Montag, 16. März: Tag eins ohne Kindergarten. Mindestens bis Ostern werden meine zweieinhalbjährigen Zwillinge und ihr viereinhalbjähriger Bruder nun vormittags zu Hause sein. Für mich eine große Umstellung: Normalerweise gehen sie montags bis donnerstags von halb neun bis zwölf in den Kindergarten. Das sind die Stunden, in denen ich u.a. meine Artikel für das Onlinemagazin da Hog’n schreibe, in denen ich Hausarbeit erledige oder auch mal ganz in Ruhe einen Kaffee trinke.
In den nächsten Tagen und Wochen werde ich die Kinder in die Hausarbeit miteinbeziehen und die Hog’n-Artikel abends schreiben müssen. Zum Glück bin ich beruflich so flexibel. Vor große Probleme stellt mich die Kindergartenschließung zunächst nicht.
Wahlen als zusätzliche Herausforderung
Zum Glück ist auch der Frühling mittlerweile da. Der Garten ist groß und auch daheim gibt’s Klettergerüst, Rutsche, Wippe und Laufräder. Andere Freizeitangebote, die meine Kinder über alles lieben, sind dagegen erst einmal tabu: Schwimmbad geschlossen, Indoor-Spielplatz geschlossen … geschlossen … geschlossen…
Heute kann ich aber erstmal nicht mit den Jungs im Garten spielen: Ich bin im Wahlvorstand tätig, zähle heute in der Gemeinde Haidmühle die Briefwahlstimmen für den Kreistag Freyung-Grafenau aus. Bereits am ersten Tag brauche ich also Unterstützung bei der Betreuung meiner Kinder. Meine Frau kann im Homeoffice arbeiten. Dadurch hat sie morgens und abends länger Zeit, weil sie sich die Fahrt ins Büro spart – und sie verbringt die Mittagspause zu Hause. Trotz Homeoffice arbeitet sie jedoch ganz „normal“ – und kann nicht mit den Kindern basteln, spielen oder lesen.
Von Opa und Oma können wir uns kaum fernhalten
Unser enormes Glück: Meine Schwiegereltern wohnen ebenfalls im Haus. Und sie haben Zeit. Beide sind Rentner. Ihre für diese Woche geplante Italienreise haben sie längst storniert – was glücklicherweise kostenfrei möglich war.
Bleibt das Dilemma: Eigentlich sollte man auch den Kontakt zu Großeltern minimieren. Was in unserem Fall mehr als schwierig wäre. Meine Kinder verbringen viel Zeit mit Oma und Opa und würden es schlichtweg nicht verstehen, wenn sie nun plötzlich nicht mehr zu ihnen nach unten gehen und nicht mehr mit ihnen spielen dürften. Wir werden also als Großfamilie versuchen, die Ansteckungsgefahr für uns alle so weit wie möglich zu minimieren.
Neben der Krise des Gesundheitssystems und der Wirtschaftskrise bedeutet Corona demnach auch eine soziale Krise. Jemand hat mir erzählt, seine 84-jährige Mutter habe gesagt, sie wolle lieber sterben als wochenlang ihre Enkel nicht sehen zu dürfen. Der Satz geht mir nicht aus dem Kopf. Auch das muss man berücksichtigen im persönlichen Umgang mit der aktuellen Situation.
Sabine Simon
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Im Rahmen des Hog’n-Corona-Tagebuches beschreiben die Hog’n-Redakteure Sabine Simon, Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer abwechselnd die Auswirkungen der sog. Corona-Krise auf ihr Privatleben, auf ihr Umfeld und die generelle Situation im Bayerischen Wald.
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