FRG/Regen. „52 Jahre Discothek Platzl“ sollten am 24. Oktober in Bodenmais gefeiert werden. Mit einer „Rolling Stones“-Coverband. „So wie damals, 1968“, schwärmt Betreiber Robert Hermann. Doch daraus wird nichts. Aufgrund der Corona-Pandemie fällt die „ultimative Geburtstagsparty“ aus. Seit 1968 betreibt Hermann die Bodenmaiser Kult-Disco, zunächst mit seinem Bruder, seit 20 Jahren in Eigenregie. Doch spätestens seit dem Sommer steht nicht nur die Geburtstagsparty auf der Kippe, sondern gleich seine gesamte Existenz.

Seit Mitte März prangt dieser Hinweis auf der Facebook-Seite der Discothek Platz Bodenmais.
Wie auch Cafés und Restaurants können Clubs und Discos finanzielle Unterstützung beim Staat beantragen. Die meisten tun das auch. Die Krux: Während Gastronomiebetriebe – wenn auch unter strengen Auflagen – nach wie vor geöffnet haben dürfen, sind die Tore der meisten Diskotheken seit März durchgehend geschlossen. Sieben umsatzlose Monate. Und es sei „aufgrund der sich wieder rasant ausbreitenden Infektionen leider davon auszugehen, dass die Öffnung der Clubs und Diskotheken weiter warten muss“, heißt es aus dem Bayerischen Wirtschaftsministerium.
„Die Ersten, die geschlossen wurden – und die Letzten, die wieder öffnen werden“
Staatliche Hilfen hat auch der Betreiber der Waldkirchner Diskothek Lobo beantragt. „Das tat uns anfangs auch gut“, erklärt Markus Haydn auf Hog’n-Nachfrage. „Aber bei den hohen Fixkosten sind die Summen leider schon wieder verbucht.“ Prinzipiell könne er die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zwar nachvollziehen, aber er sieht sich und seine Branche im Stich gelassen. Clubs und Diskotheken „sind die Ersten, die geschlossen wurden – und die Letzten, die wieder öffnen werden“, beklagt Haydn. Er wünscht sich ein eigenes Hilfsprogramm für die Nachtgastronomie, denn anders als in vielen anderen Branchen verzeichnen er und diverse weitere Clubbetreiber seit sieben Monaten keinerlei Einnahmen.

Ein Bild aus scheinbar längst vergangenen Lobo-Tagen. Foto: Facebook/ Nightclub
„Ein spezifisches Förderprogramm für Clubs und Diskotheken“ gibt es jedoch keines, erklärt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums auf Nachfrage. „Wie die gesamte Gastronomie und alle anderen Betriebe“ werde aber auch die Nachtgastronomie „in Bayern mit vielfältigen Maßnahmen unterstützt“. Dazu zählen die „Soforthilfe Bayern“ und das Konjunkturpaket des Bundes. Laut Wirtschaftsministerium wurden so seitens der Branche bis dato 186 Anträge mit einem Gesamtvolumen von knapp 4,7 Millionen Euro für Überbrückungshilfe gestellt.
„Irgendwann kommt dann der Hammer“
Geld, das auch Robert Hermann bereits in Anspruch genommen hat – und ihm bei weitem nicht reicht, wie er sagt. Einen Kredit will der 67-Jährige nicht aufnehmen, denn schließlich müsse auch der wieder zurückgezahlt werden – „und irgendwann kommt dann der Hammer“. Denn wie es finanziell weitergeht, wann er wieder aufsperren darf, kann Hermann nicht sagen. Seine Umsätze liegen derzeit bei null, seine Festangestellten sind in Kurzarbeit, die Geringfügigen hätten sich bereits anderweitig umschauen müssen.
Umsatzspitzen verbucht das „Platzl“ für gewöhnlich im Winter, vor allem während der Faschingszeit. Daraus werde dieses bzw. nächstes Jahr wohl nichts. Wie es weitergehen soll? Hermann überlegt länger – und meint dann: „Ich sehe überhaupt keinen Horizont.“ Auch nächstes Jahr lauert die Ungewissheit.
Lobo: Wiedereröffnung für Herbst 2021 geplant
Ähnliche Sorgen plagen auch Lobo-Betreiber Haydn. Auch er schickte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit. Den größten Teil der Belegschaft machen jedoch die 75 Minijobber aus – und für die gibt es kein Kurzarbeitergeld. „Dies schmerzt uns sehr, da auch jeder Einzelne von ihnen das Geld brauchen würde“, meint Haydn. Er geht bereits jetzt fix davon aus, dass die komplette Saison ins Wasser fällt. Die Lobo-Pforten könnten erst wieder öffnen, „wenn die Pandemie vorbei ist“. Wann auch immer das sein wird. Haydn hofft, dass es zumindest ab September 2021 weitergeht.

Wann Robert Hermann wieder aufsperren darf, kann er nicht sagen. Foto: Facebook/Platzl
Der Bundesverband deutscher Discotheken und Tanzbetriebe (BDT) machte bereits im Mai auf die prekäre Lage in der Branche aufmerksam: „Clubbetreibern und Discothekenunternehmern geht die Luft aus“, warnte Präsident Hans-Bernd Pikkemaat. Rund zwei Drittel der Betriebe in der Branche würden die Pandemie wirtschaftlich wohl nicht überstehen. Der BDT-Präsident fordert daher schnelle, unbürokratische Hilfe und – sobald die Wiedereröffnung möglich ist –reduzierte Steuersätze für die Betreiber.
Abwarten.
Doch solange die Pandemie grassiert, bleibt die Wiedereröffnung wohl aus. Ein „Mittelweg“ scheint in dem Gewerbe schwierig. Dass sich demnächst Menschen mit Masken und unter genauer Einhaltung der Abstandsregeln auf den Tanzflächen ihrer Lokale tummeln, können sich weder Lobo-Inhaber Haydn noch Platzl-Chef Hermann vorstellen. Die Alternative, am Tropf des Staates zu überleben, erscheint ebenso unattraktiv. Für die Disko-Betreiber heißt das zwangsweise: Abwarten. Und das ist bekanntlich das Schlimmste…
Johannes Greß