Hinterschmiding. Von einer harmonischen Zusammenarbeit im Gemeinderat ist man in Hinterschmiding offensichtlich noch ein Stück weit entfernt. Zu tief scheinen die Gräben zwischen der ÜWG, der Bürgermeister Fritz Raab angehört, auf der einen Seite sowie der „Opposition“, die sich aus CSU und FWG Herzogsreut zusammensetzt, auf der anderen zu sein. „Wir Gemeinderatsmitglieder wurden bei der von der ÜWG einberufenen Eilsitzung am 20. Mai mit unangemessener Kritik überrumpelt“, heißt es in einer Stellungnahme von CSU/FWG, die auch dem Onlinemagazin da Hog’n vorliegt – und die in der lokalen Presse zwar am Rande erwähnt, inhaltlich jedoch gänzlich in der Berichterstattung ausgeklammert wurde.
Gewisse „Unstimmigkeiten“ bahnten sich bereits in der konstituierenden Gremiumssitzung Anfang Mai an, in deren Nachgang von Absprachen zwischen den beiden Fraktionen CSU Hinterschmiding (5 Sitze) und FWG Herzogsreut (3 Sitze), von einer „Machtdemonstration“ gegenüber der ÜWG (6 Sitze) sowie einer „Contra-Bewegung in Richtung Bürgermeister Raab“ die Rede war. Neben der Vereidigung der neugewählten Ratsmitglieder, der Wahl der beiden Bürgermeisterstellvertreter sowie deren Festsetzung der Entschädigung stand unter anderem auch der Erlass einer neuen Geschäftsordnung auf der Tagesordnung. Diese konnte aufgrund diverser Einwände von Seiten der CSU und der FWG Herzogsreut (bis dato) nicht verabschiedet werden. Zur Kontroverse weiter beigetragen hatte zudem die Kürzung der Dienstaufwandsentschädigung des ersten Bürgermeisters, die insbesondere in der knapp zwei Wochen später erfolgten Eilsitzung (20. Mai) für größere Diskussionen sorgte (da Hog’n berichtete).
„Herrschaft des Volkes, nicht über das Volk“
Eingangs der jüngsten Gemeinderatssitzung (10. Juni) überreichte nun die CSU/FWG im Nachgang zur Eilsitzung eingangs erwähnte Stellungnahme an Bürgermeister Raab und ÜWG-Sprecher Harald Pauli mit der Anmerkung, dass „es unser gutes Recht ist, nochmals in Ruhe darauf zu antworten“. Im Wortlaut heißt es:
Zur Wahl der weiteren Bürgermeister und zum Vorwurf der „Machtdemonstration“
Es gibt keine „Machtdemonstration“ der CSU und FWG wie von der ÜWG ständig behauptet wird. Der Wählerauftrag für die CSU und FWG war klar und deutlich: Mehr Mitbestimmung durch die Gemeinderatsmitglieder im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten. Das ist Demokratie. Einerseits wird von der ÜWG aufgrund mancher 8:6 Entscheidungen vom Fraktionszwang der CSU- und FWG-Gemeinderatsmitglieder gesprochen, andererseits bedeutet ja das :6 im Umkehrschluss, dass die ÜWG geschlossen die Hand hebt. Diese Vorwürfe könnte man also genauso gut zurückgeben.
Die ÜWG widerspricht sich selber, einerseits wird geworben um gegenseitige Wertschätzung und respektvollen Umgang und genau gegenteilig wurde gehandelt, als der zweite und dritte Bürgermeister gewählt wurden. Hier wurde kein Respekt und Vertrauen entgegengebracht und der Ausgang der geheimen Wahl kritisiert: Zum einen, dass ein Nachrücker zum dritten Bürgermeister gewählt wurde und zum anderen wurde behauptet, dass insbesondere der zweite Bürgermeister keine Vertrauensperson des ersten Bürgermeisters sei und dies eine Zusammenarbeit unmöglich mache. Mit klaren Worten wurde von der ÜWG das Misstrauen gegenüber den gewählten Stellvertretern ausgesprochen, aber im gleichen Atemzug die „gute Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinde“ gepredigt. Die Gemeinderatsmitglieder der CSU und FWG haben aus eigener Überzeugung ohne Fraktionszwang abgestimmt – die Mehrheit entscheidet, das ist Demokratie.
Es kann nicht sein, dass alleinig eine Partei regiert, die nur 40 Prozent der Wähler hinter sich hat und dass diese Partei neben dem ersten auch den zweiten Bürgermeister stellt (so wie von der ÜWG vorgeschlagen und eingefordert). Herr Hackl ist jetzt ununterbrochen seit 18 Jahren im Gemeinderat, war davon zwölf Jahre dritter Bürgermeister und hatte bei der Bürgermeisterkandidatur einen Rückhalt von 45 Prozent der Gemeindebürger. Auch diese 45 Prozent der Bürger verdienen einen Bürgermeister ihres Vertrauens. Und dass die Bürger Herrn Hackl (die Rede ist von CSU-Bürgermeisterkandidat Roland Hackl – Anm. d. Red.) als zweiten Bürgermeister akzeptieren und respektieren, zeigen eine Vielzahl von Anfragen, die alleine in den letzten Wochen direkt an ihn herangetragen wurden.
Das leidige Thema Dienstaufwandsentschädigung
(…) Leider wurde nie der gesamte Sachverhalt dargestellt, den es aber braucht, um zu verstehen, warum man einerseits eine Dienstaufwandentschädigung des ersten Bürgermeisters kürzt und andererseits einen Antrag auf Erhöhung der Entschädigung des zweiten Bürgermeisters stellt. Beides ist notwendig, um eine angemessene und gerechte Höhe der Entschädigung zu erzielen
Die Ausgangslage ist nämlich eine andere – und diese wird in der Berichterstattung gerne mal unterschlagen. Während der erste Bürgermeister neben seiner gesetzlich vorgeschriebenen Besoldung (A14 Endstufe = ca. 6.000 Euro brutto) eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von knapp 800 Euro (fast das Maximum des vorgesehenen Rahmensatzes) plus zusätzlich 350 Euro Kilometerpauschale (monatlich) erhalten hat, was im Vergleich zu ähnlich großen und strukturierten Gemeinden überdurchschnittlich viel war (selbst die Stadt Waldkirchen hat ihrem ersten Bürgermeister weniger zugesprochen), wurde Herrn Hackl nur eine Pauschale von 100 Euro zugestanden, wohingegen der Durchschnitt der Entschädigungen eines zweiten Bürgermeisters bei dieser Einwohnerzahl bei 300 Euro liegt (Auskunft der Rechtsaufsicht am Landratsamt).
Die Einwände des ersten Bürgermeisters, dass der zweite Bürgermeister in den letzten Jahren kaum Vertretungen wahrgenommen hat, kann so auch nicht unkommentiert stehen gelassen werden (siehe auch Sitzungsprotokoll vom 07.05.2020).
Der zweite Bürgermeister ist neben den offiziellen Vertretungen in Abwesenheit des ersten Bürgermeisters ja auch Anlaufstelle und offenes Ohr für Bürger der Gemeinde, diese Stunden werden dabei völlig außer Acht gelassen. Außerdem liegt es in der Hand des ersten Bürgermeisters, seinen Vertreter auch mal diese Rolle aktiv ausüben zu lassen. Wir hoffen daher, dass die Aussage des ersten Bürgermeisters, Herrn Hackl „keinen einzigen Termin übergeben zu wollen“, nur im Affekt getroffen wurde. Herr Hackl selbst ist jedenfalls bereit sein Amt als zweiter Bürgermeister auch aktiv zu leben.
Unwahre Aussagen zur Geschäftsordnung und Kompetenz-Beschneidung des BGM
Fakt ist, der vorgelegte Entwurf der Geschäftsordnung 2020-2026 wurde noch nicht beschlossen. Fakt ist aber auch, dass die bisherige Geschäftsordnung 2014-2020 einfach weiterhin gilt. Das heißt: Die Wertgrenze von 5.000 Euro für laufende Angelegenheiten des ersten Bürgermeisters, die im April 2020 galt, gilt auch jetzt noch. Eine Beschneidung ist hier nicht ersichtlich. Bei „Gefahr in Verzug“ gibt es außerdem keinerlei Wertgrenze, d.h. die Aussagen, dass der neue Gemeinderat die Verwaltung lahmlegt, stimmen schlichtweg nicht.
Laut Sachvortrag sollte der neue Entwurf ja „keine wesentlichen Änderungen“ im Vgl. zur Version 2014-2020 enthalten. Bei einer Gegenüberstellung stellte sich heraus, dass der mitunter relevanteste Teil der GeschO, nämlich die Wertgrenze, bis zu der der Bürgermeister eigenständig entscheiden darf, verdoppelt wurde auf 10.000 Euro. Stillschweigend. Dies führte zu Nachfragen. Letztendlich liegt der Kompromissvorschlag der GRM der CSU und FWG jetzt bei der Rechtsaufsicht zur Prüfung, da der erste Bürgermeister hier die Beibehaltung der 5.000 Euro Grenze nicht akzeptieren wollte.
Demokratie besteht nicht nur aus einstimmigen Beschlüssen. Zum Wohl der Bürger darf auch hinterfragt, kontrovers diskutiert und eben auch mal anders als vorgelegt entschieden werden. Demokratie, wie die Wortbedeutung schon sagt, ist die „Herrschaft des Volkes“, nicht die Herrschaft über das Volk. (…)“
Keine Antwort vom Bürgermeister
Auch dieses Mal hatte da Hog’n Hinterschmidings Bürgermeister Fritz Raab um Stellung gebeten, ihn gefragt, wie er zu den aktuellen Einwänden seitens der CSU/FWG steht. Auch dieses Mal blieb eine Rückmeldung aus. Ebenso sah sich ÜWG-Sprecher Harald Pauli nicht imstande, unsere Nachfragen zu beantworten.
da Hog’n