Jeder, der schon einmal im Sommer im Bayerischen Wald wandernd unterwegs war, weiß, wie gut sich kaltes, klares Wasser auf der Haut anfühlt. Selbst wenn wir nur unsere Füße in den Bach halten, werden sofort die Lebensgeister erweckt. Wir fühlen uns klar im Kopf, lebendig und wach. Menschen sind – auch wenn das oft in Vergessenheit gerät – schließlich Naturwesen.
Unser Körper ist evolutionsbiologisch dazu in der Lage, physiologisch auf einen Kältereiz zu reagieren und sich anzupassen. Mehr noch: Es ist sogar gesund, uns diesem Reiz manchmal auszusetzen. Warum gönnen wir uns die kalte Dusche also nur bei der Wander-Tour im Bayerischen Wald, nicht aber im heimischen Badezimmer?
Was bringt die kalte Dusche am Morgen?
Eine kalte Dusche bringt viele gesundheitliche Vorteile. Zuerst bedeutet das eisige Wasser für den Körper einen regelrechten Kälteschock. Die Blutgefäße verengen sich. Danach setzt jedoch sofort die sogenannte Thermogenese ein, die Gegenreaktion des Körpers. Die Blutgefäße weiten sich, es wird uns wohlig warm. Dadurch werden die Gefäße trainiert und die Durchblutung aller Organe verbessert. Schon Sebastian Kneipp sprach sich im 19. Jahrhundert für Kuren mit kaltem Wasser aus, da sie langfristig das Immunsystem stärken. Schon nach wenigen Tagen passt sich der Körper an den unangenehmen Reiz an und wird dadurch regelrecht abgehärtet. So wird es Tag für Tag leichter, sich dem Kältereiz zu stellen. Außerdem trocknet kaltes Wasser die Haut nicht aus, wie das bei warmen Duschen der Fall ist. Es greift die natürliche Schutzschicht von Haut und Haaren nicht an, da sich die Poren verschließen, anstatt sich zu öffnen. Das Resultat: Glänzendere, weniger trockene Haare und elastischere Haut.
Kaltes Duschen stärkt Körper und Geist
Wenn das kalte Wasser unter der Dusche auf den Körper niederströmt, ist das – auch noch nach Wochen – im ersten Augenblick recht unangenehm. Jedoch beweist man sich damit immer wieder aufs Neue, dass man seine Komfortzone verlassen kann. Viele Ziele, Wünsche und Erfahrungen, die erstrebenswert sind, liegen nun einmal außerhalb der Komfortzone. Mit einem täglichen Kälteschock konditioniert man sich selbst darauf, auch in anderen Lebenslagen öfter vertrautes Terrain zu verlassen. Somit wird die kalte Dusche jeden Tag zu einer kleinen Investition in den Gemütszustand. Man fühlt sich stärker, resistenter, tatkräftiger.
Wenn aller Anfang zu schwer ist
Zugegeben – es kostet einiges an Überwindung, sich morgens unter die kalte Dusche zu stellen. Eine Lösung könnte es sein, sich langsam an das unangenehme Gefühl zu gewöhnen. Eine Brausearmatur mit zeitgemäßer Temperaturregelung ist eine gute Hilfe. Man beginnt damit, sich erst nur an den Beinen, dann an den Armen und schließlich am ganzen Körper abzuduschen. Es kann auch hilfreich sein, nicht direkt mit der kältesten Stufe zu beginnen. Lauwarmes oder zumindest nicht eisiges Wasser ist am Anfang deutlich leichter auszuhalten. Dann kann langsam die Temperatur jeden Tag ein wenig heruntergeschraubt werden. Auch so tut man langfristig etwas für seine Gesundheit.