Haidmühle. Es gibt offene Briefe, Delegationen samt Landrat fahren zum Jugendherbergsverband, im Rahmen einer Online-Petition werden Unterschriften gegen eine Schließung gesammelt: Der Erhalt der Jugendherberge in Frauenberg (Gemeinde Haidmühle) scheint derzeit vielen Leuten sehr wichtig zu sein. Offen bleibt jedoch die Frage: Was bringen all diese Aktionen, all die Lippenbekenntnisse? Fakt ist: Das 1977 erbaute Haus wurde bis zum heutigen Tage kein einziges Mal saniert. Nun drohen Kosten in Höhe von 6,3 Millionen Euro für eine Instandsetzung.

Nicht nur das Wetter war trüb in den vergangenen Tagen – auch um die Zukunft der Jugendherberge Frauenberg ist es momentan eher nicht so gut bestellt.

„Da könnten wir uns ja etwas wunderschönes Neues bauen“, sagt Haidmühles Bürgermeisterin Margot Fenzl über die hohen Investitionskosten, die das Jugendherbergswerk jüngst auch dem Landratsamt Freyung-Gafenau genannt hat. Das Problem ist ihr zufolge offensichtlich: Die Jugendherberge wurde zu einer Zeit erbaut, als es für den Tourismus im Bayerischen Wald noch die so genannte Grenzlandförderung gab, sagt Fenzl. Damals lockten hohe Fördersummen für den Bau großer Beherbergungsbetriebe. Dann aber folgte eine Zeit, in der sich die Übernachtungszahlen rückläufig entwickelten. Und nun?

 „Der Ball liegt klar beim Betreiber“

Winfried Nesensohn ist Vorstand des Landesverbandes Bayern im Deutschen Jugendherbergswerk. Er ist es, der dem Präsidium und dem Betriebsrat des Jugendherbergswerks „die nackten Zahlen“ präsentiert. Auf deren Grundlage soll am 13. Dezember eine Entscheidung fallen, ob die Frauenberger Herberge geschlossen wird oder nicht. Und diese Zahlen – das ist kein Geheimnis – sehen schlicht und einfach nicht gut aus: „Wir hatten in den letzten Jahren in Frauenberg eine Auslastung der Jugendherberge zwischen 21 und 27 Prozent“, gibt Nesensohn an.

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In die Außenanlagen hat das Jugendherbergswerk vor ein paar Jahren eine sechsstellige Summe investiert. Das Haupthaus aus dem Jahr 1977 wurde bisher noch nie generalsaniert.

Das Haus erwirtschafte somit nicht einmal die laufenden Betriebskosten. Die dem Vorsitzenden zufolge „unumgängliche Sanierung“ der Herberge müsste also der Verband finanzieren – aus Geldern, die andere Häuser abwerfen.

Dies sei auch im Sinne des Landratsamts. „Wir hoffen, dass es in Haidmühle weitergeht, haben darauf aber nur bedingt Einfluss“, teilt Pressesprecher Christian Luckner auf Hog’n-Nachfrage mit. Der Ball liege klar beim Betreiber der Jugendherberge: „Das Jugendherbergswerk hat seit Jahren zum Großteil nur noch die nötigen Reparaturen erledigt. Erst dadurch ist die jetzige Situation entstanden. Jetzt wäre es am Jugendherbergswerk, diese große Modernisierung in Angriff zu nehmen“, so Luckner weiter.

 Jugendherberge kein Einzelfall – Teufelskreis Sanierungsstau

Eine Problematik, die nicht nur die Jugendherberge betrifft: Meist erbaut in den 70er Jahren, wurden viele regionale Hotels und Beherbergungsbetriebe bis heute nie grunderneuert. Jetzt sind Modernisierungen meist unausweichlich, die Kosten dafür gehen jedoch in die Millionen.

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In der Gemeinde hat erst vor Kurzem der Haidmühler Hof seine Türen zugesperrt. Droht neben der Jugendherberge nun bald auch dem Hotel Hochstein das endgültige Aus?

Ein Teufelskreis entsteht: Gäste bleiben aus, weil sich die Hotels und Herbergen in einem nicht mehr zeitgemäßen Zustand befinden. Dadurch ist eine Sanierung für die Besitzer der Häuser nicht stemmbar. Das Ende vom Lied: Der Betrieb geht insolvent – oder sperrt schon vorher zu. Seit Jahren steht in Frauenberg das Hotel „Adalbert Stifter“ leer. Vor Kurzem schloss der „Haidmühler Hof„.

Als nächstes scheint das Hotel Hochstein an der Reihe zu sein: Auch hier habe die Eigentümergesellschaft bereits den Beschluss gefasst, den Hotelbetrieb im Laufe des nächsten Jahres einzustellen, wie Hubert Müller gegenüber dem Hog’n bestätigt. Er managt das Hotel und betreibt das dortige Restaurant. Auch hier seien es anstehende Sanierungskosten (insbesondere beim Brandschutz), die die Eigentümer dazu bewogen hätten, das Haus künftig als Wohn- und Ferienapartments einzeln zu vermieten – und es nicht mehr als Hotel zu führen.

Was hilft der Jugendherberge am Ende wirklich?

Dass es nicht gut um die Einrichtung in Frauenberg steht, ist nicht erst seit ein paar Wochen bekannt. Als 2013 die Schließung der Herberge in Mauth beschlossen wurde, hieß es, der Standort Frauenberg bleibe vorerst erhalten (da Hog’n berichtete). Schon damals sollten allerdings die Zahlen auf den Prüfstand gestellt werden. Drei Jahre später dann vereinbarte Landrat Sebastian Gruber eine Zusammenarbeit mit dem Jugendherbergswerk in Sachen Weiterentwicklung des Standortes Frauenberg. Marketing-Aktivitäten folgten, eine Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Bayerischer Wald und dem tschechischen Nationalpark Šumava wurde ins Auge gefasst. Doch was hilft der Jugendherberge am Ende wirklich?

Seit 2013 beobachtet das Jugendherbergswerk genau, wie gut die Frauenberger Unterkunft ausgelastet ist. Nun droht die Schließung.

Die Vorschläge für ein erweitertes Programm-Angebot und das Engagement des Landrats beeindrucken Jugendherbergsvorstand Nesensohn durchaus: „Dass ein Landrat mit Ideen auf uns zukommt – das haben wir so vorher noch nie erlebt“, sagt er. Für ihn sei das Programm-Angebot jedoch zweitrangig. Viel wichtiger wäre zunächst, die Jugendherberge besser an den ÖPNV anzubinden, beispielsweise Haidmühle an die Igelbus-Linie anzuschließen. Von Seiten des Landratsamts sei eine Unterstützung bei der Verbesserung der Busanbindung bereits angeboten worden, berichtet Landratsamtssprecher Christian Luckner.

Jugendherbergsgäste sind Nesensohn zufolge auf den ÖPNV angewiesen, denn sie reisen per Bus an, haben während des Aufenthaltes aber in der Regel keine eigenen Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen. Vor Ort gebe es in Frauenberg zwar schöne Naturerlebnisse und Wandermöglichkeiten. Andere Freizeit-Angebote (wie etwa das bereits vor Jahren geschlossene Hallenbad) seien jedoch Mangelware. Auch Haidmühles Bürgermeisterin Fenzl wolle sich dafür einsetzen, dass eine Busverbindung von der Jugendherberge in Richtung Nationalpark eingeführt werde: „Ich wollte nur unter dieser Voraussetzung beim GUTi-System mitmachen“, sagt sie. Hinzu kommen Vorschläge wie der von Waldkirchens Bürgermeister Heinz Pollak, etwa den Karoli Badepark für Jugendherbergsgäste kostenlos oder vergünstigt anzubieten. Auch das eine Idee, die Nesensohn durchwegs gut findet.

Fördergelder als letzte Rettung?

Am Ende bleiben es aber höchstwahrscheinlich die hohen Sanierungskosten – laut Nesensohn 6,3 Millionen Euro -, die über das Schicksal der Jugendherberge in Frauenberg entscheiden werden.

Gewährt der Jugendherbergsverband dem Haus in Frauenberg noch eine Karrenzzeit?

Auch mit steigenden Übernachtungszahlen könnte die Einrichtung diese Kosten nicht selbst erwirtschaften. Es ist das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH), das sie stemmen muss. Er müsse aber bei Investitionen immer alle 42 Standorte im Landesverband Bayern im Blick haben, betont Vorstand Nesensohn.

Eine Möglichkeit, wie die Politik den Erhalt der Jugendherberge doch noch erreichen könnte, wäre es, Fördergelder für die Sanierung aufzutreiben. „Landrat Sebastian Gruber hat sich – zusammen mit anderen politischen Vertretern aus der Region – durchaus bereit erklärt, bei der Suche nach und dem Erschließen von zusätzlichen Fördermöglichkeiten behilflich zu sein“, teilt Landratsamtssprecher Luckner dazu mit. „Wenn man diesen Weg beschreiten will, braucht man aber mehr Zeit. Das Jugendherbergswerk müsste also seinen Zeitplan ändern und die für Dezember geplante Entscheidung, ob man das Haus schließen will, erst einmal verschieben.“

Online-Petition als Zünglein an der Waage?

Julia Schäffer von der „Jungen Aktion der Ackermann Gemeinde“ fände es extrem schade, wenn sie im nächsten Sommer zum letzten Mal nach Frauenberg kommen würde. Die „Junge Aktion“ organisiert dort seit mehr als 20 Jahren die Veranstaltung „Plasto Fantasto“. Hier treffen sich deutsche und tschechische Kinder und Jugendliche.

Die 22-jährige Schäffer schätzt viele Dinge an der Herberge in Frauenberg: „Die abgeschiedene Lage ist es, was sie so einzigartig macht“, sagt sie. „Ein so großes Haus, so tief in der Natur, findet man nur schwer“ Ihr gefällt also genau das, was die Betreiber als Standort-Nachteil sehen. Zudem verlaufe die Zusammenarbeit mit Herbergsvater Jan Ruzicka optimal: „Ich habe wirklich selten erlebt, dass das Personal so engagiert ist und so viel Interesse mit einbringt“, sagt sie. Aus diesen Gründen hat die Junge Aktion eine Online-Petition gestartet, um für die Herberge zu kämpfen. Vielleicht kann sie – zusammen mit den Argumenten der Politik – am Ende ja doch noch etwas bewirken…

Sabine Simon


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