Passau. Ein Laden namens „Treibholz„, in unmittelbarer Nähe zum Inn. Doch wer hier aus dem Fluss gefischte Äste oder Stämme erwartet, wird nicht fündig werden. Und eigentlich stimmt auch die Bezeichnung „Laden“ nicht so ganz. Inhaber Mario Götz spricht lieber von seiner Werkstatt. Der 43-Jährige verkauft zwar unter anderem selbstgebaute Gitarren, er repariert für seine Kunden aber auch Instrumente oder befestigt an ihnen Tonabnehmer. Ein Besuch in der Gitarrenmanufaktur in der Passauer Theresienstraße.
Götz, ein gebürtiger Passauer, war immer schon musikbegeistert: Bereits mit 15 Jahren hegte er den Wunsch sich eine Gitarre zuzulegen. Und so nahm er einen Nebenjob an, um sich diesen Traum zu erfüllen. Doch es reichte ihm nach dem Kauf des Instruments nicht, es lediglich spielen zu können – getrieben von der Neugier, wie Gitarren funktionieren, baute er seine E-Gitarre kurzerhand auseinander und war von ihrem simplen Aufbau überrascht. Das Spielen selbst erlernte er autodidaktisch. Und so dauerte es nicht lange, bis er Mitglied in einer Band namens „Saitenscheitel“ wurde und sich mit Live-Auftritten seine Ausbildung zum Erzieher finanzierte, als der er bis heute tätig ist.
Von der Privatwerkstadt in die Passauer Innenstadt
Nach dem Schulabschluss beschloss Mario Götz jedoch zunächst nach München zu ziehen, um dort den Beruf des Vollziehungsbeamten zu erlernen. „Das war aber nichts“, erinnert er sich an jenen Fehltritt. Und in der Landeshauptstadt habe er sich so gar nicht wohlgefühlt. Kleinere Städte wie Passau sind da weitaus mehr nach seinem Geschmack. Er bevorzugt den persönlichen Umgang mit seiner Kundschaft, zu der übrigens auch viele heimische Musiker gehören.
Mario Götz ist ein offener und herzlicher Mensch, das merkt man auf Anhieb: Er bittet jeden Besucher seiner Werkstatt freundlich herein, bietet ihm Kaffee an und sucht das Gespräch mit ihm. Der enge Kundenkontakt sei unter anderem ein ausschlaggebender Grund dafür gewesen, warum er Anfang 2018 seine Werkstatt in der Passauer Innenstadt eröffnete: „Ich habe bereits 2015 damit angefangen Gitarren zu bauen und zu reparieren – mein Schwiegervater hat eine Autowerkstatt in Scheuereck bei Fürstenzell, wo auch für meine Zwecke genügend Platz ist.“ Denn das Fräsen des Holzes und die Weiterverarbeitung produziert extrem viel Staub. Das wolle er seiner Frau in den eigenen vier Wänden nicht antun. Doch kleinere Arbeiten erledigt Mario Götz auch von Zuhause aus.
Bevor er seinen heutigen „Treibholz“-Laden aufmachte, kamen die Kunden oft zu ihm nach Hause, um ihre Instrumente dort abzuholen oder dem Gitarrenbauer beim Werkeln zuzusehen. „Und wenn Musikfans einmal ins Gespräch kommen, hören sie so schnell nicht mehr auf“, erklärt Mario Götz und lacht. Deshalb sei es seine Frau gewesen, die ihn vor drei Jahren bat ein Geschäft in Passau zu eröffnen. „Meine Frau ist ebenso offen wie ich – aber ich kann’s schon verstehen, dass es auf Dauer nervt, wenn alle zwei Tage bis spät in die Nacht im eigenen Wohnzimmer gefachsimpelt wird.“
Zuschauen erlaubt
Außerdem halte er sich gerne in seinem Laden in der Theresienstraße auf: „Die Lage ist super und für viele auch besser zu erreichen.“ Denn eine Gitarre müsse man seiner Meinung nach vor dem eigentlichen Kauf erst einmal testen – dies sei auch einer der Gründe, warum (angehende) Musiker zu ihm kommen. „Heutzutage schaffen sich viele ihr Instrument übers Internet an, weil es schön billig ist“, erklärt Mario Götz. „Doch dann klingt die Gitarre nicht g’scheid oder es gibt ein anderes Problem, mit dem sie dann zu mir kommen.“
Neben der Klangprobe gibt es für den 43-Jährigen noch weitere Argumente für den Erwerb vor Ort: „Eine Gitarre muss schön sein. Die Haptik muss stimmen, es muss sich gut anfühlen, sie in der Hand zu halten.“ Hier spricht nicht nur der erfahrene Werkstattbesitzer aus ihm, sondern auch der Musikfan, der bereits als Gitarrenverkäufer gearbeitet hat. Auf diese Weise lernte er übrigens seine Frau kennen: „Sie wollte eine Gitarre kaufen – und hat nicht nur die bekommen“, erzählt Mario Götz mit einem Schmunzeln.
Seine eigene Klampfe habe er immer mit im Laden dabei, beispielsweise um Kunden verschiedene Tonabnehmer oder Verstärker zu präsentieren. Beim Einbauen dürfe man ihm gerne zusehen, schließlich sei eine Gitarre seiner Ansicht nach viel mehr als nur ein Gegenstand – sie habe für den Besitzer auch einen hohen emotionalen Wert.
„Treibholz“ – ein Name mit Augenzwinkern
Die Leidenschaft zur Musik ist Mario Götz deutlich anzumerken. Da er hauptberuflich bei der Caritas als Erzieher beschäftigt ist, trifft man ihn nur freitags in seiner Werkstatt an – an den Wochenenden und abends arbeite er auch gerne daheim.
Er liebe seinen Beruf, doch das Handwerk stelle einen passenden Ausgleich für ihn dar. Während seiner Pflegetätigkeit in einer Einrichtung für geistig beeinträchtigte Menschen kam der Passauer vor ein paar Jahren auf die Idee, mit den Bewohnern Gitarre zu spielen. „Man nimmt sich immer selbst mit“, sagt er – deshalb sei es für ihn nur logisch seine Leidenschaft in verschiedene Alltags- und Lebenssituationen zu integrieren.
Dass er auch seinen Humor stets mit dabei hat, bewies Mario Götz bei der Namensgebung seiner Werkstatt: „Zur Eröffnung schenkte mir ein guter Freund eine selbstgebaute Figur. Das brachte mich dazu ein Wortspiel einzubringen, das die Leute ein wenig hinters Licht führt. Ich wurde schon oft gefragt, ob ich wirklich Treibholz für meine Gitarren verwende. Der Name ist also mit einem Augenzwinkern zu sehen.“ Denn anstelle von Treibholz nutzt er heimische Hölzer wie Nussbaum- oder Weidenholz. Diese seien „komplett grün“, da es sich nicht um Tropenholz handele. „Ich beziehe das Material von einem bayerischen Tonholzhändler – dafür muss kein Regenwald gerodet werden.“
„Das ist Freddy!“
Durch die Nähe zum Händler könne er zudem vor Ort entscheiden, welches Holz er weiterverarbeiten möchte. Besonders großen Wert lege er auf schöne Maserungen, die die selbstgebauten Instrumente noch einzigartiger machen: „Diese hier zum Beispiel hat ein richtig tolles Muster. Das ist Freddy!“ Denn einen Namen bekommen alle seine selbstgebauten Instrumente.
Malin Schmidt-Ott