FRG/REG. Für teils sehr hitzige Diskussionen sorgte hierzulande in den vergangenen Tagen – u.a. angestoßen vom gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd, das Thema „Racial Profiling„. Darunter versteht man die Praxis, Menschen insbesondere aufgrund ihrer Hautfarbe polizeilichen Kontrollen zu unterziehen. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hatte der Bundesrepublik eine Studie zu Racial Profiling ans Herz gelegt. Nachdem verschiedene Medien zuvor berichteten, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer eine solche Untersuchung ablehne und er dafür harsche Kritik seitens Betroffener und sogar aus dem Lager der Polizei selbst erntete, heißt es nun, dass er nie geplant habe eine Racial-Profiling-Studie veranlassen zu wollen.

„In Deutschland häufen sich die Vorwürfe in Bezug auf Rassismus bei Polizeikontrollen“, schreibt die Frankfurter Rundschau. Foto: pixabay.com/ 4711018
„Aufklärung täte dringend Not. Aber Innenminister und Polizeibehörden machen lieber dicht. Und nähren damit den Verdacht, dass sie da wohl doch so einiges zu verbergen haben“, kommentierte Georg Restle, Moderator des ARD-Magazins „Monitor„, noch vor einer Woche. Eine Aussage, mit der das Onlinemagazin da Hog’n die Polizeibeamten in der Region im Rahmen einer Umfrage konfrontieren wollte. Genauso wollten wir von den Polizeichefs der Inspektionen Freyung, Grafenau, Zwiesel, Regen und Viechtach sowie dem Vorstehenden der Polizeistation Waldkirchen wissen, ob sie bereits mit Racial-Profiling-Vorwürfen in ihrem Alltag zu tun hatten, ob es eine Art innerpolizeilichen Maßnahmenkatalog gebe, um etwaiges Racial Profiling zu unterbinden, und ob sie die Argumente von Seehofers Kritikern, die behaupten, dass es sehr wohl eine solche Studie brauche, um für Klarheit zu sorgen, nachvollziehen könnten.
Niederbayerische Polizei will nicht mitpolitisieren
Statt mehreren Stimmen aus den jeweiligen Polizeieinrichtungen der Landkreise Freyung-Grafenau und Regen erhielten wir lediglich eine Rückmeldung. „Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Niederbayern übernimmt die Beantwortung Ihrer Anfrage stellvertretend für alle angeschriebenen Dienststellen“, teilt uns Polizeihauptkommissar Johann Lankes mit – und fügt in knappen Worten hinzu: „Die von Ihnen angesprochenen Themen werden aktuell bundesweit politisch diskutiert. Die niederbayerische Polizei wird sich aus Gründen der Neutralität nicht an dieser politischen Diskussion beteiligen.“
Das Phänomen „Racial Profiling“ – auf satirisch-witzige Weise erklärt:
Etwas redseliger zeigt sich hingegen Polizeioberrat Peter Schall, bayerischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Er ist der Meinung, das Thema werde momentan „derart hochgekocht“, dass eine sachliche Diskussion kaum noch möglich sei – und werde von bestimmten Kreisen als „willkommene Munition“ gegen Bundesminister Seehofer verwendet. „Insofern ist fraglich, ob hier noch eine neutrale Studie möglich ist, wobei es sicherlich auch darauf ankommt, wer bzw. welche Institution den Auftrag bekommen würde.“
„Werden uns nicht gegen eine Studie stellen“
Die Gewerkschaft der Polizei jedenfalls hält eine Studie in der momentan aufgeheizten Stimmung „eher für schädlich“, wie Peter Schall betont. „Wenn sich die Diskussion wieder beruhigt hat und die Politik diese Studie als notwendig erachten sollte, werden wir uns allerdings nicht dagegen stellen. Es besteht ja unsererseits die Vermutung, dass eine neutrale Studie dann feststellt, dass es eben keinen hausgemachten und ständigen Rassismus bei der Polizei gibt.“

Es gibt kein Rassismus-Problem innerhalb der Polizei, also brauchen wir auch keine Studie – auf diesen Nenner brachten die Kritiker Seehofers dessen Absage an eine Untersuchung in Sachen Racial-Profiling innerhalb der Polizei. Foto: Hog’n-Archiv
Die bayerische Polizei sei bürgerfreundlich und dem Grundgesetz verpflichtet, insofern ist Schalls Einschätzung zufolge mit keinem strukturellen Rassismus-Problem zu rechnen. Er fügt an: „Dass es Einzelfälle gibt, ist schon jetzt bekannt – und wird ja von den Kritikern an Seehofer als Begründung für die Notwendigkeit einer Studie angeführt.“
Als Grundproblem betrachtet Schall, dass die Polizei im Rahmen ihrer Aufgaben den vorliegenden Erkenntnissen folge – insbesondere bei der Fahndung nach illegal eingereisten Migranten sowie bei der Kontrolle von erkannten Dealer-Schwerpunkten, wenn dort etwa Schwarzafrikaner recht aktiv seien. Genauso gestalte sich die Erkenntnislage bei Einbrüchen, die überwiegend von Ost- und Südeuropäern begangen werden, wenn etwa entsprechende Täterhinweise vorliegen würden. Darunter falle auch die Kriminalitätslage durch Mitglieder arabischer Clans in manchen deutschen Großstädten.
„In keinster Weise mit der Situation in Deutschland vergleichbar“
„Bei diesen Beispielen ist es logisch, dass die Polizei Personen aus dem geschilderten Umfeld kontrolliert – und es bringt im Sinne des Fahndungsauftrags in diesen Fällen nichts, z.B. blonde Frauen, Asiaten oder ältere Menschen zu kontrollieren“, verdeutlicht der Gewerkschaftsvorsitzende. „Dass natürlich ein von der Kontrolle Betroffener nicht begeistert ist, wenn er ständig von der Polizei kontrolliert wird, nur weil er eben zufällig im Fahndungsraum – etwa als Pendler – immer wieder vorbei kommt und dem Fahndungsraster entspricht, ist verständlich.“

Peter Schall. Foto: gdp.de
Racial Profiling liegt nach Schalls Ansicht dann vor, wenn jemand ohne konkreten Anlass nur deshalb kontrolliert wird, da er beispielsweise Schwarzafrikaner oder Osteuropäer ist. Ein lageangepasstes Einschreiten und auch die Erklärung einer Kontrolle werde regelmäßig durch die Polizei erfolgen – „nur: ob der Kontrollierte das so akzeptiert, ist eine andere Frage“. Schall meint dazu abschließend: „Seitens der Migrantenverbände und Hilfsorganisationen kommt hier eben leider immer wieder der Vorwurf, man habe jemand nur deshalb kontrolliert, weil er eben eine andere Hautfarbe oder ein anderes Aussehen habe.“ Viele Beamte hätten momentan den Eindruck, dass sie aufgrund der Vorkommnisse in den USA unter Generalverdacht stehen – „allerdings sind die Verhältnisse dort in keinster Weise mit der Situation hier in Deutschland vergleichbar“.
Stephan Hörhammer