Haidmühle. Große Lücken klaffen – wie auch andernorts im Bayerischen Wald – rund um den Dreisessel. Stürme und Borkenkäfer haben dem Gehölz stark zugesetzt. Der Forstbetrieb Neureichenau hat nun eine große Aufforstungsaktion gestartet: Rund 5.000 junge Bäumchen lässt Forstbetriebsleiterin Gudula Lermer pflanzen. Darunter auch eine in unserer Region noch relativ unbekannte Baumart: die Douglasie.

Die Douglasie stammt aus dem Westen Nordamerikas, sie ist von den Rocky Mountains bis hinunter nach Mexiko heimisch. Es gibt zahlreiche Arten der Douglasie, die an die unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen angepasst sind. Bereits 1827 brachte ein Schotte den Nadelbaum erstmals mit nach Europa. In Deutschland war es ein Hamburger Botaniker, der Bäumchen und Samen ins Land brachte und sie an Forstvereine verteilte. „Mein Großvater war einer derjenigen, die bei uns zu Hause die ersten Douglasien gepflanzt hat“, erzählt Gudula Lermer, die aus Wildthurn bei Landau an der Isar stammt.
Douglasie keine ganz neue Baumart am Dreisessel
Douglasien kennt man hier in der Region trotzdem (noch) nicht. Fichten, Tannen, Lärchen gibt es in den Wäldern rund um den Dreisessel zuhauf. Nur die wenigsten wissen: Auch uralte, stattliche Douglasien stehen hier. Wer sich etwa im Ort Frauenberg am Fuße des Dreisessels umschaut, findet dort riesige Exemplare. Sie seien mehr als 150 Jahre alt, sagt die Neureichenauer Forstbetriebsleiterin. Man erkennt die Douglasie vor allem an ihren Zapfen, die nur etwa halb so groß wie die Fichtenzapfen und vorne spitz zulaufend sind. Die Rinde des Baumes ist sehr dick. Die Nadeln sind weich und stumpf.
„Douglasien haben dem Windwurf standgehalten, weil sie viel elastischer sind als Fichten“, weiß Gudula Lermer zu berichten. Und auch der Borkenkäfer habe die Douglasien bisher nicht angerührt: „Anscheinend schmecken sie ihm nicht“, sagt sie schmunzelnd. Das liege unter anderem auch an der dicken Rinde dieser Baumart.

„Die Douglasie kann es warm, trocken und heiß aushalten – und sie wächst auch auf schlechten Böden“, erklärt Lermer weiter. Im Zuge der Aufforstung im Bergrevier Frauenberg pflanzen die Forstrevier-Mitarbeiter aber nicht ausschließlich Douglasien. Auch Lärchen und Tannen befinden sich unter den rund 5.000 Bäumchen, die dafür sorgen sollen, dass es in den Lücken inmitten des Bergwalds nicht zu Erosionen kommt. Vor allem aus diesem Grund sei es nötig, diese Menge zu pflanzen, sagt die Forstbetriebsleiterin.
Wälder fit machen für den Klimawandel
Eigentlich setzt der Forstbetrieb Neureichenau insbesondere auf „biologische Automation“ – also darauf, dass der Wald sich selbst erneuert. Gudula Lermer lobt ausdrücklich diejenigen Jäger, die die natürliche Verjüngung des Waldes möglich machten. Tanne, Buche, Ahorn, Eberesche und Fichte wachsen schnell nach.
Dass die bayerische Staatsregierung nun zusätzliche Mittel zur Aufforstung für Gebiete bereitstelle, die besonders von Windwurf und Borkenkäfer betroffen sind, begrüßt der Forstbetrieb dennoch. Man baue die Gehölze dadurch zu stabilen und klimatoleranten Mischwäldern um. „Entscheidend für leistungsfähige Wälder für kommende Generationen wird es sein, die richtigen Baumarten einzusetzen. Baumarten, die dem Klimawandel – also höheren Temperaturen, mehr Trockenheit, weniger Niederschlägen – standhalten.“ Das traut Gudula Lermer unter anderem der Douglasie zu.
Haben Douglasien negative Auswirkungen auf biologische Vielfalt?
Trotzdem stellt sich die Frage: Tausende Bäumchen einer Baumart zu pflanzen, die hier in der Region nicht heimisch ist – führt das nicht dazu, dass irgendwann Douglasien unsere Wälder derart dominieren wie derzeit die Fichte? Das Bundesamt für Naturschutz hatte die Douglasie 2013 als invasiv eingestuft, als immer mehr Forstämter in Deutschland diese Baumart zur Aufforstung einsetzten. Es entstand eine rege Diskussion unter Forstwissenschaftlern und Umweltschützern. Der Deutsche Verband Forstlicher Forschungsanstalten hingegen konnte in Studien keine negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt erkennen.

„Ich war damals selbst als Waldbauexpertin involviert“, erzählt die 61-Jährige. „Referenten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich haben letztendlich die Aussagen des Bundesamtes für Naturschutz widerlegt.“ Als invasiv könne man die Douglasie daher nicht bezeichnen: „Diese Baumart verhält sich wie ein Gast: zurückhaltend und bescheiden“, ist sich Lermer sicher. Man müsse ihr aktiv helfen, damit sie sich im Wald gegen Fichten, Tannen und Buchen behaupten kann. Die Gefahr, dass die Douglasie heimische Baumarten verdrängt, bestehe keinesfalls.
In Frauenberg findet man zwar alte Exemplare dieser Art – diese haben sich jedoch augenscheinlich nicht massiv selbst verbreitet oder andere Baumarten verdrängt. Die Forstbetriebsleiterin betont im Hinblick auf die Pflanzaktion zudem, dass die Douglasie nur eine von insgesamt fünf Baumarten sei, mit deren Hilfe der Bergwald verjüngt und Erosion verhindert werden könne. „Wir möchten hier im Wald eine noch größere Mischung der Baumarten erzeugen“, sagt Lermer. Maximal ein bis zwei Prozent machten Douglasien am Ende im gesamten Forstbetrieb Neureichenau aus.
Pflanzen in schwierigem Gelände
Dieser erhält die kleinen Bäumchen als so genannte Containerpflanzen. „Die sind etwas teurer, werden aber in Erde mit Wurzeln geliefert, die genauso lang sind wie das Bäumchen selbst, und gerade nach unten verlaufen.“ Dadurch wachsen die jungen Bäumchen zuverlässiger an. Damit Rehe sie nicht anfressen, sind sie mit Schaffett überzogen.
Das Pflanzen der Bäume im Bergrevier ist anstrengend: Die Forstmitarbeiter setzen sie in tiefe Löcher. Die Wurzeln sollen im nährstoffreichen Humus festwachsen. Der steinige Boden erschwert die Arbeit. „Trotzdem muss man jedes Bäumchen mit Liebe pflanzen“, sagt Gudula Lermer. „Es ist schließlich ein Lebewesen.“
Damit man die jungen Gewächse sofort erkennt, bekommen sie zwei Stäbe aus Akazienholz als Stütze zur Seite gestellt. „Es gibt auch Wuchshöhlen aus Plastik“, berichtet die Forstbetriebsleiterin. Sie sei jedoch kein Freund davon, im Wald mit Plastik zu arbeiten. Diese Hüllen, die wie eine Art Gewächshaus wirken, setze man daher nur in Ausnahmefällen ein: Dort, wo sich junge Bäumchen sonst recht schwer tun. Wenn alles gut läuft, wachsen etwa neunzig Prozent an und entwickeln sich zu großen Nadelbäumen. Ein allzu trockener, warmer Frühling wie in diesem Jahr wäre allerdings auch für junge Douglasien schwierig.
Sabine Simon