Grafenau. Wenn sie Fehler macht, können Narben entstehen. Sie kann mit ihrer Arbeit Allergien auslösen oder Ekzeme verursachen. Trotzdem ist es in Regina Kritzenbergers Beruf nicht üblich, einen Meistertitel zu machen. Die Kosmetikerin aus Grafenau hat diesen erst vor Kurzem erworben – und dem Onlinemagazin da Hog’n geschildert, warum eine fundierte Ausbildung im Kosmetikbereich ihrer Meinung nach enorm wichtig ist.
„Die Berufsbezeichnung Kosmetikerin ist nicht geschützt“, sagt Regina Kritzenberger. „Man kann theoretisch auch einen dreimonatigen Kurs belegen und sich danach als Kosmetikerin selbständig machen.“ Das rät die 27-Jährige jedoch niemandem. Berufserfahrung sei enorm wichtig, bevor man den Schritt in die Selbständigkeit wage, davon ist sie überzeugt. Viel Fachwissen und vor allem auch Knowhow im kaufmännischen Bereich bewahre einen vor dem Scheitern.
„Kosmetik an der Grenze zur medizinischen Behandlung“
Im Meisterkurs lerne man, wie man einen eigenen Betrieb führt. Viel wichtiger sei aber, das erlernte Fachwissen als Kosmetikerin in der Praxis grundlegend zu vertiefen. Wenn Regina Kritzenberger beschreibt, was sie in ihren Joballtag als fest-angestellte Kosmetikerin im Fohlenhof in Neuschönau so alles macht, erhält man schnell eine Vorstellung davon, warum dafür viel Wissen nötig ist. Denn der Kosmetik-Beruf ist der jungen Frau zufolge nicht – wie das landläufige Klischee behauptet – auf reine Wohlfühl-Behandlungen und oberflächliches Schminken beschränkt.
Kosmetiker machen zum Beispiel so genanntes Mikroneedling: Dabei stechen sie feine Nadeln in die Gesichtshaut, um die Zellerneuerung anzuregen. Um Wirkstoffe aus Cremes tiefer in die Haut einzuschleusen, kommt auch Ultraschall zum Einsatz. Und bei der so genannten Mikrodermabrasion tragen sie mit Hilfe kleiner Mikrokristalle die oberste Hautschicht ab. „Das ist an der Grenze zur medizinischen Behandlung“, erklärt Regina Kritzenberger. „Es gibt eine maximale Eindringtiefe, die wir nicht überschreiten dürfen.“
Eine Kosmetikermeisterin lernt daher viel über diejenigen Auswirkungen, die ihre Behandlungen mit sich bringen können. „Durch eine Massage etwa kann ich bei einer schwangeren Frau Wehen auslösen“, führt sie als Beispiel an.
Kunde soll Qualität der Ausbildung besser erkennen können
„Wir arbeiten mit Menschen, mit ihrem Körper – es geht um ihre Gesundheit“, sagt die Grafenauerin. „Und die Kunden verlassen sich darauf, dass wir wissen, was wir tun.“ Es sei daher vor allem im Sinne der Konsumenten, wenn mehr Kosmetiker den Meistertitel erwerben. Denn daran lasse sich zweifelsfrei erkennen, dass man grundlegendes Fachwissen erworben hat.
Kritzenberger betont, dass es natürlich auch viele Kolleginnen in ihrem Fachbereich gebe, die auch ohne Meistertitel über sehr viel Wissen und Erfahrung verfügen. Denn es gebe zahlreiche Fortbildungsangebote im Kosmetikbereich. Ihre Chefin etwa lege großen Wert darauf, dass ihre Angestellten sich stetig weiterbilden. „Der Kunde kann aber meist schwer beurteilen, wie gut die Qualität der Ausbildung einer Kosmetikerin ist“, sagt Kritzenberger. Sie empfiehlt daher jedem vor einer Behandlung ganz offen nach der Qualifikation der Kosmetikerin zu fragen.
Der Meisterbrief bestätigt im Falle der 27-Jährigen umfangreiches Fachwissen in mehreren Bereichen: Maniküre und Pediküre standen genauso auf dem Lehrplan wie Unterricht in Sachen Krankheitsbilder. „Ich darf als Kosmetikerin keine Diagnosen stellen, aber ich sollte sicher erkennen können, wann ich jemanden zum Arzt schicken muss“, weiß Kritzenberger. Im Fach Chemie habe sie viel über Inhaltsstoffe derjenigen Produkte gelernt, die sie im Berufsalltag verwendet. „Man lernt auch, wie man die verschiedenen Produkte am besten miteinander kombiniert.“ Insgesamt vertiefe der Meisterkurs das Wissen, das sie sich während ihrer Ausbildung angeeignet hatte.
Selten: Duale Ausbildung und Meistertitel
Regina Kritzenberger hat vor zehn Jahren im Fohlenhof eine dreijährige, duale Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht. Es gebe jedoch nicht viele Ausbildungsbetriebe in diesem Bereich. Üblicher sei es Kurse an Privatschulen zu belegen. „Für viele ist Kosmetikerin ein Zweitberuf“, erklärt die junge Frau. Erst seit vier Jahren könne man den Meistertitel als Kosmetiker bzw. Kosmetikerin erwerben.
Die Berufsfachschule für Kosmetik in Tittling ist die erste in der Region, die den Meisterkurs anbietet. „Der Meistertitel bringt mehr Ansehen für den Beruf“, sagt Mitinhaberin Kerstin Liebl. Bei ihr hat auch Regina Kritzenberger im vergangenen Jahr den praktischen und den fachtheoretischen Teil ihrer Meisterausbildung absolviert. Die Ausbildungsbereiche „Betriebsführung“ und „Ausbildereignung“ hat sie bei der Handwerkskammer gemacht.
Seit vier Jahren arbeitet sie nun auch selbständig, vor allem als Visagistin. Insbesondere Bräute gehören zu ihrer Kundschaft, die sich für den Hochzeitstag von ihr schminken lassen. Für den Meisterkurs habe die junge Kosmetikerin ihre Selbständigkeit ein ganzes Jahr lang ruhen lassen. Als Angestellte im Fohlenhof habe sie alle Kurse der Meisterausbildung nebenher besucht.
„Ich habe das nicht von ihr verlangt“
„Ich habe Bildungsurlaub bekommen“, erklärt sie. Doch häufig habe sie auch bis spät in die Nacht gelernt – nach einem normalen Arbeitstag. „Es war schon eine Herausforderung“, sagt sie. Eine, die sie aus eigenem Ansporn gemeistert hat: „Ich habe das nicht von ihr verlangt“, sagt Michaela Wernsdorfer, Reginas Chefin. Diese legt viel Wert auf eine gute Qualifikation ihres Personals, bildet aus diesem Grund auch selbst aus. Sie betont ebenfalls, dass es wünschenswert wäre, wenn sich in der Kosmetikbranche durch die Meisterkurse etwas tut – und die Ausbildung dadurch verbessert wird.
Sabine Simon