Freyung. Unlängst wurde ja beim Onlinemagazin da Hog’n eifrig darüber diskutiert, ob diese Gesellschaft immer egoistischer werde. Ob denn nur noch jeder auf sich selbst schaut und ringsherum alles vergisst. Nun, dem mag so sein – oder auch nicht. In Freyung ist seit Anfang vergangenen Jahres ein Projekt im Entstehen begriffen, das zeigt, dass es definitiv auch anders geht. Denn wenn jeder einen kleinen –  seinen eigenen kleinen – Beitrag leistet, kann sehr schnell etwas Großes daraus gedeihen. Wie zum Beispiel die FreYbühne: Innerhalb weniger Wochen wurde dank vieler fleißiger Hände und kreativer Köpfe ein verstaubter Kinosaal in eine belebte Kleinkunstbühne verwandelt. Das Programm ist für Alt und Jung – und reicht von Witz bis Jazz, von Lesung bis Orchester. 

Die Bühne der Freyunger FreYbühne im ehemaligen Kino-Saal, wo sich seit dem vergangenem Jahr in unregelmäßigen Abständen Künstler aus der Region die Klinke in die Hand geben. Fotos: freybuehne.de

Auch wenn Heinz Lang sich nach Möglichkeit nicht im Mittelpunkt des Projekts wähnen möchte, findet er wohl die treffendsten Worte dafür, das Geschehene zu beschreiben: „Das war, wie wenn du in eine schöne Waldlichtung kommst“, erinnert sich der Freyunger Verleger an jenen zündenden Funken zurück. Die Waldlichtung war in diesem Fall keine Lichtung, sondern ein Raum voller Kinosessel. Ein Saal, in dem so mancher Freyunger „vielleicht des erste Moi g‘schmust hod“, wie der einstige Buchhändler mutmaßt. Aber eben auch ein Saal mit einer Leinwand, die seit Jahren keinen Film mehr gezeigt hatte.

„Wenn ich jemanden gebraucht habe, war jemand da“

Was man aus dem ehemaligen Kino so machen könnte, hatte sich der heute 69-Jährige schnell ausgesponnen – und konnte sich „vom zweiten Tag an auf ein super Team verlassen“. Den Stadtrat hatte er vom Konzept schnell überzeugt – und dieser genehmigte eine Fördersumme von 25.000 Euro. Ein stattliches Sümmchen – aber die FreYbühne wäre nicht das, was sie heute ist, hätten nicht noch zahlreiche andere ihr Herzblut mitreingesteckt. Von Anfang an unterstützend mit dabei war ein befreundeter Musiker, Peter Pfeiffer, Frontmann der legendären Bayerwald-Band „Landluft„. Aber auch die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs seien unglaublich hilfreich für die Realisierung des Projekts gewesen, wie Heinz Lang betont. Bekannte kümmerten sich um die Elektrik, ein Beamer wurde gesponsert, auch eine „super Tonanlage“ besitzt die FreYbühne mittlerweile: „Wenn ich jemanden gebraucht habe, war jemand da“, schwärmt der Verleger immer noch vom Teamgeist.

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Heinz Lang (rechts), der Erschaffer der FreYbühne, bei einem gemeinsamen Auftritt mit Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland.

Der Gedanke hinter der Kleinkunstbühne, die vom dafür ins Leben gerufenen Verein „Bild & Bühne e.V.“ getragen wird, sei es, einerseits „die heimische Musikszene in den Fokus zu rücken“. Andererseits soll sie auch dem Publikum aus Freyung und Umgebung wieder „neue Möglichkeiten“ bieten. Was das heißt, verrät ein Blick ins Programm der vergangenen Monate: So stand bereits das Passauer Jazz Orchestra in dem ehemaligen Kino auf dem Podium. Das Musikertrio „Aflus’n“ oder das Blues-Reggae-Duo „Wally & Ami Warning“ wussten die Besucher ebenfalls zu begeistern. Demnächst erwartet Irish and Scottish Folkrock die Gäste der FreYbühne – oder ein Vortrag zweier Dozenten der Uni Budweis über die Geschichte des Goldenen Steigs.

Bisher noch nie weniger als 70 Zuseher

Rund 100 Personen finden im Saal Platz. Zwei bis drei Veranstaltungen pro Monat sind es aktuell, Fixtermin ist die „FreYtagsbühne“, die jeweils am letzten Freitag im Monat stattfindet. Anfragen gebe es genug, doch das Ganze solle eher langsam heranwachsen, um zu verhindern, dass nach einem anfänglichen Hype alles schnell wieder vorbei sei, sagt Lang. Deshalb gebe es derzeit „bewusst nicht mehr Veranstaltungen“, denn: „Nur wenn richtig gesät wird, wächst das auch.“ Derzeit sieht es ganz danach aus, als ginge die Saat auf. Seit Eröffnung im Juni 2019 habe man noch nie weniger als 70 Zuseher verzeichnet. Die letzten vier Veranstaltungen waren restlos ausverkauft. Wichtig ist Lang zufolge, „dass vor allem auch die jungen Leute bei uns daheim was unternehmen“.

Wohnzimmer-Feeling in der Wohlfühl-Zone

Für die Künstler bietet die FreYbühne eine Art Rundum-sorglos-Paket: Mit dem Hintergedanken, auch jungen Kunstschaffenden sowie Neueinsteigern eine Plattform zu bieten, verrechnet der Verein für einen Auftritt lediglich einen Unkostenbeitrag von 100 Euro für Strom, Heizung und Reinigung. Bei Bedarf kümmert sich der Veranstalter auch um Plakate, Eintrittskarten sowie die Technik. Wenn Heinz Lang von der FreYbühne berichtet, spricht er gerne von einem „gemeinsamen Wohnzimmer“, eine Art Wohlfühl-Zone für die Besucher. Und das soll natürlich auch für diejenigen gelten, die auf der Bühne stehen – „Lebensqualität durch Nähe“, wie der 69-Jährige das nennt.

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Für den Rest des Jahres ist das FreYbühne-Programm bereits so gut wie fix. Wie sich der Verleger den Erfolg des Projekts erklären kann? „Weil wir einfach die richtigen Leute gefragt haben“ – ein Gemeinschaftsprojekt eben, bei dem viele gemeinsam an einem Strang gezogen haben und immer noch ziehen. „Damit kann man zwar nicht die Welt verändern, aber die Welt um sich herum.“

Johannes Greß


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