – übernehmen. Oder eben Schildchen basteln. So wie die Freyunger Stadtratsfraktion unter mithilfe der JWU-Jungspunde, die freilich bei der öffenlichkeitswirksamen PR-Aktion auf dem Foto (und auch sonstwo) nicht fehlen dürfen – weil Radlfahren wird ja in erster Linie mit Jugendlichkeit, mit Sportlichkeit assoziiert. Und der Schlutz kommt schließlich jetzt auch schon in die Jahre…
Wenn sich die CSU geschlossen aufs Radl schwingt
„Offen für Neues“ seien sie in der CSU, wie weiter zu lesen ist in der abgedruckten Pressemitteilung. Die CSU-Fraktion möchte „Freyung in Sachen Radverkehr moderner und umweltfreundlicher gestalten“. Deshalb sollen Einbahn- und Anliegerstraßen künftig für den Fahrradverkehr jeweils in beide Richtungen freigegeben werden – freilich nur, sofern die Verkehrssicherheit gewährleistet werden könne. Dies wollen Sebastian Schlutz und seine Freunde von der CSU-Radfahrerschaft gerne alsbald per Antrag durchsetzen. Und – jetzt kommt’s: „Mit der Maßnahme solle aber auch die Nutzung des Fahrrads im Stadtgebiet attraktiver und so der Wechsel vom Auto zum Fahrrad leichter werden.“ Wow! Das geht doch runter wie Öl, oder?
Man stelle sich das nur einmal vor, wie sämtliche CSU- (und auch JWU-)Stadträte künftig ihre SUVs der Marke BMW, Audi, VW und Mercedes in der Garage stehen lassen und nur noch mit dem Radl in Freyung zu sehen und unterwegs sein werden – ob zum Einkaufen, zum Metzger, zum Bäcker, zum Friedhof, ins Schwimmbad, zum Schwammerl suchen, zum Sportplatz, zur Kirche, ob bei Wind und Wetter, egal wann und wo. Wie sie quasi im Radl-Pulk zur Stadtratssitzung im Rathaus strampeln, nachdem sich nach und nach alle dem Peloton um Sebastian Schlutz, dem Träger des schwarzen Trikots, und Otto Christoph, dem Dauerführenden in der Bergwertung, angeschlossen haben. In der Verfolgergruppe, als Poursuivants, die beiden JWU’ler, als „Tête de la Course“ kein Geringerer als der Bürgermeister himself, Dr. Olaf Heinrich, der mit seinem Drahtesel vorauseilt. Ein Anblick, der gewiss jedem Tour-de-France-Anhänger den Atem stocken lässt.
Doch nicht nur einen Beitrag für den Umweltschutz versprechen sich Schlutz und Co. von der Maßnahme, nein, auch das Prädikat „Luftkurort“ solle dadurch weiter gefördert werden. Nochmals: Wow! Die CSU in Freyung sprießt nur so vor Ideen, wenn es um das neu entdeckte Umweltbewusstein geht, dass es einem ganz schwindlig wird. Andererseits: So brutal wichtig ist es ihr dann offensichtlich auch wieder nicht mit der Luftreinheit im Luftkurort, wie zwei Tage später in der Zeitung zu lesen war: Stadträtin Elisabeth Tesche von der ödp hätte nämlich gern noch an einigen Straßenlaternen in der Innenstadt ein Schild mit dem Hinweis „Motor aus“ für die sich im Ampel-Stau befindlichen Autofahrer anbringen wollen. Was allen voran Radlfahrer Otto Christoph mit den Worten „Jetzt haben wir uns lange bemüht, den Schilderwald in der Innenstadt zu reduzieren, da wären solche Schilder kontraproduktiv“ negierte. Antrag abgelehnt. Klar, wo kämen wir denn da auch hin, wenn jetzt schon die ödp umweltfreundliche Vorschläge einbringt? Jetzt, wo’s gerade zu laufen beginnt fürs „Team CSU“ – auch wegen des geplanten Naturbads, für das der Herr Bürgermeister seit Wochen – selbstverständlich aus rein umwelttechnischen Gründen – mit Herzblut wie ein Löwe kämpft…
Die ödp-Frauen reagieren überrascht
Apropos ödp: Die reagiert nun überrascht auf den Radlfahrer-Coup ihrer Stadtratsgenossen von der CSU, wie man unserem Magazin gegenüber mitteilt. „Wir fragen uns, in welches Gesamtkonzept dieser Vorstoß einzuordnen ist“, sieht Fraktionsvorsitzende Renate Ruhland noch Klärungsbedarf. „Ist dies ein Teilaspekt des im letzten Jahr von der CSU-Fraktion propagierten Klimaschutz-Konzepts, bei dem es letztendlich darum gehen sollte, dass Freyung die erste Klimabündnis-Stadt im Landkreis werden soll?“, fragt sich zudem Elisabeth Tesche, die eigenen Angaben zufolge die Öffnung von Einbahnstraßen für Radler in den vergangenen Jahren bereits mehrmals bei Bauausschuss-Sitzungen gefordert, jedoch stets die Antwort erhalten habe, dass dies keineswegs möglich sei.
Die beiden Frauen von der ödp möchten hoffnungsfroh wissen: „Wird es also nun den Radfahrer-Fraktionen CSU und JWU gelingen, dies durchzusetzen?“ Um einen Verzicht aufs Auto zu erreichen, müssten nach Ansicht der ödp vorrangig Radwege auf den Hauptverkehrsstraßen vorhanden sein, um die Sicherheit gewährleisten zu können. „Denn einige Straßenzüge, teils auch eher peripher gelegen, nun zusammen mit den entgegen kommenden Autos benutzen zu dürfen, würden wohl wenige so attraktiv finden, dass sie ihr Auto öfter stehen lassen.“ Tesche zufolge sei es generell besser, ein umfassenderes Rad-Verkehrskonzept zu erstellen, das mehrere Faktoren miteinbeziehe. Ihr Vorschlag: Man solle sich am Radwegekonzept des Landkreises orientieren, das auf Antrag der CSU-Kreistagsfraktion erarbeitet werden solle.
„Dann könnte es in naher Zukunft gelingen…“
Inwiefern einige zusätzliche Radler einen signifikanten Einfluss auf die Luftqualität und das Prädikat Luftkurort haben, sei wohl schwer zu beurteilen, ist Ruhland überzeugt. „Die Geräte, die Daten zu Feinstaub, Stickstoffdioxid etc. lieferten, standen bei der letzten Messkampagne an der Eishalle und an der Grafenauer Straße.“ Doch vielleicht, so die Hoffnung Tesches, gebe es bald noch „weitergehende substanzielle Vorschläge in der fraktionsübergreifenden Umweltgruppe, in der die Kollegen Schlutz und Weishäupl Mitglieder sind. Dann könnte es in naher Zukunft gelingen, Freyung zu einer fahrradfreundlichen Stadt zu machen.“ Zudem freue sie sich, künftig auf ihren Fahrten per Rad durch Freyung vielen Kolleginnen und Kollegen auf dem Drahtesel zu begegnen…
Glosse: Stephan Hörhammer