Dienstag, 31. März: „Gesund bleiben!“ Diese zwei häufig so leicht dahergesagten Worte mutieren gerade zur neuen, bewusst gewählten Abschiedsfloskel. Die Gesundheit steht in Corona-Zeiten mehr denn je im Vordergrund. Verbunden mit der Krise und deren unmittelbaren Folgen (Ausgangsbeschränkungen sowie Ein- bzw. Ausreisestopps) ist auch das Ende vieler Träume. Ziele und Wünsche, die sich der Realität mehr und mehr genähert hatten, scheinen plötzlich wieder in weite Ferne gerückt. So erging es auch Steffi (30) und Stefan (33) Rodler aus Herzogsreut, die ihren Traum zwar kurz leben durften – dann jedoch abrupt aus diesem wieder gerissen wurden. Ihr Heimatdorf freute sich zuerst mit ihnen, litt dann mit den beiden – und ist nun froh, dass sie wohlbehalten zurück sind.
Die „Rodler Steffs“, wie sie sich auf ihrer gemeinsamen Facebook-Seite, die sie zuletzt wie ein Tagebuch geführt hatten, nennen, leben gerne im Bayerischen Wald. Sie lieben lange Spaziergänge, die Gartenarbeit, die Ruhe, die Natur. Sie wissen dies alles sehr zu schätzen. Gleichzeitig packt die beiden immer wieder mal das Fernweh. Das Reisen in die entlegensten Ecken der Welt – das ist ihre gemeinsame Passion.
Zunächst schien die Gefahr noch weit weg…
„In unserer aktuellen Lebensphase – ohne Haus und ohne Kind – haben wir noch Zeit dazu. Und diese wollten wir jetzt nutzen“, antwortet Steffi Rodler auf die Frage, warum sie sich gemeinsam mit ihrem Mann dazu entschloss, eine Weltreise zu unternehmen. Anfang 2019 reifte in ihnen die Idee, die Südhalbkugel zu erkunden. Am 29. Dezember des vergangenen Jahres machten sie sich dann auf ins Abenteuer ihres Lebens. „Wir haben nur die jeweiligen Flüge gebucht. Alles Weitere regelten wir vor Ort. Als Schlafstätte war ausschließlich unser Zelt vorgesehen.“
Bei den ersten Stationen in Argentinien und Chile stellte Corona noch ein Randthema dar. Die Waidler bekamen zwar mit, dass das Virus sich auszubreiten begann, betrachteten die Angelegenheit jedoch eher als schlechte Nachricht in den Medien, denn als unmittelbare Gefahr. Die Realität war da noch weit weg…
Im Februar – die Rodlers waren inzwischen in Neuseeland angekommen – überschlugen sich dann die Ereignisse. „Von einem auf den anderen Tag wurde die Situation drastischer. Egal, wo wir hinkamen, es wurde stets der Reisepass von uns verlangt. Die Behörden wollten kontrollieren, wann wir eingereist sind. Mit ein bisschen Pech hätten wir in eine zweiwöchige, zwangsverordnete Quarantäne müssen“, berichtet Stefan Rodler. Die Lage wurde Anfang März zunehmend undurchsichtiger – Flüge fielen aus, Transitflughäfen wurden gesperrt. „Wir wussten nicht mehr weiter“, geben die Rodlers heute zu. Plötzlich lag ihr weiteres Fortkommen nicht mehr in ihrer Hand. „Wir wollten irgendwann nur noch nach Hause.“
„Wieder zu Hause und gesund – das zählt“
Und die beiden Herzogsreuter hätten ihre Entscheidung wohl keinen Tag später fällen dürfen: Sie sicherten sich einen der letzten Plätze in einer Airline, die über Melbourne und Doha nach Deutschland zurückflog. „Gleich nach unserer Buchung wurden sämtliche Transitflughäfen in Australien zugemacht. Nur kurze Zeit später wurde ein kompletter Einreisestopp in vielen Ländern verhängt.“ Gerade noch rechtzeitig kehrten Steffi und Stefan Rodler am 24. März in ihre Heimat zurück. Drei Monate vor dem eigentlichen Ende ihres Abenteuers. „Freilich sind wir wahnsinnig traurig“, machen die beiden deutlich. Die Enttäuschung ist ihnen anzumerken. „Doch wir hatten letztlich Glück im Unglück. Viele unserer Reisebekanntschaften sitzen jetzt irgendwo fest. Viele Menschen weltweit sind bereits infiziert. Und wir sind wieder zu Hause und gesund – das zählt.“
Helmut Weigerstorfer
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Im Rahmen des Hog’n-Corona-Tagebuches beschreiben die Hog’n-Redakteure Sabine Simon, Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer abwechselnd die Auswirkungen der sog. Corona-Krise auf ihr Privatleben, auf ihr Umfeld und die generelle Situation im Bayerischen Wald.