Samstag, 11. April. Ich kann Dich gerade einfach nicht mehr ertragen. Ich bin Dich leid. Um es auf den Punkt zu bringen: Du kotzt mich an! Egal, wo man derzeit hinschaut oder hinhört. Ob im Fernsehen, im Internet, im Radio. Beim Telefonieren, beim Skypen, beim Chatten. Du bist längst schon da, bist allgegenwärtig – und das, obwohl Dich bis dato noch kein Mensch zu Gesicht bekommen hat. Ein Leben ohne Dich ist quasi unmöglich geworden. Du bist zur ständigen Begleiterin avanciert. Du steht morgens mit mir auf und gehst abends mit mir ins Bett. Und dann tust Du auch noch so, als sei das alles völlig in Ordnung. Corona, wir müssen reden!
Ich rufe meine angstgeplagte Mutter an und frage, wie’s ihr geht. Du sitzt neben ihr auf dem Sofa und grinst. Ich schreibe meinem Kumpel, will wissen, wie es bei ihm in der Arbeit läuft. Du blickst ihm über die Schulter und zuckst mit den Achseln. Ich dreh das Radio an, will ein bisschen Musik hören – kurz darauf brüllst Du mir Deine neuesten „Errungenschaften“ ins Ohr. Geht’s noch!?
Schämst Du Dich eigentlich gar nicht?
Etwas derart Penetrantes wie Dich habe ich bis dato noch nicht kennengelernt. Dein Ego muss ja riesig sein – oder vielmehr Deine Minderwertigkeitskomplexe?! Ist das auf Dauer nicht anstrengend, sich ständig in den Vordergrund zu drängen? Ständig nach Aufmerksamkeit lechzen zu müssen, um beachtet und gesehen zu werden? Immer derjenige sein zu wollen, um den die Welt sich gerade dreht? Mein Sohn ist fünf Jahre alt, aber der treibt’s nur halb so wild, das will Dir gesagt sein…
Und jetzt zwingst Du die Menschen auch noch dazu, dass sie rumlaufen wie Statisten in irgendeinem Endzeitfilm. Zwingst sie, mit Mundschutz und Gummihandschuhen das Haus zu verlassen. Du findest das wahrscheinlich auch noch lustig und lachst Dir gerade ins Krönchen… Du sperrst die Leute ein, bringst das öffentliche Leben zum Stillstand, damit Du und Deine Mitstreiter vermutlich da draußen in Ruhe eine Untergangsparty feiern könnt. Du machst die Grenzen dicht, legst die Wirtschaft lahm, verbreitest überall Angst und Schrecken, bringst Menschen ins Krankenhaus bzw. ins Grab. Sag mal: Schämst Du Dich eigentlich gar nicht?
Corona, Corona – was ist bloß los mit Dir? Du hast den Bogen wahrlich überspannt, bist definitiv zu weit gegangen. Ich denke, es ist besser wir machen Schluss miteinander. Nicht, dass Du jetzt auch noch auf die Idee kommst, mir das Rauchen zu verbieten. Oder das Trinken von Alkohol. Dass Du mich dazu zwingst, mich gesünder zu ernähren, mehr Sport zu treiben und auf diese Weise Übergewicht zu verlieren. Dass du am Ende sogar von mir verlangst, mehr Rücksicht auf andere zu nehmen und über mein bisheriges Leben nachzudenken. Etwa darüber, dass die Natur von uns zugrunde gerichtet wird, die Welt schon längst aus den Fugen geraten sein könnte und auch ich tagtäglich meinen Beitrag dazu leiste.
Lass uns auf Abstand gehen!
Corona: Es geht nicht mehr! Du hast das Fass zum Überlaufen gebracht. Du hast mich und meine Mitmenschen an den Rand des Wahnsinns getrieben. Ich kann nicht mehr – und ich will nicht, dass Du so weitermachst. Lass uns deshalb künftig auf Abstand gehen. Zwei Meter – mindestens!
Stephan Hörhammer
Servus Stephan,
wäre dieser Text ein Film, würde ich sagen:
Ganz ganz GROßES KINO!
SUPER!