Freyung-Grafenau. Ein kurzes Video macht derzeit die Runde, das Eltern und Lehrer gleichermaßen empört. Eine Schülerin hat es im Schulbus aufgenommen: Jeder Sitzplatz besetzt, auf dem Gang stehen die Kinder dicht an dicht. „Das kann es doch nicht sein“, sagt eine Mutter, deren Tochter in genau diesem Bus saß, nachdem sie die Aufnahme der Hog’n-Redaktion hat zukommen lassen. Was die Eltern vor allem nicht verstehen: Wieso gibt es im Schulunterricht zahlreiche Regeln und Vorschriften hinsichtlich Corona – und im Schulbus gelten diese offensichtlich nicht? Wie konnte es zu einem so vollen Schulbus kommen? Das Onlinemagazin da Hog’n hat nachgefragt.
Das Video wurde von der Hog’n-Redaktion aus Datenschutzgründen verfremdet:
„Das war eine absolute Ausnahmesituation“, verteidigt sich der Hinterschmidinger Busunternehmer Franz Gibis. Es war sein Bus, in dem das Video entstanden ist. „Normalerweise setzen wir immer zwei Busse auf dieser Linie ein. An diesem Tag ist einer davon ausgefallen.“ Dass ein Fahrzeug nicht eingesetzt werden könne, das sei eben in Ausnahmefällen nicht zu verhindern. Schon auf der Rückfahrt am Mittag seien wieder zwei Busse gefahren, berichtet Gibis.
„Setzt auch doch zu dritt wo rein“
Er habe zahlreiche Anrufe erhalten, Eltern hätten sich beschwert. Vor allem ein Satz am Ende des Videos erzürnt viele: „Setzt euch doch zu dritt wo rein“, sagt da eine Stimme. „Das muss eine ältere Schülerin gewesen sein“, glaubt der Busunternehmer. In seinen Fahrzeugen müssten sich Schüler normalerweise nicht zu dritt auf eine Zweiersitzbank drängen. Für jeden sei in der Regel ein Sitzplatz vorhanden. Dass Kinder und Jugendliche auch auf dem Gang stehen müssen, könne natürlich trotzdem mal vorkommen – und sei auch zulässig. „Verkehrssicherheit ist auch gegeben, wenn Schulkinder im Bus stehen“, bestätigt auch Christian Luckner, stellv. Pressesprecher des Landratsamtes Freyung-Grafenau, auf Hog’n-Nachfrage.
Alles bestens also? Normalerweise ja – in der Pandemie-Situation nicht ganz. Ende August hatte die Bayerische Staatsregierung angekündigt, dass im Schülerverkehr mehr Busse eingesetzt werden sollen, um die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus zu verringern. Die Kosten dafür übernehme der Freistaat, hieß es damals.
Dass auf unterschiedlichen Linien so genannte Verstärkerbusse eingesetzt werden, kann Christian Luckner bestätigen. „Wir stehen diesbezüglich im engen Austausch mit Schulleitern und Busunternehmern und haben für einzelne Schulen auch bereits ganz gezielt zusätzliche Verstärkerbusse eingesetzt.“ Es werde von Tag zu Tag abgewägt, wie und wo diese am besten eingesetzt werden können. „Unabhängig davon werden die Unternehmer natürlich die Fahrzeuge mit den größten Kapazitäten zum Einsatz bringen. Ein limitierender Faktor ist dabei aber auch das Fahrpersonal: Es wird mit jedem zusätzlichen Bus schwieriger, dafür das nötige Fahrpersonal zu bekommen.“
Alle Schüler drängen in denselben Bus
Für seine Linie gebe es keine Pläne, zusätzliche Busse einzusetzen, sagt Franz Gibis. Für die Strecken Haidmühle bis Freyung, die er bedient, ist dies seiner Meinung nach auch nicht zwingend nötig, denn in der Regel gebe es für jeden Schüler einen Sitzplatz – übervolle Busse seien die große Ausnahme. Eine Schwierigkeit: dass die Schüler oft alle in den gleichen Bus drängten – auch wenn zu früheren oder späteren Zeitpunkten noch Fahrmöglichkeiten bestünden. Er beobachte, dass sich Schüler nach dem Unterricht noch auf dem Stadtplatz in Freyung aufhielten – und dann alle gemeinsam den Bus um 13 Uhr nehmen.
Eine ähnliche Problematik hat das Landratsamt festgestellt: „Was den Kollegen vom zuständigen Sachgebiet bei ihren Vor-Ort-Terminen an den Schulzentren aufgefallen ist: Auch wenn zwei Fahrzeuge im Fünf-Minuten-Versatz gefahren sind, drängten sich die Schüler in das erste. Hinweise durch das Fahrpersonal, dass ein weiteres Fahrzeug folgt, wurden zum großen Teil ignoriert. Im zweiten waren dann einige Sitzplätze frei“, informiert Christian Luckner weiter.
Entspannt sich die Situation nächste Woche?
Gibt es also genügend Busse, die jedoch nicht in ausgeglichenem Maße genutzt werden? Vor allem in der ersten Schulwoche sei es immer etwas schwierig, bis sich alles eingespielt habe, weiß Franz Gibis. Auch das Landratsamt erwartet, dass sich in naher Zukunft vieles entzerren wird: „Durch den in der nächsten Woche beginnenden Nachmittagsunterricht verschieben sich die Schulschlusszeiten. Dadurch kann es zu einer weiteren Entlastung der Mittagszeiten kommen“, mutmaßt der Pressesprecher des Landratsamts.
Sabine Simon