Mauth. Der Sage nach hat der Teufel, um einen Schatz zu verstecken, die vielen, großformatigen Steine am Gipfel des Lusens aufgetürmt. Auch Lugge und Ava kennen diese Erzählungen. Und als sie während eines Versteckspiels auf dem Dachboden die „Schatzkarte zum Schatz des Lusen“ finden, wird für sie das Märchen zur Realität. Die beiden machen sich auf, diese Reichtümer zu entdecken. Nein, diese Geschichte ist nicht wirklich so passiert, sondern ist Teil eines Comics, den Manfred Stockinger gemeinsam mit Zeichnerin Kristina Brasseler ins Leben gerufen hat. Auf den ersten Blick hat diese Fabel auch nur wenig damit zu tun, was der 44-Jährige eigentlich macht. Denn der gebürtige Mauther ist Architekt – und seit Kurzem auch Hotelier. Das frisch eröffnete Feriendorf „Waidlerland“ in der Lusengemeinde ist sein „Baby“.
Auf den zweiten Blick haben Lugge und Ava sehr wohl eine Querverbindung zu den neun eigenständigen, chaletähnlichen Ferienwohnungen in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark Bayerischer Wald. Der fiktive Charakter „Lugge“ war nämlich der Ursprung des ganzen Vorhabens, der Auslöser für das „Waidlerland“. „Es klingt komisch, das gebe ich schon zu. Aber Lugge hat es schon gegeben bevor ein erster Gedanke hinsichtlich der Umsetzung des Feriendorfes gestrickt worden ist. Die Idee für so einen Park gab es bereits länger – aber mit ihm kam der Stein endgültig ins Rollen“, berichtet Manfred Stockinger. Doch nicht nur das. Der kleine Bub aus dem Land der Phantasie ist zudem Werbeträger des Feriendorfes, sorgt somit für einen Wiedererkennungswert der 8.000 Quadratmeter großen Anlage – und avanciert ganz nebenbei zum (Comic-)Helden der Urlauber-Kinder.
Neun Häuser, neun Themen – und darauf abgestimmte Einrichtungen
Allein diese Tatsache macht deutlich, dass seine Projekte für Manfred Stockinger mehr sind als nur Arbeit, die einfach gemacht werden muss. Der 44-Jährige lebt seinen Beruf, sieht ihn nicht nur als Broterwerb. Egal, ob Einfamilienhaus, Sanierung eines Altbaus oder die Errichtung einer kompletten Hotelanlage – wird er mit der Umsetzung eines Vorhabens betraut, realisiert er diesen Auftrag mit Haut und Haar. So auch geschehen beim Feriendorf „Waidlerland“, das zudem – gemeinsam mit seinem Steuerberarter Alfons Gibis aus Annathal – sein Eigentum ist. „Ob es nun mir gehört oder nicht, ist aber zunächst einmal egal bei einem Projekt“, betont der 44-Jährige noch einmal.
Diese Leidenschaft spiegelt sich in der Anlage, die nicht weit vom Mauther Ortskern entfernt liegt, wider. Auf grüner Fläche sind innerhalb eines Jahres sieben Holz- und zwei Erdhäuser entstanden – mit unterschiedlichen Themen und damit verbundenen Einrichtungen. Im Objekt „Luft“ sind beispielsweise alle Möbel „schwebend“ verbaut worden, im „Vier Jahreszeiten“ ändert sich die Deko alle vier Monate, im „Wasser“ dreht sich die Wandgestaltung komplett um das kühle Nass. Im Winter 2018/19 begann „konzept a+“, das Architekturbüro von Manfred Stockinger, mit der Konzeption. Im Mai des vergangenen Jahres fand der Spatenstich statt, unmittelbar nach dem touristisches Re-Start nach dem Corona-Lockdown die Eröffnung. Ein sportliches Programm, was wiederum verdeutlicht, wie stringent und leidenschaftlich der Chef seine Ideen umsetzt.
„Noch ist der Tourismus im Bayerwald etwas stiefmütterlich. Noch…“
Nicht nur die Einrichtung der Wohneinheiten ist eine Erwähnung wert, sondern auch deren technischer Hintergrund. So sind – im Gegensatz zu manchem Luxus-Chalet – die Häuser im Feriendorf darauf ausgelegt, möglichst energiesparend bewirtschaftet zu werden. Geheizt wird etwa ausschließlich mit dem Strom der eigenen PV-Anlagen, die mehr Energie produzieren als vor Ort verbraucht wird. Die Wohnräume sind obendrein so isoliert, dass so gut wie keine Wärme verloren geht. Neben der Nachhaltigkeit spielt auch die Regionalität eine große Rolle. Die Bauarbeiten wurden ausnahmslos von regionalen Firmen umgesetzt – und auch der Alltagsbetrieb setzt auf Einheimisches: Die morgendlichen Semmeln und der Inhalt des zum Einzug mit allerlei Leckereien befüllte Kühlschrank werden vom Bäcker, Metzger und Lebensmittelladen von nebenan geliefert. Die vier Reiningungskräfte sowie der Verwalter wohnen in der unmittelbaren Umgebung.
Die Fokussierung auf die Heimat, auf den Bayerischen Wald, ist für Manfred Stockinger keine werbeträchtige Floskel, kein künstlich erschaffenes Leitmotiv, sondern kommt aus tiefstem Herzen. Obwohl der 44-Jährige seit Jahren in Regensburg lebt, liegt ihm vor allem die Gemeinde Mauth am Herzen – nicht nur, weil Großteile seiner Familie dort leben. „Mir war immer klar, dass ich hier mal was machen möchte. Mit der Zeit kristallisierte sich heraus, was genau. Und nun ist das Ganze fertig.“ Die 2,5 Millionen Euro, die für das „Waidlerland“ aufgewandt wurden, sind jedoch keine Investition aus überbordender, bedingungsloser Heimatliebe, sondern auch die Bestätigung dafür, dass er an die Chance der Region glaubt. „Noch ist der Tourismus im Woid etwas stiefmütterlich. Doch ich bin davon überzeugt, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird.“
Traditionelle Urlaubsgestaltung mit modernem Touch
Die Wertigkeit des Bayerwalds wird deutlich zunehmen – davon ist Manfred Stockinger überzeugt. Das liegt seiner Meinung nach an der coronabedingten Entwicklung, dass der „Urlaub dahoam“ ein Revival erlebt. Aber auch daran, dass sich viele Menschen in der immer schnelllebiger werdenden Zeit nach Ruhe sehnen – und diese in der schier unendlichen (Wald-)Landschaft rund um den Lusen finden. „Es ist zudem in, mit der ganzen Familie wegzufahren. Genau darauf sind wir hier im Feriendorf ausgelegt.“ Die Wohneinheiten sind vordergründig für Familien mit Kindern geeignet, sie bieten bei Bedarf allerdings auch genügend Platz, um die Großeltern mitzunehmen.
Traditionelle Urlaubsgestaltung mit modernem Touch also. Denn bereits im Vorfeld der erholsamen Tage in Mauth wird deutlich, dass das Feriendorf im Online-Zeitalter angekommen ist. Buchungen sind ausschließlich online (und per Vorkasse) möglich. Vor Ort ist dann keine Anmeldung erforderlich, denn ein Schlüssel ist hinfällig: Die Türen lassen sich mit einem Code, der vorab per Mail an den jeweiligen Mieter versandt wurde, öffnen. Auch die komplette Bedingung im Inneren der Häuser ist bequem per Smartphone möglich.
„Wir sind nicht teuer, aber auch nicht billig“
„Wir wollen nicht nur gemütlich, sondern auch modern und abwechslungsreich sein.“ So stehen E-Bikes zum Verleih bereit, ein Yoga-Platz wird demnächst eingerichtet und die Dekoration und Einrichtung der Unterkünfte soll regelmäßig überarbeitet werden. Raffinessen, die freilich ihren Preis haben. „Wir sind nicht teuer, aber auch nicht billig“, umschreibt es Manfred Stockinger, ehe er konkret wird: Je nach Qualität und Anzahl der Bewohner der Ferienwohnungen, die von „standard“ bis „luxuriös“ klassifiziert sind, kostet eine Nacht im Feriendorf „Waidlerland“ 300 bis 360 Euro.
Geld, das gut investiert ist, wie der Architekt findet. Als Beleg dafür führt er u.a. an, dass es bereits jetzt, nach nur wenigen Monaten, Stammgäste gibt, die bereits dreimal ihre freien Tage im „Waidlerland“ verbracht haben. Einen gewichtigen Anteil am bisherigen Erfolg haben ohne Zweifel auch Lugge und Ava. In den nächsten Teilen des Comics, die in regelmäßigen Abständen in Pixi-Buch-Größe erscheinen sollen und vor Ort kostenlos erhältlich sind, begegnen die beiden Phantasie-Helden auf ihrer Wanderung in Richtung Lusen all denjenigen Themenbereichen, die im Feriendorf vorkommen. Und außerdem wird die Frage beantwortet, ob sie auch tatsächlich den Lusen-Schatz finden…
Helmut Weigerstorfer