Waldkirchen/ Freyung-Grafenau. Es zählt zu den derzeit wohl schlimmsten Szenarios: Wenn das Coronavirus den Weg in ein Seniorenheim findet, wenn es sich dort ausbreiten kann und zahlreiche Bewohner der Lungenkrankheit Covid-19 zum Opfer fallen. In der vergangenen Woche gab es den ersten regionalen Todesfall einer mit dem Coronavirus infizierten Frau im Caritas-Seniorenheim St. Gisela in Waldkirchen. Wie konnte es dazu kommen? Und: Gibt es bereits weitere Fälle? Da Hog’n hat nachgefragt.

Das Seniorenheim St. Gisela in Waldkirchen ist die erste Pflegeeinrichtung im Landkreis Freyung-Grafenau, in der Bewohner und Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet wurden.
Nach dem positiven Testergebnis der Bewohnerin des Waldkirchener Seniorenheims veranlasste der Träger der Einrichtung, der Caritasverband der Diözese Passau, Tests bei allen Bewohnern und Mitarbeitern. Inzwischen gibt es positive Testergebnisse bei zwei Mitarbeitern sowie einer weiteren Bewohnerin, wie Christian Luckner, stellvertretender Pressesprecher des Landratsamtes, auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. In allen anderen Alten- und Pflegeheimen in Freyung-Grafenau gebe es bislang keine entsprechenden Fälle.
Im Krankenhaus Grafenau infiziert?
Doch wie konnte das Conoravirus überhaupt in das Seniorenheim St. Gisela gelangen? Besuche sind seit Wochen nicht mehr erlaubt, nur Mitarbeiter dürfen die Einrichtung betreten. Wahrscheinlich scheint, dass die verstorbene Bewohnerin das Virus bereits in sich trug, als sie im Seniorenheim aufgenommen wurde. Nach einem Krankenhaus-Aufenthalt in Grafenau kam sie Anfang April in die Einrichtung.
„Die Verstorbene wurde kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus negativ getestet. Deswegen erfolgte auf dieser Grundlage eine Aufnahme“, erklärt Diözesan-Caritasdirektor Michael Endres auf Hog’n-Nachfrage. „Ob es dann noch im Krankenhaus oder bereits in St. Gisela zu einer Infizierung kam, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen“, so Endres weiter. Im Krankenhaus Grafenau jedenfalls wurden in der vergangenen Woche in drei Fällen Patienten beziehungsweise ehemalige Patienten positiv auf Covid-19 getestet, wie es am Montag in einer Pressemitteilung des Landratsamts hieß.
Seniorin kam kurz vor Aufnahmestopp nach St. Gisela
Dass ein weiterer Neuzugang das Virus mit in ein Seniorenheim bringt, ist seit knapp zwei Wochen nicht mehr möglich: Denn seither gilt ein Aufnahmestopp für Pflegeeinrichtungen. Dass man wenige Tage, bevor dieser Stopp in Kraft trat, noch die 85-jährige Frau aufgenommen hat, die kurz darauf im Seniorenheim St. Gisela verstarb, begründet Michael Endres mit der notwendigen Versorgung in Fällen wie diesem: „Sie konnte nicht im Krankenhaus bleiben, da die Betten benötigt wurden. Die Familie konnte sie aufgrund der hohen Pflegebedürftigkeit nicht pflegen. Deswegen war ein Ort wichtig, wo die Frau menschenwürdig gepflegt werden konnte. Und das war St. Gisela“, schildert Endres gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n.

„Ein Ort war wichtig, wo die Frau menschenwürdig gepflegt werden konnte“, sagt Caritas-Direktor Michael Endres. Symbolbild: pixabay.com/sabinevanerp
Bereits mit der Aufnahme ins Seniorenheim sei die neue Bewohnerin in einem Quarantänezimmer untergebracht worden. Man habe die nötigen Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet. „Mehr Sicherheit ging nicht“, so Endres. Zur konkreten Frage, ob auch die sicheren FFP2- beziehungsweise FFP3-Masken bereits im Einsatz waren, bevor das positive Testergebnis der Bewohnerin vorlag, äußert sich der Caritasdirektor nicht. Sie sind derzeit überall Mangelware. Fakt ist, dass sich trotz der Vorsichtsmaßnahmen zwei Mitarbeiter und eine weitere Bewohnerin infizieren konnten.
Weniger Mitarbeiter, höhere Hygienemaßnahmen
Um nun eine weitere Ausbreitung des Coronavirus in der Waldkirchener Einrichtung zu verhindern, werden alle Verdachtsfälle isoliert untergebracht. „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit Vollschutz“, teilt Michael Endres mit. Die Belastung für die Belegschaft ist dabei enorm: Denn es gilt nicht nur, weitere Ansteckungen zu verhindern. Einige Mitarbeiter befinden sich Endres zufolge nach wie vor in Quarantäne, die beiden positiv getesteten fallen noch länger aus. Ein viel kleineres Team muss also nun mit erhöhtem Hygieneaufwand die Pflege der Bewohner sicherstellen.
Zu hoffen bleibt, dass sich weder in St. Gisela noch in einem anderen Seniorenheim der Region das Virus verbreiten und dadurch weitere Todesopfer fordern kann. Schlagzeilen aus Würzburg beispielsweise zeigen, wie dramatisch es endet, wenn das Coronavirus mitten in die Risikogruppe gelangt: Dort starben in einem Seniorenheim innerhalb kurzer Zeit 22 Bewohner.
Sabine Simon