Freyung. Ein Amtsinhaber, der sich keine eklatanten Fehler erlaubt hat und eine weitere Periode anstrebt, wird auch wiedergewählt. Nicht nur wegen dieser vor Wahlen oft zitierten Binsenweisheit geht Sebastian Gruber als Favorit in das Rennen um den FRG-Landratsstuhl. Auch der 38-Jährige ist sich laut eigener Aussage im Rahmen unseres Hog’n-Landratskandidaten-Interviews sicher, dass der Wähler „mein Engagement am 15. März in irgendeiner Form würdigt“. Der CSU-Politiker geht darüber hinaus auf seine Mitbewerber Hilde Greiner, HaJü Hödl und Max Pöschl ein – und blickt noch einmal auf das „heißeste“ Eisen seiner bisherigen Amtszeit, die Schließung des Waldkirchener Krankenhauses, zurück.
Herr Gruber, ist das Amt des Landrats Ihr Traumberuf?
Traumberuf hört sich sehr pathetisch an. Ich würde es anders formulieren: Landrat ist ein wunderbares, wenngleich auch sehr verantwortungsvolles Amt und Mandat, in dem man viele Gestaltungsmöglichkeiten hat und sehr viel mit den Bürgern beisammen ist.
Was war dann der Traumberuf in Ihrer Kindheit?
Nach Erzählungen meiner Mutter habe ich in sehr jungen Jahren immer drei Traumberufe aufgezählt: Bauer, Musikant und Wirt. Die Einflüsse meines Elternhauses sind also deutlich bemerkbar (lacht). Im Kindergarten-Alter habe ich dann aber bereits mit dem Gedanken gespielt, in die Politik einzusteigen.
„Die Zukunftsfähigkeit der Region liegt mir am Herzen“
Welchen Einfluss hat Ihr Vater Hanns Gruber, der einst Bürgermeister der Gemeinde Kumreut war, auf Ihre politische Karriere?
Generell hat mich mein Elternhaus sehr geprägt. Der gastronomische Rahmen sorgte dafür, dass ich von jeher immer unter Leuten gewesen bin. Selbst als Kind und Jugendlicher gehörten politische Diskussionen im Lokal zu meinem Alltag. Natürlich hat insbesondere die Vita meines Vaters dazu beigetragen, dass ich sehr traditionsbewusst und heimatverbunden aufgewachsen und ich somit sehr früh mit dem Thema Kommunalpolitik und Ehrenamt in Verbindung gekommen bin.
Warum glauben Sie, am 15. März als Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau wiedergewählt zu werden?
(überlegt) 2014 bin ich mit sehr viel Vertrauen gewählt worden. Weite Teile der Landkreis-Bevölkerung wussten vor sechs Jahren nicht, was sie erwartet, wenn sie Gruber zum Landrat wählen. Ich war zwar zuvor bereits zweiter Bürgermeister der Stadt Freyung, hatte aber keine landkreisweite, politische Präsenz vorzuweisen. Ich glaube, dass ich in meiner bisherigen Amtszeit ein verlässlicher Partner für alle Bürger gewesen bin, wenngleich es bei großen Themen natürlich immer unterschiedliche Meinungen gibt. Ich habe aber bewiesen, dass mir die Zukunftsfähigkeit unserer Region am Herzen liegt.
Wer ist Ihrer Meinung nach der ärgste Konkurrent im Rennen um eine zweite Amtszeit? Max Pöschl, HaJü Hödl oder Hilde Greiner?
Ich nehme alle drei Mitbewerber sehr ernst. Und ich finde die Kandidaten-Anzahl auch nicht bedenklich. Zu einer demokratischen Wahl gehört eine Auswahl. Wer von den insgesamt vier Bewerbern sich dann letztlich mit welcher Prozentzahl einreihen wird, gleicht dem Blick in die Glaskugel. Jeder Kandidat bedient bestimmte Wählergruppen, das ist klar. Die Frage wird nur sein, wie groß zum Schluss das jeweilige Tortenstück ausfallen wird.
„Er war der stärkste Mitbewerber, den man sich vorstellen konnte“
Reicht der erste Wahl-Durchgang – oder wird es eine Stichwahl geben?
(überlegt länger) Ich würde mir wünschen, dass ich die Wahl gewinne. Klappt das bereits am 15. März, freue ich mich sehr darüber. Sollte es zwei Wochen später der Fall sein, freue ich mich genauso.
Pöschl, Hödl und Greiner sind im Vergleich eher unbekannte Gesichter in der Lokalpolitik. War es in dieser Hinsicht 2014 schwieriger, als der ehemalige Landrat und Landtagsabgeordnete Alexander Muthmann Ihr Konkurrent war?
Beide Konstellationen sind überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Vor sechs Jahren hatte ich den stärksten Mitbewerber, den man sich in der Region vorstellen konnte. Insofern habe ich mich über das Wahlergebnis damals wirklich gefreut. Nun ist die Situation eine andere: Jeder meiner drei Konkurrenten hat sowohl ehrenamtlich als auch politisch durchaus bereits Akzente gesetzt – wenn auch vielleicht nicht mit einer derartigen überregionalen Bedeutung wie Alexander Muthmann. Man muss aber auch deutlich machen, dass sich meine Situation verändert hat. Das Thema Amtsinhaber bringt natürlich Vorteile mit sich, bietet aber auch Angriffsflächen.
Was ist Ihrer Meinung nach in den vergangenen sechs Jahren unter Ihrer Ägide im Landkreis gut gelaufen?
Ungeachtet der diskutierten Sachfragen war es mir sehr wichtig, dass wir im Kreistag eine gute, vernünftige politische Kultur etablieren – von der Sitzungsgestaltung bis hin zum gesellschaftlichen Umgang. Das haben wir gut hinbekommen, wie ich finde. Es gibt im Gremium ein sehr faires Miteinander.
„Es herrschte eine sehr knisternde Stimmung“
Wo gibt es Verbesserungspotenzial?
Man stellt im politischen Geschäft doch immer wieder fest, wie lange manche Entscheidungsprozesse dauern. Viele Lösungen sind, wie in der Demokratie vorgesehen, ein Kompromiss. Um einen solchen zu erreichen, zieht es sich manchmal doch sehr in die Länge. Hier bin ich ab und an vielleicht etwas zu ungeduldig – oder in der Bewertung zu streng, weil es nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe.
Im Rückblick gibt es aber keine Entscheidung, die Sie im Nachgang als falsch bewerten?
Nein, mit den großen Leitlinien bin ich zufrieden und im Reinen.
Wie groß ist generell der Gestaltungsspielraum eines Landrates? Gibt es Themen, die die Handschrift von Sebastian Gruber tragen?
Das Thema Gesundheits- und Krankenwesen wird eng mit dieser Periode, also mit meinem Namen, verbunden sein. Auch die Baumaßnahmen an der Berufsschule Waldkirchen sind untrennbar mit dieser Periode verbunden. Man hat also Gestaltungsmöglichkeiten als Landrat, die allerdings von zwei Faktoren beeinflusst sind: vom Geld und vom geltenden Recht. Und abschließend kommt noch hinzu, dass man politische Mehrheiten braucht. Insgesamt ist man als Landrat aber derjenige, der die Leitlinien vorgibt.
Das wohl heißeste Eisen in den vergangenen sechs Jahren war sicherlich die Schließung des Krankenhauses Waldkirchen. Wie blicken Sie heute darauf zurück?
Es war sehr aufregend, sehr emotional und sehr spannend. Innerhalb der Bevölkerung herrschte eine sehr knisternde Stimmung. Zum damaligen Zeitpunkt war die Taktung der anonymen Briefe sehr dicht. Ich denke aber auch zurück an die beiden entscheidenden Kreistagssitzungen, in denen man sich im Gremium sehr sachorientiert und wertschätzend ausgetauscht hatte. Unter den Kreisräten hat sich dann auch eine breite Mehrheit für die Schließung herauskristallisiert. Nichtsdestotrotz werde ich diese Zeit nicht vergessen…
„Inzwischen gibt es viele, die die Entscheidung verstehen“
…weil es auch sehr ins Persönliche ging.
Für mein Umfeld war das keine leicht Zeit, ja. Man braucht aber deshalb kein Mitleid haben. Als Landrat ist man dafür da, auch schwierige Themen anzusprechen und in Angriff zu nehmen. Und man ist auch darauf vorbereitet: Bereits im Vorfeld hat man ja ein Gefühl für heiße Eisen. Das ist wie in der Schiedsrichterei: Man weiß, dass man in der 95. Minute in einem Finale beim Stand von 2:2 mit Emotionen rechnen muss, wenn man einen Elfmeter pfeift.
Im Hog’n-Landratskandidaten-Interview stellte Max Pöschl kürzlich fest, die Schließung des Krankenhauses Waldkirchen sei ein Fehler gewesen – und politisch motiviert.
Stimmt aus meiner Sicht beides nicht. Die Schließung war nicht politisch motiviert – und auch kein Fehler. Die Motiviation damals war die Sicherung der kommunalen Trägerschaft der Kliniken – und das in einer Zeit, in der der wirtschaftliche Druck zwar vorhanden, aber noch nicht extrem war. Auch die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung konnten wir mit dieser Entscheidung sicherstellen. Deshalb war das Ende des Krankenhauses Waldkirchen kein Fehler. Und politisch motiviert? War es sicher nicht! Nachdem der Landkreis alleiniger Gesellschafter der Kliniken ist, müssen Fragen diesbezüglich ohnehin politisch diskutiert werden.
Welcher Nachgeschmack bleibt? Sind Sie bei den Waldkirchener (Wählern) seit der Krankenhaus-Sache unten durch?
Das wird der 15. März zeigen. Natürlich ist dieses Thema in Waldkirchen weiterhin aktuell. Nachdem wir uns aber inzwischen im Echtbetrieb befinden – ohne Krankenhaus, aber mit Gesundheitszentrum vor Ort -, gibt es viele, die die Entscheidung verstehen oder zumindest jetzt etwas objektiver sehen.
Interview: Helmut Weigerstorfer
Im zweiten Teil unseres Landratskandidaten-Interviews spricht Sebastian Gruber (CSU) über den möglichen Einzug der AfD in den nächsten Kreistag sowie den Umgang mit jender umstrittenen Partei. Außerdem schneidet der 38-Jährige die nach seinen Vorstellungen künftige Ausrichtung von ÖPNV sowie Gesundheits- und Krankenwesen an.