Passau. Selbstgebaute Bierbänke aus Getränkekisten, große Schirme und jede Menge Pflanzen: Der Außenbereich der neuen Passauer Café-Bar „studio12“ fällt einem bereits von Weitem ins Auge. Und beim näheren Hinsehen fällt auf: Hier wurde viel Wert auf Details gelegt. Anstatt auf standardisierten Kaffeemöbeln, sitzen die Gäste an niedrigen Holztischen und schlürfen ihren Kaffee zwischen selbstgepflückten Blumen, außergewöhnlicher Dekoration und sprießenden Grünpflanzen.
Vor wenigen Wochen erst eröffneten Adrian Tadić (24) und Finn Kirberg (25) das studio12. „Bei uns ist der Name Programm“, erklärt Student Adrian. „Es unser Projekt – ein Ort für verschiedenste kulturelle Angebote.“ Die Zahl 12 verdankt das Lokal der Hausnummer des Gebäudes. Aufgrund der Corona-Pandemie und der vorherrschenden Quarantäne-Bestimmungen der vergangenen Monate musste die ursprüngliche Eröffnung von April auf Juni verschoben werden. „Dafür war die Freude dann umso größer“, meint Adrian. Der 24-Jährige kam vor vier Jahren aus München in die Dreiflüssestadt. „2016 hab‘ ich begonnen, Kulturwirtschaft zu studieren – so hab‘ ich auch Finn kennengelernt.“
„Ausgeh-Kultur hat ihre ganz eigenen Gesetze“
Die beiden Freunde verband von Anfang an die Leidenschaft zur Musik und Kultur. Im vergangenen Sommer hatten sie die Idee, eine eigene Bar zu eröffnen. Bereits im Dezember 2019 nutzten sie die damals leerstehenden Räume, um einen ersten Testversuch zu starten: „Wir konnten den Laden einen Abend lang mieten, hatten dafür ein kleines Programm zusammengestellt. Zuerst gab es Live-Musik am Piano, danach wollten wir es Freunden ermöglichen, kurze Lesungen zu halten. Der Kamin im Hinterzimmer hat da natürlich für die perfekte Stimmung gesorgt“, erinnert sich Inhaber Finn. Später am Abend folgte noch eine „energetischere Musiksession“ mit Saxofon, Gesang und Piano.
„Wir wollten einfach mal ausprobieren, wie gut wir Kultur, Gastro und Begegnungen nach unseren Vorstellungen vereinen können.“ Denn für Adrian und Finn sind dies die wichtigsten Aspekte, um für ihre Gäste eine angenehme Atmosphäre zu schaffen: „Die Ausgeh-Kultur hat ihre ganz eigenen Gesetze. Dazu gehören vor allem die Musik, das Ambiente, die Speise- und Getränkekarte – und natürlich die Menschen.“ Begegnungen stehen für die jungen Betreiber an erster Stelle – egal, ob man sich mit Freunden trifft oder neue Bekanntschaften schließt. „Auch die Begegnung mit Musik, Texten oder anderen Kunstformen soll bei uns nicht zu kurz kommen“, erzählt Adrian weiter.
Ihren Gästen möchten sie eine „interessante Karte“ bieten, die zu Passau passt: „Die Stadt hat ja nicht umsonst den Spitznamen bayerisches Venedig. Wir sind beide große Fans der Aperitivo-Kultur, wie sie aus Italien oder Spanien bekannt ist.“ Das heißt: Tapas, Häppchen, leichte Drinks und Lebensfreude. Auch Weine, Longdrinks, Aperitive und sogar Aperol-Bier finden sich im Repertoire wieder. Angeboten wird nur, was die Jungs auch selbst überzeugt.
„Möchten einen weiteren sozialen Treffpunkt realisieren“
Großer Wert wird auf regionale Produkte gelegt. „Die Kaffeebohnen etwa stammen aus einer Rösterei in der Nähe von Regensburg, beim Gin haben wir uns für die Marke Penninger entschieden. Regional ist einfach nachhaltiger“, sagt Adrian. „Gerade in Passau und Umgebung gibt es eine Menge toller Hersteller, die sich von der Masse abheben“, pflichtet Finn ihm bei.
Mit der Eröffnung der Café-Bar haben sich die beiden dazu entschieden, der Region weiter treu zu bleiben: „Wir werden demnächst mit unserem Studium fertig und wollten eigentlich danach in eine Großstadt ziehen“, berichtet Adrian. „Aber ganz ehrlich: Passau war immer gut zu uns – und es ist schade, dass so viele Leute nur zum Studieren hierher kommen und dann wieder weggehen. Die Stadt hat trotz ihrer Größe extrem viel zu bieten – wir möchten nun einen weiteren sozialen Treffpunkt realisieren.“
Und so vereinen sie den Start ins Berufsleben mit ihrer Vision, noch mehr Vielfalt in die Unistadt bringen zu wollen. „Wir interessieren uns schon lange für Eventplanung und haben 2017 das Musikkollektiv Polyphon mit Freunden gegründet. Musik ist für mich nicht nur ein Hobby, sondern auch eine Möglichkeit, Zeit mit Menschen zu verbringen. Finn hatte auch schon Auftritte als DJ – für uns gehört Musik einfach zum Ausgehen dazu.“ Und Finn ergänzt: „Vielfalt ist für uns enorm wichtig. Jeder, der offen für ein buntes, kulturelles Programm ist und keine Angst hat, sich auf selbstgebaute Bierbänke zu setzen, ist bei uns richtig.“
„Wir sind vielleicht noch recht jung, trotzdem haben wir unser Konzept gut durchdacht, bevor wir den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben.“ Dazu gehört es auch, sich selbst treu zu bleiben. „Professionalität ist das A und O, keine Frage“, weiß Adrian. „Gerade in Zeiten wie diesen müssen bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden, damit etwa Abstandsregeln befolgt werden können.“ Trotzdem ist es den Betreibern wichtig, authentisch zu bleiben und „ihr Ding zu machen“.
„Auch, wenn wildere Abende, Lesungen am Kamin oder Live-Auftritte coronabedingt noch eine Weile auf sich warten lassen, sollen unsere Gäste nicht auf passende Musik in lockerer Atmosphäre verzichten müssen. Derzeit kann man bei uns nur draußen sitzen, es wird aber Musik gespielt“, sagt Adrian. Auch Kollege Finn ist sich sicher, das Beste aus der Situation zu machen: „Gerade der Beginn der Corona-Pandemie war für uns mit Unsicherheiten verbunden. Schön war’s nicht und ungewohnt für jeden – da ging es ja allen Gastronomen ähnlich.“
Nebeneinander statt gegeneinander
Wie etwa den Betreibern des „ProLi“ oder des „Kowalski„, die sich rechts und links des studio12 befinden. Doch anstatt in einen Konkurrenzkampf zu treten, sahen (und sehen) sich die Inhaber der drei Lokalitäten als Nachbarn. Adrian, der selbst lange im Kowalski angestellt war, erzählt: „Mein ehemaliger Chef hat uns vor der Eröffnung noch Tipps gegeben und betrachtet das Studio eher als Stärkung des Standorts.
Juli und Andreas vom ProLi haben uns bei der Installation der Kaffeemaschine geholfen, die wir übrigens von Stephan aus dem Kaffeewerk bekommen haben.“ Das entspannte Verhältnis zu den benachbarten Lokalen passt zum Gesamteindruck der neuen Café-Bar. Und so wollen Adrian und Finn einen weiteren Ort der Vielfalt und Begegnung schaffen. Mitten in Passau, zwischen den Flüssen und zwischen einer Menge Grünpflanzen.
Malin Schmidt-Ott