Freyung/Passau. „Wir brauchen keine Bayerwald-Autobahn“ – etwas mehr als eine Woche ist es nun her, dass Bernd Sluka, VCD-Vorsitzender im Kreisverband Passau/Freyung-Grafenau, nach einem Presse-Termin an der B 12 bei Freyung-Ort zu diesem Fazit gekommen ist (da Hog’n berichtete). Er und seine Mitstreiter riefen die Freyunger Bürgerschaft dazu auf, ihre Einwände gegen den geplanten B 12-Kreuzungsumbau im kürzlich eingeleiteten Planfeststellungsverfahren einzubringen. Dieser sei aus Sicht des Verkehrsclubs Deutschland überdimensioniert und zu teuer. Ein klassischer Kreisverkehr wäre die bessere Lösung.
Das Onlinemagazin da Hog’n hat nun das für Planung und Ausführung verantwortlich zeichnende Staatliche Bauamt mit den Vorwürfen des VCD konfrontiert – und insbesondere die Frage nach dem für das Bauprojekt zugrunde liegenden Zahlenmaterial zu klären versucht. Denn nicht nur in diesem Punkt ist die Passauer Baubehörde offensichtlich anderer Meinung als Vorsitzender Bernd Sluka, wie die folgende Gegenüberstellung zeigt. (Auskunft von Seiten des Bauamts erteilt Pressesprecherin Sabine Süß).
„Ein ‚riesiges Brückenbauwerk‘ ist nirgends geplant“
- Der VCD behauptet, dass bei den Planungen die Belange der „Fußgänger und Radfahrer überhaupt nicht berücksichtigt werden“. Ist dem so?
Bauamt: Dem ist keineswegs so. Durch den Umbau der Kreuzung werden die Querungsmöglichkeiten für Fußgänger und Radfahrer verbessert. Bisher müssen Fußgänger und Radfahrer die vielbefahrene, gefährliche Bundesstraße auf Höhe der Aus- und Einfahrt Ort ohne jeden Schutz überqueren. Mit dem Bau des obenliegenden Kreisverkehrs entsteht eine sichere Querungsmöglichkeit ohne Gefährdung durch den B 12-Verkehr, da die beiden Einzelbrücken des Kreisverkehrs auch Gehwegbereiche enthalten. Außerdem wird ein bestehender Durchlass südlich des Kreuzungspunkts ausgebaut und vergrößert, so dass auch dort künftig eine sichere und bessere Querung der B 12 möglich ist.
In Längsrichtung ist südlich des Knotens eine Straßenverbindung vorhanden, die von Radfahrern und Fußgängern genutzt werden kann. Diese ersetzt einen eventuellen Radweg an der B 12. Insgesamt ist an der Kreuzungsstelle heute kein erhöhtes Fußgänger- und Radfahreraufkommen festzustellen – und auch künftig nicht zu erwarten.
- Weiter heißt es: „Gemäß der vorgeschlagenen Bauvariante hätte dem VCD zufolge die B 12 nach dem Ausbau auf einer Strecke von rund 600 Metern die Breite einer Autobahn“.
Bauamt: Dieser Vorwurf entspricht nicht der Wahrheit. Die Asphalt-Regelbreite einer vierstreifigen Autobahn mit Standstreifen beginnt bei 28 Metern zuzüglich Böschung und beidseitigen Längswegen. Durch den Umbau wird die B 12 im direkten heutigen Kreuzungsbereich auf einer Länge von 300 Metern sogar schmäler als der Bestand – die heutige Linksabbiegespur entfällt, so dass die Fahrbahnbreite von bisher rund zwölf auf dann 8,5 Meter reduziert wird.
Im Bereich der heutigen Linksabbiegespur entstehen die beidseitigen Auffahrtsrampen von rund 100 bis 150 Metern Länge für den obenliegenden Kreisverkehr mit einer Breite von je sechs Metern. Dort liegt der Straßenquerschnitt bei 15,5 Metern, also weit unterhalb eines Autobahnquerschnitts. Auch ist der Querschnitt unterbrochen durch Böschungen und Grünstreifen.
- Der VCD moniert zudem: „Hinzu kämen die aufwändigen Zufahrtsrampen sowie ein 45 mal 90 Meter großes, riesiges Brückenbauwerk.“
Bauamt: Ein ‚riesiges Brückenbauwerk‘, wie vom VCD ins Feld geführt, ist nirgends geplant. Stattdessen entstehen zwei kleine Brückenbauwerke mit einer Weite von je 15,5 Metern und einer Breite von je 8,80 Metern inklusive Gehweg. In der Summe beanspruchen sie eine Fläche von 272,8 Quadratmetern – und nicht 4.050 Quadratmeter, wie der VCD schätzt und was er als ‚Monsterbauwerk‘ bezeichnet. Die zwei Brückenbauwerke wirken durch die Öffnung in der Mitte schlank und leicht.
„Wichtig sind die Zahlen am Kreuzungspunkt selbst“
- Die Lösung mit klassischem Kreisverkehr wird Sluka zufolge nur deswegen abgelehnt, da die Bundesstraße mit „überörtlicher Verbindungsfunktion“ von Passau bis Prag eingestuft werde.
Bauamt: Das Bundesverkehrsministerium hat deutschlandweit alle Bundesstraßen in Verbindungsfunktionsstufen eingeteilt. Die B 12 ist aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für die Region in der höchsten Verbindungsstufe unterhalb der Bundesautobahnen eingestuft: Als Haupterschließung des Bayerischen Waldes ist sie eine wichtige Verkehrsachse für viele Pendler, den Wirtschafts- und Tourismusverkehr.
In dieser Stufe sind auch aus Sicherheitsgründen Kreisverkehre nicht zulässig. Wer will, kann dies in den Planfeststellungsunterlagen unter Kapitel 1.15 und 1.2 nachlesen. Ein absolutes Negativbeispiel besteht in unmittelbarer Nähe – der Kreisverkehr B 12/B 533 ist der unfallträchtigste Ort im Zuge der gesamten B 12.
- Der VCD behauptet weiter, dass die B12-Verkehrszahlen ab Röhrnbach deutlich unter 10.000, am Grenzübergang Philippsreut sogar nur knapp über 5.000 liegen. Sluka beruft sich dabei auf die automatische Zählstelle am Grenzübergang Phillippsreut, wie dieser auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Die Zahlen werden im Internet veröffentlicht. Seine Anmerkung dazu: „Da der jahreszeitliche Verlauf sehr schwankt, habe ich sie nach ganzen Jahren zusammengefasst.“ Der prognostizierte hohe Verkehrszuwachs ist Sluka zufolge daher in der Vergangenheit ausgeblieben – und werde auch in Zukunft nicht stattfinden. Eher gingen die Verkehrszahlen mit den Bevölkerungszahlen leicht zurück.
Bauamt: 2015 wurde eine umfassende Verkehrszählung am Knotenpunkt Freyung-Ort durchgeführt – die Zahlen und Ergebnisse daraus sind in den Unterlagen unter Kapitel 2.3.2 nachzulesen. In der Summe wurden dabei rund 15.000 zufahrende Fahrzeuge am Knotenpunkt festgestellt. Für die Planung ist entscheidend, ob der Umbau durch die Verkehrsbelastung am Kreuzungspunkt selbst gerechtfertigt ist.
Vergleich zwischen obenliegendem und klassischem Kreisverkehr (Q: Kleeblatt Medien):
Die Kreuzung ist so hoch belastet, dass ein Umbau dringend erforderlich ist und zugleich ein Kreisverkehr an dieser Stelle keine sichere Lösung darstellt. Von den Verkehrszahlen am Grenzübergang oder auf den angrenzenden Abschnitten der B 12 ist diese Entscheidung nur bedingt abhängig, wichtig sind die Zahlen am Kreuzungspunkt selbst.
- Die Öffnung der Grenze hätte, anders als der Planfeststellung zugrunde gelegt, zu einem Rückgang des Schwerverkehrs auf der B 12 geführt, so der VCD-Vorsitzende. Der Schwerverkehr von und nach Tschechien benutze seitdem überwiegend die vorhandene Autobahn 6. „In den letzten fünf Jahren fuhren täglich etwa 700 Lkw und 4.400 Pkw über die Grenze – Tendenz: gleichbleibend.“
Bauamt: Seit 1995 zeigen alle bundesweit einheitlichen Verkehrszählungen, dass der Schwerverkehr auf der B 12 zugenommen hat. Der Anteil des Schwerverkehrs am Gesamtverkehr liegt auf allen Abschnitten der B 12 außerhalb der Stadt Passau bei über zehn Prozent, das heißt in einem sehr hohen Bereich. Am Grenzübergang Philippsreut ist der Anteil des Schwerverkehrs sogar bei 25 Prozent. Auch das zeigt, dass die B 12 eine stark belastete Wirtschaftsverkehrsachse ist.
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In einer eigens dazu erstellten Pressemitteilung geht das Staatliche Bauamt nochmals auf den Vorwurf des VCD ein, bei der Planung des Kreuzungsumbaus Freyung-Ort würden massiv Flächen verbraucht. „Dies ist nicht nachzuvollziehen“, heißt es von Seiten der Behörde, denn: Mit seiner Darstellung der Planungsflächen über dem Freyunger Stadtplatz (Fotomontage: siehe oben) lasse der VCD außer Acht, dass auch die bestehende Kreuzung bei Freyung-Ort bereits große Flächen in Anspruch nehme.
„In einer schematischen Darstellung (siehe Fotomontage: rechts) zeigen wir einen Vergleich der beiden Flächen. Die Unterschiede sind minimal. In der Anlage wird der Flächenbedarf über den Stadtplatz gelegt. Die gelbe Linie zeigt den Bestand, die rote Linie den Bedarf der Planung. Schon die bestehende Kreuzung überdeckt den Freyunger Stadtplatz in erheblichem Umfang. Für die Neuplanung werden nur seitlich wenige zusätzliche Flächen benötigt. Wir gehen grundsätzlich sparsam mit Flächen um – nicht erst, seit das Thema Flächenverbrauch in den Medien so präsent ist.
Der VCD, den wir ansonsten als kompetenten Ansprechpartner in Sachen Verkehr schätzen, schießt aufgrund fehlender Sachlichkeit mit seiner Fotomontage weit über das Ziel hinaus. Die weißen Flächen, die in der Darstellung des VCD auch zu sehen sind und die den Plan tatsächlich erschreckend wirken lassen, werden überhaupt nicht benötigt. Wir bedauern sehr, dass durch diese Darstellung in dieser Woche Irritationen ausgelöst wurden, die dem Projekt nicht gedient haben. Denn letztlich geht es nur darum, dem Verkehrsteilnehmer bestmögliche Sicherheit an der gefährlichen Einmündung bei Freyung-Ort anzubieten.
Im übrigen würde auch ein Kreisverkehr seitlich mehr Fläche benötigen als die bestehende Kreuzung. Wer sich davon überzeugen will, kann dies auf unserer Projektseite tun.“
Stephan Hörhammer
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„Das Staatliche Bauamt Passau und die Regierung von Niederbayern arbeiten bewusst offen und transparent“, heißt es in der Pressemitteilung des StBA. Über die Planungen für den Knoten Freyung-Ort könne sich jeder auf der Projektseite des Staatlichen Bauamts Passau www.stbapa.bayern.de unter Infoportale –> Wichtige Links –> Knoten Freyung-Ort informieren. Dort finde sich auch eine Animation, in der Kreisverkehr und jetzige Lösung direkt verglichen werden. Auch alle Unterlagen zur Planfeststellung seien im Netz zu finden – auf der Internetseite der Regierung von Niederbayern (www.regierung.niederbayern.bayern.de) unter den Rubriken Planung und Bau –> Planfeststellung, Straßenrecht, Baurecht –> Planfeststellung, Straßen und Bahnen –> Neue Planfeststellungsverfahren