FRG. Corona sorgt für einen Einbruch im Tourismus-Sektor: Im ersten Halbjahr haben rund 84.500 Gäste den Landkreis Freyung-Grafenau besucht – das sind 44 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Übernachtungen sank um 42 Prozent auf etwa 367.000. Dies teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Landesamtes. „Die Pandemie hat zu einer beispiellosen Krise im heimischen Gastgewerbe geführt. Erst mussten Hotels, Gastwirtschaften, Biergärten und Restaurants über viele Wochen ganz zusperren. Und nach dem Lockdown läuft der Betrieb unter Auflagen nur langsam wieder an“, sagt Kurt Haberl, Geschäftsführer der NGG-Region Niederbayern.

Flaute in der Gaststätte: Corona hat zu einem Einbruch in der Beherbergungs- und Gastrobranche geführt. Unternehmen sollten die Kurzarbeit jetzt nutzen, um ihre Beschäftigten weiterzubilden, so die Gewerkschaft NGG. Symbolfoto: NGG

Unter der Situation litten aber nicht nur die Unternehmen, wie es in der Pressemitteilung heißt: „Die Folgen sind auch für Köche, Kellner und Hotelangestellte dramatisch. Als Kurzarbeiter mussten sie deutliche Lohneinbußen in Kauf nehmen – in einer Branche, die ohnehin nur geringe Löhne zahlt“, betont Haberl. Nach dieser „Durststrecke“ blickten viele Beschäftigte nun mit Sorge auf die Herbst- und Wintersaison. Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt das Hotel- und Gaststättengewerbe im Landkreis Freyung-Grafenau rund 2.200 Menschen.

„Jeder Kurzarbeiter ist ein möglicher Arbeitsloser weniger“

Allerdings habe die Kurzarbeit bislang einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern können. Dank staatlicher Hilfen sei eine Pleitewelle im Gastgewerbe ausgeblieben. „Die Gewerkschaften haben sich in Berlin seit Beginn der Pandemie für das Kurzarbeitergeld starkgemacht und auch durchgesetzt, dass es bis Ende nächsten Jahres verlängert wird. So kommen Beschäftigte und Betriebe besser durch diese schwere Zeit“, wird Kurt Haberl zitiert. Entscheidend sei zudem, dass die Leistung nach sieben Monaten auf 80 Prozent des Nettoverdienstes (für Eltern 87 Prozent) ansteige. „Am Ende steht fest: Jeder Kurzarbeiter ist ein möglicher Arbeitsloser weniger.“

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Kurt Haberl: „Wer wegen Corona nicht arbeiten kann, sollte die Möglichkeit einer beruflichen Weiterbildung bekommen.“ Foto: Hog’n-Archiv

Die Gewerkschaft NGG appelliert nun an die Unternehmen, die Kurzarbeit für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu nutzen. „Wer wegen Corona nicht arbeiten kann, sollte die Möglichkeit einer beruflichen Weiterbildung bekommen. Das ist ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel, der in Hotels und Restaurants unabhängig von der Pandemie eklatant ist. Und Beschäftigte können einen Schritt auf der Karriereleiter machen – etwa von der Küchenhilfe zur Köchin, vom Restaurantfachmann zum Hotelfachmann“, betont Haberl. Zudem müssten Beschäftigte auch im Gastgewerbe für die Digitalisierung fit gemacht werden. Hier berge die Krise eine große Chance.

Nach Angaben des Münchner Ifo-Instituts waren im August bundesweit 377.000 Beschäftigte des Hotel- und Gaststättengewerbes in Kurzarbeit – das ist gut jeder dritte Arbeitnehmer (34 Prozent). In der gesamten Wirtschaft lag der Anteil der Kurzarbeitenden zuletzt bei 14 Prozent. Während des Lockdowns zwischen Anfang März und Ende April wurde laut Arbeitsagentur für neun von zehn sozialversicherungspflichtige Beschäftige im Gastgewerbe Kurzarbeit beantragt.

Stimmen aus der Region

Rita Mautz, Geschäftsführerin DEHOGA Niederbayern: „Leider hat der DEHOGA selbst keine eigenen Zahlen, wir greifen hierzu auch auf das Statistische Landesamt zurück. Daher kann ich Ihnen nur meinen Eindruck schildern, wie es aufgrund der Rückmeldungen unserer Betriebe bei mir ankommt. Und ja, die Lage ist so dramatisch, wie dargestellt. Zwar gibt es vereinzelt – jetzt vor allem dem schönen Wetter geschuldet – etwas positive Stimmung, aber die Gästeankünfte im Spätherbst können bei weitem nicht den Rückgang im ersten Halbjahr kompensieren. Dies ist auch aufgrund der Betriebsstruktur nicht möglich, denn ein Bett kann naturgemäß nur einmal belegt werden. Das verlorene Geschäft ist und bleibt verloren.“

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FRG-Tourismusmanager Bernhard Hain.

Bernhard Hain, Tourismusmanager Landkreis Freyung-Grafenau: „Die Zahlen vom Statistischen Landesamt stimmen natürlich. Die fehlenden Übernachtungen während des Corona-Lockdowns (immerhin zirka drei Monate) haben eine Lücke hinterlassen, die nicht so leicht wieder aufgefüllt werden kann. Im Anschluss daran ging es ab Pfingsten aber wieder aufwärts und es konnten nach anfänglichem Zögern der Übernachtungsgäste wieder sehr gute Buchungsergebnisse erzielt werden. Dass sich diese positive Entwicklung nicht gleich in den Übernachtungszahlen widerspiegelt, liegt auch daran, dass bei den Zahlen des Statistischen Landesamtes nur jene Übernachtungen sofort gezählt werden, die in Betrieben ab zehn Betten erfolgen. Die Übernachtungszahlen der kleineren Betriebe werden von einigen Gemeinden erst am Jahresende zu diesen unverzüglich statistisch erhobenen Zahlen dazugerechnet.

Die aktuelle Buchungslage ist auf Nachfrage bei den Übernachtungsbetrieben wieder sehr gut, sodass voraussichtlich auch mit einem guten Herbstergebnis gerechnet werden kann. Das Nationalpark-FerienLand Bayerischer Wald ist neben dem Trend zu ‚Urlaub in Deutschland‘ nicht zuletzt auch wegen der im Vorfeld bereits gemeinsam durchgeführten Werbemaßnahmen zum Jubiläum ‚50 Jahre Nationalpark‚ zu einem interessanten Ausflugs- und Urlaubsziel geworden. Die touristischen Leistungsträger im Landkreis Freyung-Grafenau sind überaus bemüht, die aktuell günstige Situation positiv mitzugestalten und den Gästen einen schönen Aufenthalt zu ermöglichen.“

„Die wirtschaftlichen Folgen können wir nie und nimmer auffangen“

Daniel Eder, Geschäftsführer Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald: „Dass die Tourismus- und Freizeitanbieter sowie das Gaststättengewerbe die Branchen sind, die mit am meisten unter der Corona-Krise mit all ihren Ausprägungen gelitten haben, und das immer noch tun, ist wohl unbestritten. Es waren die ersten Branchen, die komplett auf Null gefahren wurden. Und auch erst spät wieder öffnen durften, verbunden mit massiven Auflagen. Unsere Naturregion im und am Nationalpark Bayerischer Wald erfährt aber jetzt definitiv einen großen Zulauf. Das merken wir natürlich an den direkten Besucherzahlen, den Übernachtungszahlen, aber auch an den Anfragen.

Geschäftsführer der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald: Daniel Eder.

Viele entdecken die Ferienregion für sich, und es liegt jetzt natürlich auch uns und an allen Beteiligten, aus der Krise eine Chance zu kreieren. Die Themen Natur, Nachhaltigkeit in all ihren Ausprägungen, Urlaub im eigenen Land etc. werden wohl noch mehr im Fokus stehen als bisher. Darin liegt unsere Chance, da wir genau in diesen Themen punkten können. Verbunden mit einer zukunftsorientieren Digitalisierungsstrategie können wir damit in die Zukunft starten. Das Thema Digitalisierung hat im übrigen durch Corona ebenfalls noch um einiges an Fahrt aufgenommen als es ohnehin schon der Fall war. Leistungsträger, Freizeitanbieter und auch wir als Destinationsmanagementorganisation (DMO) werden sich dieser Thematik künftig noch mehr stellen müssen, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Natürlich ist der Blick auf die reinen Zahlen in dem Corona-Jahr alles andere als erfreulich. Es fehlen schlicht und ergreifend drei Monate komplett, und anschließend durfte nur eine teilweise Auslastung gefahren werden. Betrachtet man die Übernachtungszahlen über die gesamte Ferienregion im Zeitraum Januar bis August, so verzeichnen wir hier ein Minus von ca. 21 Prozent gegenüber des Vorjahres, bei den Gästenankünften ist es ähnlich mit meinem Minus von etwa 23 Prozent.

Erfreulich ist allerdings, dass wir bereits im Juli wieder nahezu auf Vorjahresniveau waren, im August dann bereits in Plus an Übernachtungen und Ankünften im Vergleich zum Vorjahr einfahren konnten. Durch die Saisonverlängerung, die mit dem Nationalpark und der gesamten Region umgesetzt werden konnte, hoffen wir, dass wir zumindest ein bisschen an Boden gut machen können. Aber die Zahlen werden sicher ein deutliches Minus zeigen, davon darf man sich nicht blenden lassen.“

„Wir sind der richtige Ort zur richtigen Zeit“

Hannelore Hopfer von Kapellenhof (Ringelai): „Uns geht es so gut wie nie zuvor. Wir sind der richtige Ort zur richtigen Zeit. Wir haben rund um das Anwesen viel Platz, man kann sich hier bei uns aus dem Weg gehen. Im Wirtshaus haben wir beispielsweise drei verschiedene Räume. Die Kinder können frei rumlaufen, ohne sich zu begegnen. Der Abstand ist also kein Problem. Und die Maske im Gang aufzusetzen ist das kleinere Übel. Wir konnten insgesamt viele neue Stammgäste aus dem deutschen Raum gewinnen. Die Ausfälle des Lockdowns konnten so fast ausgeglichen werden.“

Beate Breit vom Gasthof Breit (Vorderschmiding): „Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns können wir nie und nimmer auffangen. Größere Veranstaltungen wie Hochzeiten und Kommunionen, die zu unserem Hauptgeschäft gehören, fielen weg. Auch an Pfingsten wären wir eigentlich ausgebucht gewesen – die entsprechenden Lockerungen kamen aber zu spät. Hätten wir nicht in der Vergangenheit vernünftig gewirtschaftet, wäre es wohl schwierig geworden für uns. Glücklicherweise ist das Haus aktuell voll. Nichtsdestotrotz ist eine Prognose schwierig, weil wir davon ausgehen, dass demnächst die Vorgaben wieder verschärft werden.“

da Hog’n


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