Freyung/Innernzell. In dem Raum, der genauso wie die Küche, das Schlaf- oder Wohnzimmer zum Inventar eines jeden Hauses gehört, werden in der Regel Nahrungsmittel und Getränke zwischengelagert. Es ist jederzeit möglich, sich dort unterschiedlichste Mengen zu holen – und diese unmittelbar zu verbrauchen. Die Rede ist von der „Speis“ (zu deutsch: Speisekammer). Aus diesem individuellen Vorratsraum wird in Freyung demnächst ein kollektiver: Familie Friedl-Trauner aus Innernzell eröffnet nämlich im früheren Edeka-Geschäft von Richard Kroiss, direkt am „Unteren Stadtplatz“ gelegen, einen Bio- & Unverpackt-Laden mit genau diesem Namen – „D’Speis“.

„D’Speis“: Ende Februar/Anfang März eröffnet in dem Haus, in dem lange Zeit der Tante-Emma-Laden von Richard Kroiss untergebracht war (grünes Haus, links), ein Bioladen mit unverpackten Lebensmitteln.
Das Projekt ist für die Betreiber ein Versuchsfeld. Wie nehmen die Freyunger das für sie neue „Unverpackt“-Modell, in dem alle Produkte ohne Kunststoff-Verpackungen angeboten werden sollen, an? Hat die Kreisstadt darüber hinaus genügend potenzielle Kunden für einen Bioladen? All diese Fragen wird die Familie Trauner demnächst – nach der Eröffnung und einer gewissen Testphase – beantworten können. „Wir sprechen vor allem diejenigen Bürger an, die Wert auf gutes Essen mit Bio-Qualität legen“, erklärt der sechsfache Familienvater Fritz Trauner dazu. „Unser Gefühl sagt uns, dass der Bayerische Wald – allen voran die Stadt Freyung – dafür bereit ist.“
„Mich beeindruckt der Zusammenhalt der Freyunger Geschäftsleute“
Trauners Erkenntnisse beruhen auf seiner mehr als 30-jährigen Tätigkeit als Bio-Bauer und Direktvermarkter von Biolebensmitteln in Innernzell. Darüber hinaus führt die Familie Friedl-Trauner einen Bio-Hofladen in Frauenau, betreibt die Online-Plattform beebauern.de – und war als Vertreiber der „grünen Kiste“ lange Jahre Dauergast in vielen Ortschaften des Bayerischen Waldes. „Die grüne Kiste ist ein Versuch gewesen, der zum Erfolg wurde“, berichtet Trauner über seine Idee, frisches Obst und Gemüse bis an die Haustüre zu liefern. Aus privaten Gründen hatte er diesen Geschäftszweig allerdings Anfang der 2000er Jahre eingestellt. „Einen ähnlichen Erfolg erwarte ich mir nun auch von da Speis.“

Betreiber Fritz Trauner: „Ich denke, dass uns die Bewohner als Bio-Frischespezialist annehmen werden.“
Gedanken hinsichtlich eines Unverpackt-Bioladens hegte Familie Friedl-Trauner bereits seit Längerem. Letztes Mosaiksteinchen, um die Idee in die Realität umzusetzen, war der passende Standort für das Geschäft. „Mich beeindruckt der Zusammenhalt der Freyunger Geschäftsleute“, begründet Trauner seine Wahl. „Bürgermeister Heinrich hat mir den Laden von Richard Kroiss empfohlen – zudem war Heinz Lang maßgeblich bei der Suche beteiligt.“ Jahrzehntelang war in dem markanten Haus am Stadtplatz ein kleiner Tante-Emma-Laden untergebracht. Die Möglichkeit Lebensmittel einzukaufen ist demnach untrennbar mit diesem geschichtsträchtigen Gebäude verbunden.
„Wir haben uns – auch wenn es etwas kitschig klingt – sofort in die Räumlichkeiten verliebt“, gibt Fritz Trauner, der sich selbst als „Pionier“ in Sachen Bio-Waren beschreibt, offen zu. Die Nachteile des alten Gemäuers wollen die Innernzeller dabei in Vorteile verwandeln: Die nicht-beheizten Räume etwa seien der ideale Lagerplatz für Obst und Gemüse aller Art. Auch Grundnahrungsmittel wie Eier, Mehl, Zucker oder Brot sollen zum Sortiment gehören. „Ich kann mir vorstellen, dass wir irgendwann auch einmal mittags Suppen kochen und diese anbieten“, blickt der Bio-Bauer motiviert in die Zukunft. „Auch Käse-Variationen werden wir selber herstellen.“ Weitere Artikel sollen nach Rücksprache mit umliegenden Produzenten hinzu kommen. Diese sollen nicht nur wegen ihrer Herkunft „bio“ sein, sondern auch aufgrund ihrer Anfahrtswege.
Erst vor Kurzem schloss ein ähnliches Geschäft in der Kreisstadt
Gute Ideen, die von Familie Trauner-Friedl mit Feuereifer angestoßen werden. Doch ist Freyung tatsächlich bereit für einen „Unverpackt“ Bioladen – zumal ein ähnlich ausgelegtes Geschäft in der Abteistraße erst kürzlich geschlossen hat? Kommen genügend Kunden in „D’Speis“, obwohl sich nur wenige Parkplätze unmittelbar vor der Ladentüre befinden? Fritz Trauner meint dazu: „Es ist klar, dass sich ein derart kleines Geschäft mit diesem Konzept nur dann halten kann, wenn sich eine Stammkundschaft entwickelt. Die Laufkunden sind das Zubrot. Doch ich denke, dass uns die Bewohner als Bio-Frischespezialist annehmen werden.“ In Freyung soll also, wenn es nach dem Wunsch Trauners geht, Ende Februar/Anfang März der kollektive Gang in „D’Speis“ zur Realität werden…
Helmut Weigerstorfer