München/Zenting. Ende Mai hatte Toni Schuberl, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, mit seinem Augsburger Parteikollegen Cemal Bozoglu (Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus) eine Anfrage an das Innenministerium hinsichtlich der Burschenschaft „Normannia Winterberg zu Passau“ sowie weiteren extrem rechten Schülerverbindungen in Bayern gestellt. „Die Antwort der Staatsregierung ist ernüchternd“, wie Schuberl der Presse gegenüber mitteilt.
„Offensichtlich ist das Innenministerium im Bereich der sogenannten Schüler-Burschenschaften weitgehend unwissend“, bedauert Schuberl. Das sei insofern gefährlich, da es dem Grünen-Politiker zufolge deutliche personelle und ideelle Überschneidungen mit rechtsextremen Gruppierungen gebe. „Wenn man sich ansieht, wie viele Passauer NPD-Funktionäre, wie Günther Resch, die nur scheinbar uralte Burschenschaft nach jahrelanger Inaktivität 2007 neu begründet haben, könnte man sie direkt als NPD-Burschenschaft bezeichnen“, sagt Schuberl, zumal es sich seiner Ansicht nach wohl gar nicht wirklich um eine Schülerverbindung handle.
„Tobias L. als besonderes Beispiel personeller Überschneidungen“
Auch ehemalige Republikaner, wie der heutige AfD-Stadtrat von Passau, Kurt Haimerl, und Oskar Atzinger, der Fraktionsvorsitzende der AfD im Passauer Kreistag, sollen „Alte Herren der Normannia“ sein, schreibt Schuberl in seiner Pressemitteilung. Es gebe personelle Überschneidungen mit den vom Verfassungsschutz beobachteten AfD-Gruppierungen Campus Alternative und Junge Alternative, die dem rechtsextremen Bereich zuzuordnen seien. Aus der Antwort auf die Anfrage von Schuberl und Bozoglu gehe hervor, dass die Gruppierung gemeinsam mit der Saxonia Czernowitz für Mitglieder warb. Prominentes Mitglied der Saxonia sei der Brandenburger Andreas Kalbitz, der jüngst von der AfD ausgeschlossen wurde. Die Staatsregierung bestätige außerdem, dass bereits mehrere Mitglieder der extrem rechten Burschenschaft „Markomannia Wien zu Deggendorf“ in den Farben der Normannia gesehen wurden. „In Verbindungskreisen bedeutet das die Mitgliedschaft“, schlussfolgert Schuberl.
„Ein besonderes Beispiel für personelle Überschneidungen ist Tobias L., der Mitglied der Markomannia war, zeitweise im Vorstand der Jungen Alternative Ostbayern aktiv war und auch in den Farben der Normannia zu sehen war“, teilt der Zentinger Landtagsabgeordnete weiter mit. „Der frühere Soldat L. war in den Blick des Militärischen Abschirmdienstes der Bundeswehr geraten. Dessen Hinweise führten 2017 bei L. zu einer Hausdurchsuchung. Ermittlungen hatten ergeben, dass davon auszugehen sei, L. habe sich illegal Waffen und Munition besorgt und diese in der Öffentlichkeit getragen sowie zwei vollautomatische Kriegswaffen bestellt, eine AK 47 und eine Uzi.“ Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss liegt dem Onlinemagazin da Hog’n vor. Bei der Durchsuchung konnte jedoch nichts gefunden werden. L. sei aufgrund seiner rechten Gesinnung aus der Bundeswehr entlassen worden.
„Leider schaffen es viele rechtsextreme Gruppierungen immer wieder, sich durch Neugründungen, Verlagerungen oder Umbenennungen der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entziehen“, bedauert Schuberl. Als Beispiel führt er die Auflösung des „Flügels“ der AfD an, deren Mitglieder und Verflechtungen wohl allesamt noch in der Partei seien – und auch weiterhin Einfluss hätten. Hier müsse der Verfassungsschutz flexibler werden, um Verdachtsfälle auch beobachten zu können. Der Hinweis des Ministeriums auf Präventionsmaßnahmen an Schulen gehe Schuberl zufolge hier ins Leere, da es sich bei der Normannia anscheinend nicht um eine echte Schülerverbindung handle, sondern nur der Name einer ehemaligen Schülerverbindung als Deckmantel verwendet worden sei. Die Burschenschaft sei nach Recherche der PNP an keiner Schule in der Region aktiv. Stattdessen verlinke die Normannia auf ihrer Webseite unter dem Titel „Heimatschutz“ auf die Bundeswehr, das österreichische Bundesheer, die Bundespolizei und die bayerische Grenzpolizei.
„Normannia steht der Markomannia in nichts nach“
Die inhaltliche Ausrichtung der Normannia zeige sich an Beiträgen im Internet. Schuberl:
„Das frühere Titelbild der Normannia auf Facebook zeigte das Deutsche Reich in den Grenzen von 1938 inklusive der sudetendeutschen Gebiete. Zum Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai schrieb sie 2010: ‚Der 8. Mai 1945 ist für uns ein Tag der Trauer.‘ Im folgenden Jahr konkretisierte sie dies mit den Worten: ‚Die p.B!Normannia Winterberg gedenkt in dankbarem Stolz seiner Wehrmacht und seiner Bundesbrüder die im Kampf gegen die Tyrannei ihr Leben ließen.‘ Dabei sei mit „Tyrannei“ die Sowjetunion gemeint gewesen.
„Die Normannia steht der Markomannia in personeller wie ideeller Sicht in nichts nach und ist als gefährliche rechtsextreme Organisation vom Verfassungsschutz zu beobachten“, fordert Toni Schuberl.
da Hog’n