Außernbrünst. „Wir Tuner wollen nicht über einen Kamm geschert werden mit denen, die sich aufführen wie die Idioten“, sagt Maxi Urmann und schüttelt den Kopf. Der 26-Jährige Eberhardsberger (Gemeinde Büchlberg) ist Teil der Tuning-Szene, die sich regelmäßig am Bayerwald-Rasthof B12 (landläufig besser bekannt unter dem Namen „Bachl-Tanke“) im Röhrnbacher Ortsteil Außernbrünst trifft, um dem gemeinsamen Hobby zu frönen, sich auszutauschen, zu quatschen. Eine Szene, die aufgrund zu lauter Motorengeräusche und nicht angepasster Fahrweise immer wieder in die Kritik gerät – und zuletzt von der Polizei verstärkt kontrolliert wurde. Doch er und seine Freunde fühlen sich zu Unrecht behelligt – weshalb es ihnen ein Anliegen ist, ihre Sicht der Dinge darzulegen.
Samstag, 11. Juli. Die Polizei kontrolliert Medienberichten zufolge an diesem Tag mehr als 180 Fahrzeuge, allein 45 davon an der Bachl-Tankstelle. Im Fokus: die Tuning-Szene. In 42 Fällen werden dabei technische Defizite festgestellt, drei Fahrzeuge mussten aufgrund schwerwiegender Mängel stillgelegt werden. Maxi Urmann, der den Polizeinsatz als „Großrazzia“ bezeichnet und mit seinem tiefergelegten Skoda Fabia selbst nicht kontrolliert wurde, hat für die Aktion im Rückblick wenig Verständnis übrig.
„Der glaubt alles besser zu wissen als der TÜV“
„Die Tuning-Szene wird derzeit von der Polizei ziemlich unter die Lupe genommen. Wir, wie auch viele andere, wollen nicht gegen die Polizei arbeiten, sondern friedlich mit ihr leben“, betont er und ergänzt: „Es gibt viele Tuner, die sich normal auf den Straßen innerhalb einer Ortschaft oder an der Tankstelle aufführen. Doch die werden dann aufgrund von ein paar schwarzen Schafen, die durch aufheulende Motoren, Burnouts, Drifts und Geschwindigkeitsverstöße negativ auffallen, ebenso von der Polizei gepeinigt bzw. willkürlich kontrolliert.“
Besonders hervorheben möchte Urmann dabei das Verhalten eines Freyunger Polizeibeamten – von ihm als „selbsternannter Tuning-Experte“ bezeichnet -, „der glaubt alles besser zu wissen als der TÜV“. Dieser soll oft sehr unhöflich mit den Tunern umgehen und schnell laut werden, so der 26-Jährige. „Viele wissen, wen ich meine. Es geht nicht drum, dass er uns kontrolliert, sondern es geht darum, wie er kontrolliert“, prangert der gelernte Elektriker an. „Ein Kumpel von mir hat einmal von ihm einen Platzverweis an der Bachl-Tanke bekommen, weil er angeblich sein Auto nicht richtig eingeparkt hatte.“ Und weiter: „Ich finde es okay, wenn seitens der Polizei kontrolliert und Präsenz gezeigt wird, aber wenn der eine besagte Polizist auftaucht, ist dieser mit Vorsicht zu genießen.“
Wenig erbaulich empfindet er die Sache mit der Lärmbelästigung, unter der die Nachbarschaft der Außernbrünster Tankstelle zu leiden hat. „Viele Anwohner haben sich beim Bürgermeister beschwert, dass stets durch die Ortschaft gerast wird und die Autos recht laut sind.“ Urmanns Vorschlag, um dies künftig zu unterbinden: „Ich kenne viele Leute aus der Szene, die kein Problem damit haben, wenn innerorts Geschwindigkeitshügel oder ein stationärer Blitzer aufgebaut werden – dann könnte sich die Situation beruhigen.“
„Wir möchten uns von denen distanzieren“
Der Eberhardsberger hatte sein Faible fürs Auto-Tuning bereits sehr früh entdeckt und seitdem viele Autos hergerichtet, umgebaut und durch die Gegend gefahren. Seine älteren Freunde hatten ihn fürs Schrauben begeistert, als er selbst noch keinen Führerschein besaß.
„Ich bin da hinein gewachsen“, sagt er. „Ich interessiere mich für alle Automarken, ich bin für alles offen.“ Sein 101-PS-starker Skoda Fabia besitzt ein tiefergelegtes Fahrwerk, die Original-Felgen wurden ausgetauscht. Auch den Motor hat er optimiert – „alles legal und eingetragen“, wie er, der sich regelmäßig mit rund zwanzig Leuten aus seiner Clique an der Bachl-Tanke trifft, betont. „Tuner wollen sich von der Masse abheben, wollen ihr Fahrzeug individualisieren“, sagt er. Bei den Umbauten wolle er seiner Fantasie, soweit dies der rechtliche Rahmen erlaubt, freien Lauf lassen.
„Egal, wo wir Tuner uns hinstellen, ob in Grafenau oder in Passau, es ist überall das Gleiche: Wir sind nicht gerade willkommen“, stellt Maxi Urmann fest. „Und dann gibt es eben immer ein paar Vollidioten, die aus der Reihe tanzen – wir möchten uns von denen distanzieren. Und das sagen wir ihnen auch, indem wir sie darauf ansprechen. Wir haben außer der Bachl-Tanke sonst irgendwann überhaupt keinen Platz mehr, wo wir uns treffen, wo wir uns jederzeit etwas zu essen und zu trinken kaufen können.“
Das sagt der Bürgermeister
Röhrnbachs neuer Rathaus-Chef Leo Meier spricht von „sehr massiven Beschwerden“, die es seit längerer Zeit sowie aktuell seitens der Anwohner gebe und die ihm regelmäßig durch die betroffenen Bürger mitgeteilt würden.
„Neben der Lautstärke wird die hohe Geschwindigkeit der Auto- bzw. Motorradfahrer zurecht angeprangert“, teilt er dem Onlinemagazin da Hog’n gegenüber mit. Die extreme Fahrweise sei rund um die Bachl-Tankstelle sowie auf der direkt angrenzenden Bundesstraße 12 festzustellen.
Aufgrund der Umtriebe der sich dort versammelnden Tuning-Szene habe die Gemeinde vor längerer Zeit mit der Firmengruppe Bachl direkten Kontakt aufgenommen, so Meier weiter. In der Folge sei von der Firma Bachl ein Sicherheitsdienst installiert worden, der Meier zufolge sehr gute Arbeit leistet. Zudem wurde mit der Polizeiinspektion Freyung vereinbart, verstärkte Kontrollen auch in Zivil durchzuführen. „Durch diese Maßnahmen ist bereits ein kleiner Erfolg für die Anwohner eingetreten – wir hoffen, dass dies auch so bleibt.“
Das sagt die Polizei
Bei der in diesem Jahr bislang ersten und einzigen Kontrolle mit Schwerpunkt Tuning-Szene im Einsatzgebiet der Polizei-Inspektion Freyung wurden laut Polizeihauptkommissar Walter Scheungrab überwiegend verbotene An- und Einbauten geahndet, was zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führte. In diesen Fällen wurde Anzeige erstattet. Geringfügige Verstöße verwarnten die Beamten gebührenpflichtig.
Bei den Kontrollen werde grundsätzlich besonders darauf geachtet, dass die Fahrzeuge verkehrssicher sind. „Neben den vorgeschriebenen Bau-, Betriebs- und Ausrüstungsvorschriften werden die Kraftfahrzeuge beispielsweise auch auf überlaute Motorengeräusche überprüft“, berichtet Scheungrab. Eine auffälligere Tuning-Szene hinsichtlich der Verstöße im Bereich der PI Freyung im Vergleich zu benachbarten Polizei-Inspektionen konnte ihm zufolge bislang nicht festgestellt werden. „Lediglich der gewählte Treffpunkt an der Bachl-Tankstelle lässt die Anzahl der Fahrzeuge auffällig werden.“
Die Mehrheit der angehaltenen Fahrzeugführer zeige sich kooperativ bei den Kontrollen. Da die Beamten währenddessen über entsprechende Vorschriften informieren und selbst bei der Erfordernis einer Ahndung (Anzeige oder Verwarnung) aufklärend auf die Personen einwirken würden, verhielten sich die Kontrollierten meist einsichtig und hätten Verständnis für die Erfordernis des polizeilichen Einschreitens. „Konflikte blieben deshalb bisher aus“, so Scheungrab.
Auf die Frage, wie sehr sich die Auto-Tuner in Sachen Ein- und Anbauten im Graubereich bzw. illegalen Bereich bewegen, teilt der Polizeihauptkommissar mit: „Graubereiche bezüglich der Tuning-Ausstattung sind hier eher die Ausnahme, weil die Vorschriften klar definieren, was erlaubt ist und was nicht.“
Die Auto-Tuning-Szene im Zuständigkeitsbereich der PI Freyung, speziell bei der Tankstelle Bachl, ist seiner Einschätzung nach „nicht besorgniserregend“. Es gebe viele Tuning-Begeisterte, die sich lediglich in gemeinsamer Runde treffen wollen. „Andere schlagen jedoch über die Stränge, posen mit überlautem Motorengeräusch am Nachmittag als auch in den Abend- und Nachtstunden, was zu Lärmbelästigungen in der Nachbarschaft des Tankstellengeländes führt.“ Anwohner des Geländes hätten sich in jüngster Vergangenheit beschwert, bestätigt er die Aussage von Bürgermeister Meier.
Das sagt der Tankstellen-Betreiber
Wir wollten von Tankstellenleiter Marcus Nodes wissen, wie er dazu stehe, dass sich die regionale Tuning-Szene die Bachl-Tankstelle als Treffpunkt auserwählt hat, und ob er die Tuner als willkommen Gäste oder eher als „leidiges Nebenprodukt“ betrachtet. Wir wollten ihn fragen, wie er die verstärkten polizeilichen Kontrollen und die Anwohnerbeschwerden hinsichtlich Lärmbelästigung bewertet, genauso wie seiner Meinung nach etwaige Konflikte zwischen Tunern und Anwohnern gelöst werden könnten. Hier geht’s zur Stellungnahme.
Stephan Hörhammer